Eine Frage der Loyalität
Der entlassene FBI-Chef James Comey bezichtigt den amerikanischen Präsidenten Donald Trump der Lüge und wirft ihm vor, er habe versucht, Ermittlungen über mögliche Verbindungen seines Wahlkampfteams nach Russland zu stoppen.
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Eine Frage der Loyalität

Der entlassene FBI-Chef James Comey bezichtigt den amerikanischen Präsidenten Donald Trump der Lüge und wirft ihm vor, er habe versucht, Ermittlungen über mögliche Verbindungen seines Wahlkampfteams nach Russland zu stoppen.

Der frühere FBI-Chef James Comey hat in der Anhörung vor dem Geheimdienst-Ausschuss des US-Senats die Regierung von US-Präsident Donald Trump der Lüge bezichtigt. Die Administration habe seine Entlassung als FBI-Chef mit einer schlechten Führung und einer schwachen Position der Bundespolizei begründet. „Dies waren Lügen, schlicht und einfach“, sagte Comey auf eine Frage von Ausschussvorsitzenden Richard Burr (Republikaner). In Wahrheit hätten andere Motive eine Rolle gespielt, offenbar auch die Russland-Affäre.

Trump weist die Vorwürfe zurück

Der frühere FBI-Chef wich der Frage aus, ob Trump versucht hat, die Justiz zu behindern. Comey sagte, es sei nicht an ihm, das zu beurteilen. Diese Frage müsse der FBI-Sonderermittler Robert Mueller klären. In einer schriftlichen Stellungnahme für den Geheimdienst-Ausschuss hatte Comey dem Präsidenten versuchte Einflussnahme auf die Ermittlungen seiner Polizeibehörde zur Russland-Affäre vorgeworfen. Trump habe um eine Einstellung der Untersuchung gegen den damaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn gebeten.

Trump hatte den Vorwurf der versuchten Einflussnahme auf die Ermittlungen immer bestritten. Eine solche Einmischung in ein laufendes Verfahren kann als Behinderung der Justiz gewertet werden. Der Präsident hatte Comey am 9. Mai fristlos entlassen. Die genauen Gründe sind bis heute nicht bekannt. Im Raum steht aber der Vorwurf, Comeys Russland-Ermittlungen seien der Auslöser und für Trump zu unbequem gewesen.

In seiner ersten direkten Reaktion auf Comeys Auftritt schrieb Trump auf Twitter, er sehe sich trotz vieler falscher Erklärungen und Lügen „vollständig und total“ bestätigt.

Kontakte in den Kreml?

Das FBI untersucht mögliche Verbindungen zwischen Mitgliedern aus Trumps Wahlkampfteam und Vertretern der russischen Regierung vor dem Amtsantritt. Für US-Amerikaner, die nicht offiziell ein Amt bekleiden, unterliegt der Kontakt mit ausländischen Offiziellen strikten Regelungen. Trump weist jegliche persönliche Verbindungen zu Russland zurück. US-Geheimdienste beschuldigen den Kreml, sich mit Cyberangriffen in den Wahlkampf eingemischt zu haben, um Hillary Clinton zu schaden und Trump zu helfen.

Hacker hatten E-Mails der Demokraten gestohlen, die die Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichte. Die entscheidende Frage ist, ob die Kontakte von Trump-Mitarbeitern nach Russland so weit reichten, dass sie vorab von den Angriffen auf die Demokraten wussten oder sie sogar orchestriert haben. Beweise gibt es dafür aber bislang nicht. Das Justizministerium hat in dem Fall einen Sonderermittler eingesetzt, den ehemaligen FBI-Chef und Comey-Vorgänger Robert Mueller.

Der Präsident fühlt sich vollkommen bestätigt. Er ist entschlossen, seine Agenda voranzutreiben.

Donald Trumps Rechtsanwalt

 

Comey erklärte in der Stellungnahme, er habe Trump bei einem Treffen am 6. Januar gesagt, dass das FBI zu diesem Zeitpunkt nicht gegen ihn persönlich ermittle. Trump sah sich wegen dieser Passage bestätigt. Sein Anwalt Marc Kasowitz erklärte, der Präsident sei erfreut darüber, dass Comey endlich öffentlich gesagt habe, dass in der Russland-Untersuchung nicht gegen ihn ermittelt werde. „Der Präsident fühlt sich vollkommen bestätigt. Er ist entschlossen, seine Agenda voranzutreiben.“

Vorwürfe auf sieben Seiten

Mit seiner sieben Seiten langen Stellungnahme untermauerte Comey aber vor allem Vorwürfe gegen Trump, die bisher nur in Medienberichten erhoben worden waren. So habe ihn Trump bei einem Treffen am 14. Februar zur Loyalität aufgefordert, worauf Comey entgegnet haben will, er sei nicht „verlässlich“ in einem Sinn, wie es von einem Politiker erwartet werde. Er habe stattdessen zugesichert, immer die Wahrheit zu sagen, aber Trump habe auf Loyalität beharrt.

Bei einem Treffen am 14. Februar im Weißen Haus habe Trump dann den Wunsch geäußert, die Ermittlungen gegen Flynn fallenzulassen. Zuvor habe Trump mehrere andere Teilnehmer eines Gesprächs aus dem Raum gebeten, darunter Justizminister Jeff Sessions. Flynn war am Vortag zurückgetreten. Laut Comey sagte Trump, dass Flynn nichts Falsches gemacht habe, er habe aber gehen müssen, weil er Vize Mike Pence in die Irre geführt habe.

Dann folgte nach Darstellung des Ex-FBI-Chefs das entscheidende Zitat Trumps: „Ich hoffe, Sie sehen einen Weg, das fallen zu lassen, von Flynn abzulassen.“ Er habe das nicht bestätigt, sagt Comey. Er habe über die Unterredung auch die FBI-Führung informiert und Sessions gesagt, dass er künftig nicht mehr mit Trump alleine sprechen wolle.

Telefonate mit dem Präsidenten

Am 30. März habe Trump sich am Telefon beklagt, dass die Russland-Ermittlung wie „eine Wolke“ über seiner Präsidentschaft schwebe und ihn am Regieren hindere. Der Republikaner habe versichert, dass er nichts mit Russland zu tun habe und gefragt, was man tun könne, damit sich „die Wolke“ lichte. Trump habe gesagt, sollte es „Satelliten“ unter seinen Mitarbeitern geben, die Dreck am Stecken hätten, wäre es gut, das herauszufinden – er selbst habe hingegen nichts Falsches getan und die Hoffnung, das FBI werde das öffentlich bestätigen.

(dpa)