Ein schwieriger Partner: Griechenland streitet mit der EU über den künftigen Kurs. (Bild: Fotolia/PAK Design)
Krisengipfel

Einigung im griechischen Schuldendrama

Nach 17 Stunden Verhandlungen im griechischen Schuldendrama haben die Staats- und Regierungschefs der Eurozone den Weg für Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket geebnet. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hat sich dem intensiven Reformdruck gebeugt, Athen muss einen vierseitigen Forderungskatalog umsetzen.

Im griechischen Schuldendrama haben die Staats- und Regierungschefs der Eurozone den Weg für Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket geebnet. EU-Ratspräsident Donald Tusk berichtete, der Krisengipfel habe sich einstimmig auf ein umfangreiches Spar- und Reformpaket verständigt.

Details über die Inhalte des Kompromisses wurden zunächst nicht bekannt. Als offen galt zuletzt noch die Frage eines griechischen Privatisierungsfonds. Der griechische Premier Alexis Tsipras hatte sich hartnäckig gegen diese Kernforderung der Europartner gewehrt, nun aber offensichtlich doch eingelenkt.

Griechenland muss bis Mittwoch zentrale Gesetzesvorhaben verabschieden

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in Brüssel, die griechische Regierung müsse bis Mittwoch zentrale Reformen umsetzen. Diese beträfen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, einen Umbau der Statistikbehörde Griechenlands und des Rentensystems. Wie zu vernehmen war, müsse im Zuge der Verwaltungsreform unter internationaler Aufsicht ein funktionierendes Katasterwesen aufgebaut werden.

Die Bundeskanzlerin betonte, dass ein Schuldenschnitt für Griechenland nicht in Frage komme. Mit Blick auf die Schuldentragfähigkeit des Landes sagte Merkel, die Eurogruppe sei bereit, wenn nötig über längere Laufzeiten der Schulden Athens zu reden. Dafür gelte aber als Bedingung, dass es zunächst eine erste erfolgreiche Bewertung des neuen griechischen Reformprogramms geben müsse.

Alles in allem: Die Vorteile überwiegen die Nachteile. (…) Ich glaube, dass Griechenland damit Chancen hat, auf den Wachstumspfad zurückzukehren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel

Die vollständige Verabschiedung der Reformen werde durch die drei Institutionen EU, IWF und EZB überprüft. Erst dann könnten die nationalen Parlamente ihnen zustimmen, darunter auch der Bundestag.

Seehofer: „Nun ist die griechische Regierung am Zug“

CSU-Chef Horst Seehofer stützt die Linie von Kanzlerin Angela Merkel bei der Abwendung einer griechischen Staatspleite. Er sei „sehr zufrieden mit dem, was auf dem Tisch liegt“, sagte Seehofer am Montag in München nach einer Telefonschaltkonferenz des CSU-Präsidiums. Kanzlerin Angela Merkel habe Beachtliches durchgesetzt – „darin hat sie meine Unterstützung“. Seehofer sieht einen wichtigen Zwischenschritt erreicht, nun sei die griechische Regierung am Zug. Die griechische Regierung müsse nun wieder das Vertrauen aufbauen, das in den letzten Wochen verloren gegangen sei.

Wir haben immer den Grundsatz für sehr wichtig betrachtet, Solidarität gibt es nur gegen Solidität. Das heißt, die griechische Regierung muss nun Reformen durchführen, sie muss Erneuerungen durchführen und sie muss dafür sorgen, dass die Schuldentragfähigkeit Griechenlands wieder hergestellt wird.

CSU-Chef Horst Seehofer

Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt betonte: „Der Kompromiss wird getragen vom Prinzip Hilfe gegen konkrete, harte Reformen, also Solidarität und Eigenverantwortung. Die Bundeskanzlerin und Finanzminister Schäuble haben hervorragende Arbeit geleistet“, sagte Hasselfeldt der „Rheinischen Post“.

Es gab aber auch Kritik: „Der gefundene Kompromiss ist nicht konsequent und stellt keine ökonomische Lösung zur dauerhaften Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft dar“, erklärte der Vorsitzende der CSU-Mittelstandsunion, Hans Michelbach. „Es bleibt weiterhin die Frage offen, ob für Griechenland eine temporäre, eigene Währung nicht der bessere Weg wäre, um die Wettbewerbsfähigkeit durch eine Abwertung wieder zurückzugewinnen.“ Der oberfränkische CSU-Abgeordnete behielt sich seine Zustimmung im Bundestag vor.

Der „Treuhand- bzw. Privatisierungsfonds“ soll Realität werden

Staatliche Vermögenswerte Griechenlands in Höhe von rund 50 Milliarden Euro sollen in einen „Treuhand- bzw. Privatisierungsfonds“ übertragen werden. Dieser soll außerhalb Griechenlands angesiedelt werden und damit der internationalen Kontrolle zugänglich sein.

Auch die finanzielle Einbeziehung des Internationalen Währungsfonds beim neuen Hilfspaket war von Athen im Vorfeld kritisiert worden. Laut Diplomaten wurde dieser Streit beigelegt. Offensichtlich bleibt der IWF an Bord, die Aufsicht damit also doch bei der Troika aus EU, IWF und EZB.

EVP-Fraktionschef Weber: Grexit hätte Europa viel Geld gekostet

Nach der Brüsseler Einigung über neue Griechenland-Hilfen argumentierte der CSU-Politiker Manfred Weber, Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, dass auch ein Grexit Europa viel Geld gekostet und die Übernahme von Verantwortung bedeutet hätte. Ein Grexit hätte in der Wirkung einen enormen Schaden für Europa und vor allem für Griechenland nach sich gezogen.

Aus deutscher Sicht ist zentral, dass wir Geld nur für Konditionalität geben, nur gegen entsprechende Eigenanstrengungen.

Manfred Weber

Der niederbayerische CSU-Politiker betonte, dass es „keine unkonditionierten Hilfen“ geben werde. Griechenland müsse Staatsbesitz in einen extern verwalteten Fonds geben, der benutzt werden könne, um mögliche Verzögerungen bei der Schuldenrückzahlung auszugleichen.  Er glaube, „dass ein vernünftiger, stabiler Weg“ es zumindest wert sei, „diesen Versuch noch einmal zu unternehmen“.

Athen muss vierseitigen Forderungskatalog umsetzen

Der Gipfel war in der Nacht häufiger unterbrochen worden, um Zeit für Beratungen in kleiner Runde zu geben. Zuletzt trafen sich am Montagmorgen Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatschef François Hollande und EU-Ratspräsident Donald Tusk mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras im kleinen Kreis. Die Staats- und Regierungschefs der 19 Euro-Länder waren am Sonntag um 16.00 Uhr zusammengekommen und verhandelten seitdem über einen Kompromiss für ein Spar- und Reformpaket für Athen.

Nach dem vorgelegten Plan der griechischen Regierung soll das dritte Hilfspaket über drei Jahre laufen. Der Finanzbedarf wird auf bis zu 86 Milliarden Euro geschätzt. Athen braucht laut einem Papier der Finanzminister bis zum 20. Juli rund sieben Milliarden Euro. Von Athen wurde im Gegenzug verlangt, einen vierseitigen Forderungskatalog der Euro-Finanzminister in die Tat umzusetzen. Dabei geht es neben den Privatisierungen von Staatsbesitz unter anderem auch um eine Verwaltungsreform.