Deutsche in Einzelhaft
Der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner muss im Gefängnis bleiben. Ein Gericht lehnte einen Einspruch gegen die U-Haft ab. Die Behörden verlegten ihn in die Haftanstalt, in der auch der "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel eingesperrt ist.
Türkei

Deutsche in Einzelhaft

Der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner muss im Gefängnis bleiben. Ein Gericht lehnte einen Einspruch gegen die U-Haft ab. Die Behörden verlegten ihn in die Haftanstalt, in der auch der "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel eingesperrt ist.

Ungeachtet der Proteste der Bundesregierung muss der in der Türkei inhaftierte deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner in Untersuchungshaft bleiben. Das zuständige Elfte Istanbuler Strafgericht lehnte den Einspruch gegen die U-Haft für Steudtner, dessen schwedischen Kollegen Ali Gharavi und sechs türkische Menschenrechtler ab, wie Anwälte der Beschuldigten sagten.

Die Rechtsvertreter von Steudtner und Gharavi übten scharfe Kritik an den Haftbedingungen ihrer Mandanten. Seit die beiden Ausländer am vergangenen Dienstag in das Gefängnis in Silivri westlich von Istanbul gebracht worden seien, würden sie in Einzelhaft gehalten.

Proteste der Anwälte

Weiter hieß es, bei einem Besuch einer Anwältin bei Steudtner im Gefängnis in Siliviri am Donnerstag sei das Gespräch von Kameras aufgezeichnet worden. Außerdem sei ein Wärter dabei gewesen. Das verstoße gegen die europäische Menschenrechtskonvention und gegen die türkische Verfassung, die beide die Vertraulichkeit solcher Gespräche garantierten. Steudtner und Gharavi seien zudem englischsprachige Bücher abgenommen worden, die ihnen in dem vorherigen Gefängnis im Istanbuler Stadtteil Maltepe erlaubt worden seien.

Von Seiten der Anwälte hieß es weiter, das Gericht habe keine Einzelfallbegründung für die Ablehnung der Einsprüche abgegeben, obwohl das rechtlich so vorgesehen sei. Stattdessen habe das Gericht in einem einzigen Absatz für alle acht Betroffenen pauschal erklärt, die vorliegenden Indizien wögen schwer genug, um die Inhaftierung bis zu einem Prozess zu rechtfertigen. Bei den Indizien handele es sich dem Gericht zufolge um eine Zeugenaussage, um beschlagnahmte Materialien und um Telekommunikationsdaten. Die Anwälte hätten weiterhin keinen Einblick in die Akten, die das Gericht für geheim erklärt habe.

Terror- und Spionage-Vorwürfe des Präsidenten

Steudtner, Gharavi und acht türkische Menschenrechtler waren am 5. Juli bei einem Seminar in Istanbul festgenommen worden. Gegen acht der insgesamt zehn Beschuldigten wurde danach Untersuchungshaft verhängt. Darunter ist neben den beiden Ausländern auch die Landesdirektorin von Amnesty International, Idil Eser. Zwei Beschuldigte wurden unter Auflagen bis zu einem Prozess freigelassen.

Den Menschenrechtlern wird von der Staatsanwaltschaft Unterstützung einer Terrororganisation vorgeworfen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat die Menschenrechtler außerdem in die Nähe von Putschisten und von deutschen Spionen gerückt. Die Bundesregierung hat die Vorwürfe als abwegig bezeichnet. In Silivri sitzt auch der deutsch-türkische «Welt»-Korrespondent Deniz Yücel unter Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft. Er ist ebenfalls in Einzelhaft.

Massenprozess gegen Putsch-Verdächtige

Zu Beginn der Woche hatte in der Türkei ein neuer Mammutprozess gegen mutmaßliche Beteiligte des gescheiterten Militärputschs im Juli vergangenen Jahres begonnen. 486 Verdächtige müssen sich seit Dienstag vor einem Gericht in der Provinz Ankara verantworten – darunter mehrere angebliche Drahtzieher der Aktion. Die Männer sind unter anderem wegen des Versuchs angeklagt, die Regierung von Präsident Erdogan zu stürzen. 45 Verdächtigen droht nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu eine mehrfache lebenslange Freiheitsstrafe.

(dpa)