Soldaten an einem Checkpoint nahe Herat. Nach der Befreiung von Kundus gelten verschärfte Sicherheitsvorkehrungen. Foto: imago/sadar
Afghanistan

Kundus nicht mehr in der Hand der Taliban

Vor drei Tagen gelang den Taliban die Eroberung der Provinzhauptstadt Kundus - nun gelang den Sicherheitskräften mit Hilfe ausländischer Truppen die Befreiung des Stadtzentrums. Doch aufgeben wollen die Taliban die Stadt im Norden Afghanistans dennoch nicht.

„Wir haben die Stadt Kundus zurückerobert“, sagte der amtierende Provinzgouverneur Hamdullah Daneschi am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. In manchen Teilen der Stadt komme es noch zu Schusswechseln, da sich Kämpfer der Taliban in Wohnhäusern verschanzt hätten. Daneschi sagte weiter, an der Offensive zur Rückeroberung von Kundus hätten 600 bis 700 afghanische Sicherheitskräfte teilgenommen. An dem Bodeneinsatz seien auch ausländische Truppen beteiligt gewesen, die außerdem mit Luftangriffen unterstützt hätten. 136 Taliban-Kämpfer seien getötet worden. Darunter seien neben Afghanen auch Pakistaner, Araber und Tschetschenen gewesen.

Taliban wollen die Stadt nicht aufgeben

Auch wenn die Rückeroberung von Kundus durch die Sicherheitskräfte ein Rückschlag für die Taliban ist: Geschlagen geben wollen sie sich nicht. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte: „Wir haben uns letzte Nacht zurückgezogen, weil sich ausländische Truppen an den Kämpfen beteiligten.“ Man werde die Stadt nun erneut angreifen und versuchen, bis zum Flughafen am Stadtrand vorzudringen. Kundus war die erste Provinzhauptstadt, die seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 von den Aufständischen erobert wurde.

Die Leitung der Nato-geführten Ausbildungsmission „Resolute Support“ teilte am Mittwochabend mit, Spezialkräfte der „Koalitionstruppen“, darunter auch US-Soldaten, hätten die afghanischen Sicherheitskräfte am Flughafen beraten und unterstützt. Am Dienstag und Mittwoch hätten US-Streitkräfte insgesamt fünf Luftangriffe in Kundus geflogen.

Mängel bei den Sicherheitskräften?

Nur wenigen Stunden brauchten die Taliban, um Kundus in ihre Gewalt zu bringen. Ganze drei Tage hingegen die einheimischen Sicherheitskräfte, um die Stadt von den Aufständischen zurückzuerobern. Und dies gelang ihnen nur mit Hilfe ausländischer Truppen.

Der psychologische Effekt für die Bevölkerung in Afghanistan ist zunächst verheerend gewesen. Dass die Sicherheitskräfte Zivilisten nicht vor Anschlägen der Taliban schützen können, ist lange bekannt. Nun haben die Taliban bewiesen, dass die Regierung nicht einmal die Eroberung strategisch wichtiger Provinzhauptstädte wie Kundus verhindern konnte. Das warf kein gutes Licht auf Armee und Polizei, von denen das Überleben der Regierung von Präsident Aschraf Ghani abhängt. Die Rückeroberung der Stadt und die zahlreichen Opfer unter den Taliban könnten nun jedoch auch einen gegenteiligen Effekt in der Bevölkerung haben nach dem Motto: „Wir können die Taliban schlagen.“

Quelle:dpa