Am Dienstag sorgte eine Linksbündnis im portugiesischen Parlament für ein erfolgreiches Misstrauensvotum gegen die Regierung. Foto: Imago/Global Imagens
Portugal

Linke stürzen portugiesische Regierung

Nach elf Tagen ist die portugiesische Regierung unter Führung von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho am Ende. Am Dienstag stimmten 123 der 230 Abgeordneten im Parlament für den Antrag der Sozialisten und lehnten das Regierungsprogramm von Coelho ab. Fraglich ist nun, wie es mit dem Sparprogramm zur Beendigung der Schuldenkrise weitergeht.

Was sich in den letzten Tagen angedeutet hat, ist nun Realität: Ein Linksbündnis aus Sozialistischer Partei, Kommunisten, Grünen und dem marxistischen Linksblock hat in Portugal die Mitte-rechts-Regierung von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho mit einem Misstrauensvotum gestürzt. Unter den Putschisten befinden sich Parteiteile, die sowohl einen Austritt aus der Nato als auch aus EU und Eurozone für Portugal forcieren.

Doch wie geht es nun weiter mit dem Land, das vor vier Jahren mit einem Kredit in Höhe von 78 Milliarden Euro vor der Pleite gerettet werden musste?

Droht ein zweites Griechenland?

Bei der Wahl am 4. Oktober hatten die Konservativen, die seit 2011 an der Macht sind, zwar die meisten Stimmen erhalten, doch das Lob aus Brüssel bezüglich der Durchführung der wirtschaftlichen und politischen Reformen, kam zu früh. Denn mit den 38 erreichten Prozent fehlte den Konservativen die Mehrheit, um den Sparkurs ohne weiteres fortführen zu können.

Sozialisten und Linksblock legten bei der Wahl leicht zu. Ihr Vorwurf an Präsident Cavaco Silva: Staatsstreich. Denn er hatte es nach der Wahl abgelehnt, die Sozialisten mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Stattdessen erteilte er diesen dem jetzigen Ministerpräsidenten Coelho – der wie Cavaco Silva dem konservativen Lager angehört.

Außerhalb der Europäischen Union und des Euro wäre die Zukunft Portugals katastrophal.

Anibal Cavaco Silva, portugiesischer Präsident

Ministerpräsident Coelho hatte Portugal einen harten Sparkurs verordnet, um die wirtschaftliche Lage wieder in Griff zu bekommen. Durch Steuererhöhungen, Einschränkungen des Kündigungsschutzes und Einkommenskürzungen konnte er sein Land aus der Rezession führen. In Sachen Bewältigung der Schuldenkrise galt Portugal lange als Musterbeispiel.

Nach dem gelungenen Sturz strebt António Costa, Chef der Sozialisten, die Bildung einer Regierung mit den linken Gruppierungen an. Einem Regierungswechsel müsste jedoch Präsident Anibal Cavaco Silva zustimmen. Bis dies geschieht, kümmert sich Coelho weiter um die Amtsgeschäfte.

Im Wahlkampf hatte Costa angekündigt, dass er das laufende Sparprogramm in den Grundzügen fortführen werde. Außerdem werde er die Abkommen mit den Kreditgebern nicht in Frage stellen. Als Änderungen kündigte er eine Aufstockung der Sozialausgaben und eine Anhebung des Mindestlohns von 505 Euro auf 600 Euro an. Aus welchen Mitteln er dies finanzieren wolle, ließ er aber weitgehend unkommentiert, deutet aber die Reichensteuer als mögliche Quelle an.

Doch das könnte zur Kapitalflucht führen und den Sozialistenchef wie ein Bumerang treffen.

Brüssel in Sorge

Wie prekär die Lage in Portugal ist, lässt sich seit einigen Wochen bereits an den Finanzmärkten ablesen. In den letzten sechs Tagen ist der Aktienmarkt des Landes um knapp acht Prozent zurückgegangen. Viele Investoren haben damit begonnen, ihre Papiere zu verkaufen.

Auch Brüssel blickt nun mit Sorgen auf den ehemaligen Musterschüler. Seit Mitte Oktober wartet man auf die Vorlage des Haushaltes für das kommenden Jahr.

Neben dem Ende der Reformen durch das Linksbündnis wird auch eine gänzliche Handlungsunfähigkeit der Regierung befürchtet – denn es besteht die Gefahr, dass sich die Sozialisten mit dem Linksblock und den Kommunisten überwerfen. Dann müssten Neuwahlen ausgerufen werden – diese wären aber erst im Frühsommer 2016 möglich.

Ein Rückfall ist nicht ausgeschlossen. Die Krankheit ist nach wie vor vorhanden.

Joao César das Neves, Ökonom

Ein bisschen weniger Sparkurs

Der Sturz der Regierung fällt in einer Zeit, in der die Menschen begannen, wieder mit ein wenig Hoffnung in die wirtschaftliche Zukunft zu blicken. Im letzten Jahr verließ Portugal wie geplant den Rettungsschirm von EZB, EU und IWF. Beim für das laufende Jahr erwarteten Wirtschaftswachstum um 1,6 Prozent liegt das Land gleich auf mit Deutschland. Auch die Arbeitslosigkeit ist rückläufig. Die dennoch bestehende Kluft zwischen Arm und Reich könne erst dann langsam abschmelzen, wenn die Unternehmen beginnen, produktiver zu werden.

Ja, die Portugiesen wollen weiter einen Sparkurs, aber einen gelockerten. Ihren Unmut über ihre Regierung spiegelt sich in einer Wahlbeteiligung von 57 Prozent wieder. Ein Drittel der Menschen wünschen sich eine große Koalition aus Sozialisten und Konservativen. Einen Austritt aus der EU oder der Eurozone wollen sie hingegen nicht.

Um die Rückzahlung des 78-Milliarden-Kredites zu überwachen, bleibt eine Troika aus IWF, EU und EZB noch bis 2038 in Portugal. Um die Schuldenlast in den Griff zu bekommen, muss das Land seinen Staatshaushalt jedes Jahr um fast zwei Prozent kürzen.

Bleibt abzuwarten, ob Präsident Silva einem Regierungswechsel zustimmt und wie das Linksbündnis, im Falle einer Regierungsbildung, mit den angestoßenen Reformen umgehen werden.