Die neue Seidenstraße, die China plant, besteht nicht mehr aus Kamel-Karawanen. (Bild: imago/Xinhua)
Seidenstraße

Auf dem Weg nach China

Beim Kongress Seidenstraße in Nürnberg diskutieren hochrangige Unternehmer, Forscher und Politiker die Chancen, die sich aus den internationalen Expansions-Initiativen Chinas ergeben – unter anderem für bayerische Unternehmen.

Die Expansion, die wirtschaftliche wie militärische Aufrüstung Chinas – zuletzt beim 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik demonstriert – treibt vielen Strategie-Experten und Nachbarstaaten bis hin zu Russland und den USA Sorgenfalten auf die Stirn. Dennoch liegen in den Initiativen Chinas, wie etwa im Ausbau der Handelswege entlang der Neuen Seidenstraße, auch große Chancen für deutsche und bayerische Firmen. Das zeigte sich insbesondere beim Kongress Seidenstraße im Nürnbeger Messezentrum.

Die Belt and Road Initiative wird die Weltwirtschaft entscheidend prägen.

Roland Fleck, Geschäftsführer der Nürnberg Messe

Chinas „Belt and Road Initiative“ – wie die Neue Seidenstraße offiziell heißt – werde die „Weltwirtschaft entscheidend prägen und zahlreiche neue Wirtschaftsregionen entstehen lassen“, erklärte Roland Fleck, der Geschäftsführer der Nürnberg Messe, zur Eröffnung des Kongresses vor rund 200 Gästen aus Export- und Bauwirtschaft, Wissenschaft sowie der Politik. Der Kongress Seidenstraße dient unter anderem als wichtige Kontaktbörse für den Handel mit China und für die Beteligung am Ausbau der Seidenstraße.

Chancen für bayerische Unternehmen

„Davon können europäische Unternehmen profitieren“, zeigte sich Fleck sicher. „Auch für Bayern ergeben sich dadurch rasante Entwicklungspotenziale.“ Laut einer aktuellen Prognose könnte der ohnehin stark angewachsene Handel zwischen Bayern und China allein durch die Neue Seidenstraße um 8 Prozent wachsen, erklärte der Messe-Chef. Dazu komme der neue Handel mit den „Fokusländern“ entlang der Seidenstraße. Der Freistaat Bayern unterhält seit 1987 eine Partnerschaft mit der Provinz Shandong und seit 2004 mit der Provinz Guangdong. Daneben gibt es zehn kommunale Partnerschaften, unter anderem Nürnberg und Shenzhen – wobei die umliegenden Kommunen und Landkreise mit eingebunden sind.

In der Wirtschaft gibt es keine härtere Währung als Vertrauen.

Roland Weigert, Bayerns Wirtschafts-Staatssekretär

Die Neue Seidenstraße verlaufe übrigens nicht etwa durch München, sondern durch Nürnberg, sagte Fleck schmunzelnd, insbesondere durch die bereits bestehende Eisenbahnverbindung. Schon jetzt verkehre einmal wöchentlich ein direkter Güterzug vom Nürnberger Hafen nach China und zurück. Allerdings gebe es Probleme mit der mangelnden Transparenz bei der chinesischen Auftragsvergabe sowie einem Mangel an Rechtssicherheit für Investoren. „Wir bieten die Plattform, Fragen zu klären und Transparenz herzustellen“, so Fleck zur Eröffnung des Kongresses.

FJS öffnete die Tür nach China

Bayerns Wirtschafts-Staatssekretär Roland Weigert (FW) unterstrich: „Die neue Seidenstaße birgt gewaltige Chancen für bayerische Firmen“ und könne für alle Beteiligten „eine Win-Win-Situation generieren“. Insbesondere würden neue Märkte in Zentralasien und Afrika erschlossen. Er lobte, dass sich China mittlerweile zu einem Stützpfeiler des weltweiten Freihandels entwickelt habe. Weigert formulierte seine Hoffnung: „Hinter den gemeinsamen Handelsregeln stehen faktisch auch gemeinsame Werte als Basis des Vertrauens. In der Wirtschaft gibt es keine härtere Währung als Vertrauen.“

Bayern spielt wie immer eine konstruktive Rolle.

Yue Zhang, Generalkonsul der Volksrepublik China in Bayern

Der Staatssekretär erinnerte an Franz Josef Strauß, der 1975 als erster westlicher Politiker nach China zu Mao Tse-Tung gereist sei und damit die Grundlage für die besonderen bayerisch-chinesischen Beziehungen legte. Alle Beteiligen hätten größtes Interesse an ökonomischen Effekten, die dauerhaft wirken. „Die Belt and Road Initiative kann ein wichtiger und wuchtiger Impuls für die Weltwirtschaft sein“, sagte Weigert.

Der Generalkonsul der Volksrepublik China in Bayern, Yue Zhang, lobte den Freistaat Bayern: „Bayern spielt wie immer eine konstruktive Rolle“, sagte der Diplomat. Der Kongress Seidenstraße in Nürberg sei die einzige öffentliche Veranstaltung zu diesem Thema in ganz Deutschland. Yue betonte, die Initiative solle allen Beteiligten nutzen: „Wir sind bereit, unsere Investitionen in die Seidenstraße zu einer Win-Win-Situation für alle teilnehmenden Länder zu entwickeln. Die Länder entlang der Straße sollen nachhaltigen Nutzen zu ihrer Entwicklung erhalten.“ Die bestehende Eisenbahnverbindung von Chengdu (Hauptstadt der Provinz ‎Sichuan) nach Nürnberg ist rund 11.000 Kilometer lang und dauert derzeit rund 13 bis 14 Tage. Allerdings werden die Strecken in mehreren Ländern derzeit noch ausgebaut, Ziel sind zehn bis zwölf Tage. Im Vergleich mit dem Containerschiff wird die Zeitersparnis deutlich: Das Schiff muss 23.000 Kilometer zurücklegen und braucht über einen Monat dafür.

Deutsche Technologie als Exportschlager

Konkreter wurde es im Gesprächskreis der in China aktiven Unternehmer. Johann Bögl, geschäftsführender Gesellschafter der Neumarkter Baufirma Max Bögl, berichtete, seine Firma sei schon seit 15 Jahren in China aktiv, dabei habe man viel Erfahrungen gesammelt. „Bei jeder zweiten Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsstrecke in China kommt der Fahrweg aus unserem Haus.“ Allerdings warnte Bögl davor, zu meinen, dass die deutsche Bauwirtschaft in größerem Umfang an Chinas Seidenstraßen-Initiative mitbauen können. Hintergrund: Nach einer Studie des Instituts „merics“ gehen 90 Prozent der von China vergebenen Aufträge an chinesische Firmen.

Unsere Stärke als Deutsche sind die Ingenieuere und die guten Ideen.

Johann Bögl, Gesellschafter der Neumarkter Baufirma Max Bögl

Johann Bögl betonte, sein Marktzugang nach China sei ein anderer: „Wir haben uns darauf konzentriert, unsere speziellen Technologien wie etwa Projektsteuerung und Management größerer Projekte einzubringen.“ Die Chinesen hätten die Bögl-Technologie eingekauft und den umsetzenden Staatskonzernen zur Verfügung gestellt. „Unsere Stärke als Deutsche sind die Ingenieuere und die guten Ideen. Ohne bestimmte Technologien kommt man eben mit einem Tunnel nicht durch den Berg“, so Bögl.

Bayerische Magnetschwebebahn im Bau

Auch in den Ländern entlang der Seidenstraße baue seine Firma nicht selbst die Projekte, sagte Johann Bögl. Man habe dies vor einigen Jahren in Kasachstan versucht, es habe nicht funktioniert. „Ich trau mir nicht zu, in China oder in Zentralasien selbst zu bauen und zum Beispiel die Materialbeschaffung nach den deutschen Compliance-Regeln umzusetzen. Ich kann das keiner deutschen Baufirma raten, vor allem keinem Mittelständler“, sagte Bögl. Ihm sei insbesondere die Auftragsvergaben der Chinesen nach wie vor schleierhaft.

Johann Bögl berichtete allerdings auch von einem sehr greifbaren Erfolg: Sein Konzern liefert derzeit eine erste 3,5 Kilometer lange Magnetschwebebahn-Strecke vom Typ „TSB – Transport System Bögl“ nach Chengdu. Das TSB mit einer Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h soll dort bald im Nahverkehr eingesetzt werden und mit 60.000 transportierten Personen pro Stunde die Kapazität einer U-Bahn erreichen. Bereits seit 2012 testet Max Bögl das TSB mit einer 820 Meter langen, werkseigenen Strecke am Firmensitz Sengenthal (Landkreis Neumarkt). Darauf wurden bis 2018 mehr als 100.000 Fahrten über 65.000 Kilometer durchgeführt.

Chinesen sind an deutscher Technologie interessiert

Hingegen meinte Thilo Ketterer, China-Experte der Beratungsgesellschaft Rödl und Partner, deutsche Unternehmer könnten durchaus mitwirken beim Aufbau von Flughäfen, Häfen, Schienen- und Straßenwegen. „Nicht als Generalunternehmer, sondern als Subunternehmer“, sagte Ketterer. Chancen ergäben sich einesteils vor allem für Unternehmen, deren Technologie für die Chinesen interessant sei, anderesteils aber auch insbesondere in den zentralasiatischen Ländern entlang der Seidenstraße: „Dort geht ja immer mehr deutsche Industrie hin“, sagte Ketterer. Die chinesische Auftragsvergabe sei jüngst etwas transparenter geworden: Es gebe jetzt eine Webseite, auf der man nachträglich einsehen könne, welche Firma welchen Auftrag bekommen habe.