Zeichen der Stärke: Chinas erster Flugzeugträger, die Liaoning. (Bild: Imago/Xinhua/Zha Chunming)
Südchinesisches Meer

Chinas Ansprüche sind unrechtmäßig

Der internationale Schiedshof in Den Haag hat Chinas weitreichende Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer auf der ganzen Linie abgeschmettert. Das unerwartet deutliche Urteil lässt Peking keinen Raum für Interpretationen.

Die Ansprüche Chinas hätten keine rechtliche Grundlage, urteilten die Richter und gaben der Beschwerde der Philippinen recht. Es ist das erste internationale Urteil in dem sich seit Jahren aufschaukelnden und als potenziell sehr gefährlich eingeschätzten Konflikt zwischen China und den USA. Das Reich der Mitte zeigt sich sehr aggressiv in seiner Expansionspolitik. Das Urteil ist bindend, doch kann das Gericht die Umsetzung nicht erzwingen.

China ist empört – und will das Urteil ignorieren

China reagierte erbost. In einer ersten Reaktion bezeichnete das Außenministerium in Peking den Richterspruch als „null und nichtig“. Außenminister Wang Yi geißelte die Entscheidung laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua als „politische Farce, die unter dem Vorwand des Rechts“ fabriziert worden sei. Das chinesische Militär werde die Souveränität, die Sicherheit und die maritimen Rechte und Interessen resolut verteidigen, meldete Xinhua weiter.

Zugleich wiederholte die Regierung ihre Position, dass Streitigkeiten nur mit den direkt beteiligten Ländern durch Verhandlungen beigelegt werden sollten. Eine Einmischung von außen wie durch die USA hatte China immer abgelehnt.

Peking erhebt Ansprüche auf mehr als 80 Prozent des Südchinesischen Meeres und macht diese mit immer größerem Nachdruck geltend. Zuletzt gab es Medienberichte, dass China sogar seine Fischer zu Milizen hochrüstet, um mit „zivilen“ Schiffen seine Ansprüche durchsetzen zu können. Dadurch hatten sich die Spannungen in der Region mit anderen Anrainern aber auch mit den USA immer weiter verschärft. Die USA erheben zwar keine eigenen Ansprüche, sind aber mit Kriegsschiffen und Flugzeugen in der Region, um ihre Überzeugung zu unterstreichen, dass es sich um internationale Gewässer handelt, in der sich jeder frei bewegen kann. Mehrmals kam sich amerikanische und chinesische Flugzeuge dabei gefährlich nahe.

USA sprechen von „Beitrag zu einer friedlichen Lösung“

Das US-Außenministerium begrüßte denn auch die Entscheidung aus Den Haag. Das Urteil sei ein wichtiger Beitrag zu einer friedlichen Lösung des Konflikts, sagte der Sprecher des Außenministeriums, John Kirby, am Dienstag in Washington. Man hoffe, dass beide Parteien sich nun daran hielten.

Wir müssen jetzt zurückhaltend und nüchtern reagieren.

Rodrigo Duterte, Präsident der Philippinen

Die Philippinen begrüßten den Richterspruch als einen Meilenstein, wollen aber den Konflikt nicht eskalieren lassen und zeigten sich gesprächsbereit. Die Regierung rief zu „Zurückhaltung und Nüchternheit“ auf. Der neue Regierungschef Rodrigo Duterte hatte seine Beamten und Regierungsvertreter schon vor dem Urteil gemahnt, keine Häme zu zeigen und sich jede höhnische Bemerkung in Richtung China zu verkneifen. Duterte setzt darauf, mit China über das weitere Vorgehen zu verhandeln.

Anrainer sehen sich gestärkt

Auch andere Anrainerstaaten sehen sich in ihren Forderungen gegenüber Peking gestärkt. Das ebenfalls mit China um Inseln im Südchinesischen Meer streitende Vietnam erneuerte seine eigenen Ansprüche. Der Sprecher des Außenministeriums Le Hai Binh betonte, dass Hanoi auf seinen Rechten an den Paracel- und Teilen der Spratly-Inseln sowie dem umgebenden Meeresgebiet bestehe. Das UN-Seerechtsübereinkommen (UNCLOS) müsse respektiert werden. „Vietnam setzt sich dafür ein, dass Dispute friedlich gelöst werden, auf diplomatischem und juristischem Wege“, sagte der Sprecher.

Wertvolles Terrain

Das Südchinesische Meer ist reich an Rohstoffen wie Öl und Gas, hat aber auch große Fischgründe. Außerdem verläuft dort eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten und das Gebiet hat deshalb hohe militärisch-strategische Bedeutung.

Um seine Ansprüche zu untermauern, hatte China Riffe zu künstlichen Inseln aufgeschüttet und dort militärische Einrichtungen stationiert. Das war unrechtmäßig, urteilten die Richter. China habe damit den Korallen-Riffen „schweren Schaden zugefügt“. Außerdem verletzte China „die souveränen Rechte der Philippinen in seinen Hoheitsgewässern“, indem es Fischer und die Ölförderung behindere.

China beruft sich auf „historische Rechte“ an den Inseln. Doch nach dem Urteil sind diese Formationen keine Inseln im rechtlichen Sinne und haben deshalb auch keine Hoheitsgewässer. Vielmehr gehörten die sogenannten Spratly-Inseln teilweise zur exklusiven Wirtschaftszone der Philippinen, entschieden die Richter.

(dos/dpa)