Tobias Zech besucht die jesidische Stadt Sindschar. (Bild: Zech)
IS-Terror

„Der Irak braucht Deutschland“

Gastbeitrag CSU-Bundestagsabgeordneter Tobias Zech hat als einer der ersten deutschen Politiker die jesidische Stadt Sindschar besucht. Die Reise durch den Irak machte ihm deutlich, wie wichtig deutsches Engagement für den Wiederaufbau des Landes ist.

Es sind Geschichten wie die des syrisch-orthodoxen Erzbischofs, Nicodemus Daoud Matti Sharaf, die mich während meiner Reise auf Vermittlung der Konrad Adenauer Stiftung im Irak berührt haben. Und es sind Geschichten, die mich davon überzeugt haben, dass das deutsche Engagement vor Ort wichtig ist und sogar noch ausgedehnt werden sollte. Im Sommer 2014 war Erzbischof Sharaf in seiner Kirche in Mossul und bereitete einen Gottesdienst vor, als ihn der Anruf des Innenministers der Autonomen Region Kurdistan (ARK) erreichte. Er solle sofort seine Sachen packen und Mossul verlassen. Der Islamische Staat werde in Kürze die Stadt einnehmen. Sharaf wusste, dass der IS keine Gnade gegenüber Christen kennt. Er und tausende weiterer Christen flohen aus Mossul. Mit ihrer Flucht retteten sie ihr Leben. Vertrieben, aber vereint feierten die Christen aus Mossul Ostern deshalb dieses Jahr im kurdischen Exil Erbil.

IS entfacht ethnisch-konfessionelle Konflikte

In Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan (ARK), traf ich als Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Deutschen Bundestag Erzbischof Sharaf. Er und seine Glaubensbrüder sind in Erbil in Sicherheit – unter dem Schutz der ARK-Regierung.

Wer die Einheit des Irak erhalten will, muss sich um alle Bevölkerungsgruppen kümmern.

Tobias Zech

Auch die Kurden sind Muslime. Aber in Kurdistan gilt immer noch, was lange für den gesamten Irak galt: Die verschiedenen Religionen haben dort gut zusammen gelebt, erzählt Sharaf. Aber durch den Vormarsch und die Gewalt des IS seien alte, tief verwurzelte ethnisch-konfessionelle Konflikte wieder ans Tageslicht gekommen. Die Versöhnung der Bevölkerung ist eine der wichtigsten Aufgaben, die auf den Irak wartet. Zunächst geht es aber darum, die Sicherheitslage zu stabilisieren und den IS zu besiegen, damit die Menschen überhaupt in ihre alte Heimat zurückkehren können.

Besuch bei der Bundeswehr

Dazu soll auch die Ausbildungsmission der Bundeswehr beitragen, die ich besucht habe. Lange Jahre war ich selbst Soldat und bin mittlerweile neben meinem Mandat Stellvertreter des Präsidenten im Reservistenverband.

Rund 150 deutsche Soldaten trainieren in Erbil die Einheiten der Peschmerga-Kurden. Die Bundesregierung hatte nach dem Völkermord an den Jesiden beschlossen, Material und Ausbilder in den Nordirak zu schicken. Sie sollten den Kurden helfen, weitere Massaker an den Jesiden zu verhindern. Im August 2014 hatten Kämpfer des IS 5000 Männer getötet und 7000 Frauen vergewaltigt und verschleppt. 2700 Mädchen und Frauen wurden bislang befreit, aber mehrere Tausend befinden sich noch in Gefangenschaft. Viele konnten fliehen, mussten aber ihre Familienmitglieder zurücklassen und leben zurzeit in Lagern für Binnenflüchtlinge. Ohne Kontakt zur Familie und ohne Hoffnung auf ein zukünftiges Wiedersehen.

Dank für den deutschen Einsatz

Der Einsatz der Bundeswehr wird vor Ort hoch geschätzt. Die Kameraden leisten ausgezeichnete Arbeit, das kann ich nach meinem Besuch beim deutschen Kontingent in Erbil berichten. In meinen Gesprächen mit den Peschmerga-Kämpfern und Ministern der kurdischen Regierung stand immer der Dank für den deutschen Einsatz im Mittelpunkt.

Unser Engagement hier ist aber noch lange nicht beendet. Die politische und humanitäre Lage erfordere weitere Unterstützung von deutscher Seite. Nach Gesprächen auch mit Vertretern der irakischen Zentralregierung in Bagdad ist mir bewusst, wie wichtig es ist, dass Deutschland seine Hilfe noch stärker auf das ganze Land ausweitet. Wer die Einheit des Irak erhalten will, muss sich um alle Bevölkerungsgruppen kümmern.

Der Autor

Tobias Zech ist seit 2013 Bundestagsabgeordneter (über die Landesliste), seit Januar 2014 Mitglied in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, seit 2011 Bezirksvorsitzender der Jungen Union Oberbayern, seit 2002 Mitglied im Gemeinderat von Garching an der Alz (Landkreis Altötting) und seit 2014 im Kreistag. Zech diente von 2002 bis 2010 Zeitsoldat bei der Bundeswehr bei den Gebirgspionieren. Von 2009 bis 2012 studierte er Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München.