Land der Berge: Blick vom Gipfel der Zugspitze nach Österreich. (Bild: Fotolia/eugen_z)
Nachbar Österreich

Was eint uns, was trennt uns?

Bayern und Österreich - Der Europaabgeordnete Markus Ferber über eine perfekte nachbarschaftliche Zusammenarbeit im Europa der Regionen. Die enge Nachbarschaft zwischen Bayern und Österreich hat ihre Wurzeln in einer langen gemeinsamen Geschichte. Irgendwie lieben wir uns, auch wenn wir uns manchmal gehörig auf die Nerven gehen.

Wie in einer guten nachbarschaftlichen Beziehung eben. Bis zum Jahr 1156 reichte das Herzogtum Bayern vom Lech über Wien bis an die ungarische Grenze und umfasste Ober- und Niederösterreich. Getrennte herrschaftliche Wege gingen die Herzogtümer Bayern und Österreich erst im 14. Jahrhundert. Doch bei Angriffen der „Preußen“ steht man trotzdem, auch heute noch, zusammen.

Neben einer bayerischen Prinzessin, die zur österreichischen Kaiserin Sissi aufstieg und dem österreichischen Komponist Wolfgang Amadeus Mozart, dessen Vater in Augsburg geboren ist, verbindet uns Bayern mit unseren Nachbarn noch vieles mehr. Heute ist es zum Beispiel ein David Alaba, der schon mehrfach Fußballer des Jahres in Österreich ist, aber beim FC Bayern München unter Vertrag steht. Der ständige Konkurrenzkampf im Sport war seit jeher Bestandteil der gemeinsamen Geschichte. Wie schön ist es doch zu gewinnen − aber noch schöner gegen einen Österreicher.

Für Dritte sind sich Bayern und Österreicher sehr ähnlich

Die 1000 Jahre spannungsreiche Beziehungsgeschichte, die Höhen und Tiefen, Hass und Liebe, die kulturellen Gemeinsamkeiten und politischen Konflikte prägen das Zusammenleben noch heute. Die Wesensverwandtschaft der Bayern und Österreicher tritt auch in der alltäglichen Arbeit im Europäischen Parlament immer wieder in Erscheinung. Für Dritte sind sich Bayern und Österreicher sehr ähnlich. Es kommt öfters vor, dass wir als bayerische Abgeordnete der CSU erklären müssen, dass wir nicht für Österreicher sondern für Bayern ins Europäische Parlament gewählt wurden. Genauso geht es den österreichischen Kollegen. Sie müssen ebenfalls gegenüber Dritten erklären, dass sie Österreicher und nicht Bayern sind und ­Österreich kein Bundesland der Bundesrepublik Deutschland ist.

Zusammenarbeit der Grenzregionen: Sowohl für Bayern als auch für Österreich und die österreichischen Bundesländer hat die direkte Zusammenarbeit mit grenznahen Regionen bei der Bewältigung gemeinsamer Aufgaben sowie im europäischen Entscheidungsprozess große Bedeutung. Bereits 1969 gingen aus lockeren Begegnungen auf Regierungs- und Verwaltungsebene zwischen Bayern und Tirol die institutionalisierten „Bayerisch-Tirolischen Gesprächsgruppen“ hervor, denen bald analoge Einrichtungen mit Salzburg (1971), Vorarlberg (1972) und Oberösterreich (1973) folgten, die in regelmäßigen Tagungen die Lösung gemeinsamer Probleme angehen und die Zusammenarbeit in allen Bereichen vertiefen. Nach Gründung der ARGE Alp, der ARGE Alpen-Adria, der Internationalen Bodenseekonferenz sowie der ARGE Donauländer war es nur mehr ein konsequenter Schritt bis zur Zusammenarbeit in den verschiedenen EUREGIOS und vor allem einer engen Kooperation im Ausschuss der Regionen.

Das Allgäu und Österreich wachsen noch stärker zusammen

Seit dem EU-Beitritt Österreichs im Jahre 1995 und der damit intensivierten Zusammenarbeit zwischen Österreich und Bayern konnte – mit finanzieller Unterstützung der EU – ebenfalls viel bewegt werden. In der neuen Förderperiode werden zum Beispiel das Allgäu und der Bodenseeraum im Herzen Europas durch die INTERREG EU-Programme, die die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördern, in besonderem Maße profitieren. Mit der Förderung der Zusammenarbeit in Rechts- und Verwaltungsfragen, grenzüberschreitenden Kleinprojekten, einer besseren verkehrstechnischen Anbindung und Umweltmaßnahmen sollen vorhandene Barrieren zwischen den beiden Mitgliedsstaaten weiter reduziert und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit intensiviert werden. Mit diesen Projekten wird Europa vor Ort erlebbar und das Allgäu und Österreich wachsen durch diese Zusammenarbeit noch stärker zusammen. Das ist für mich was Europa im Kern ausmacht: Grenzüberschreitende Herausforderungen werden gemeinsam gelöst und Bürgerinnen und Bürger auf beiden Seiten der Grenze profitieren von diesem gemeinsamen Ansatz.

Warum sollten wir Bayern nicht auch auf die Maut pochen?

Streitfall: Immer wieder die Maut: Dicke Luft herrscht zwischen Bayern und Österreich zurzeit wegen der geplanten Einführung der Maut. Die österreichische Verkehrsministerin hat mit Klagen gedroht, Landespolitiker aus Oberösterreich und Salzburg entrüsten sich. Als erster Anrainerstaat hat Österreich gegen diesen Plan Protest erhoben. Nicht zuletzt auch deswegen, weil die Hauptverbindung vom Osten in den Westen Österreichs von Salzburg bis Kufstein über das so genannte deutsche Eck führt und daher besonders die österreichischen Transitfahrer treffen würde.

Die Maut ist der Aufreger in der Grenzregion zwischen Bayern und Österreich. Auf beiden Seiten. Doch die österreichische Regierung ist damals auch im Vignettenstreit an der Grenze von Bayern und Tirol hart geblieben. Bayern und Tiroler kämpften Seite an Seite gegen Wien. Mit einer Blockade der Inntal-Autobahn zwischen Kiefersfelden und Kufstein wollten sie gemeinsam die österreichische Regierung zwingen, auf die Mautkontrollen im Grenzbereich zu verzichten, wie es 16 Jahre lang praktiziert worden war. Doch alle Appelle waren vergeblich. Die Wiener Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) blieb stur. Österreich pocht auf die Mautpflicht ab dem ersten Kilometer Autobahn. Warum sollten wir Bayern dann nicht auch auf die Maut pochen?