Fracking stößt bei Umweltschützern immer wieder auf Kritik. Die Schäden an Mensch und Natur würden die Wirtschaftlichkeit nicht begründen. Foto: imago/ZUMA Press
Fracking

Ab in das Reich der Tiefe

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften überrascht mit ihrer neuen Studie: Demnach soll das sogenannte "Fracking" zur Förderung von Erdgas nicht so gefährlich und umweltverschmutzend sein wie bisher angenommen. Im Moment ist die Methode in Deutschland nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt.

Mit mehreren hundert Bar Druck werden Chemikaliengemische in den Boden gejagt, um in bestimmten Gesteinsschichten künstliche Risse zu erzeugen, durch die später Gase oder Flüssigkeiten nach oben befördert werden können. Diese Methode nennt sich „Hydraulic Fracturing“ oder kurz „Fracking“ und ist gar nicht so gefährlich, wie bisher angenommen – sagt zumindest die Bundesanstalt für Geowissenschaften (BGR) in ihrer neusten Studie.

Ohne Chemikalien läuft nichts

Das Werk mit dem Titel „Schieferöl und Schiefergas in Deutschland – Potenziale und Umweltaspekte“ ist am Montag veröffentlicht worden. Darin heißt es:

Trinkwasserschutz und Fracking sind aus geowissenschaftlicher Sicht miteinander vereinbar.

Studie der BGR

Die BGR mit Sitz in Hannover ist das geowissenschaftliche Kompetenzzentrum der Bundesregierung. Dennoch entbrennt zwischen ihr und anderen staatlichen Stellen – wie etwa dem Umweltbundesamt – häufig Streit, sobald das Thema Fracking angesprochen wird. Denn nicht alle sehen die Methode zur Gasförderung als so bedenkenlos an wie die BGR.

Das hat vielfältige Gründe. Zu einen enthält das Fracfluide, also das Flüssigkeitengemisch, das mit Druck in den Boden gepresst wird, verschiedene Chemikalien. Darunter auch Biozide und Antioxidationsmittel, die das Grund- und Oberflächenwasser verschmutzen können. Zum anderen führen die feinen Risse, durch die später Gas oder Flüssigkeit nach oben befördert werden, zu einer gesteigerten Gefahr von Erdbeben. Auch wenn sich diese auf der Mikroebene abspielen und für den Menschen oft gar nicht spürbar sind – die Risse in den Gesteinsschichten führen zu einer Destabilisierung. Weitere Gefahren liegen im Abtransport und der Entsorgung des Brauchwassers. Bei einem Unfall kann es zu einer Verschmutzung des Grundwassers kommen. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Treibhausgas-Immission.

Nicht so gefährlich wie gedacht?

Ein besonderes Augenmerk haben die Macher der Studie auf das Schiefergas, ein unkonventionelles Erdgas, geworfen. Denn auch dieses lässt sich mittels Fracking fördern. Die Vorkommen, die in Deutschland gefördert werden könnten, liegen zwischen 320 und 2030 Milliarden Kubikmeter.

Somit liegt der Anteil an Schiefergas um eine Vielfaches höher als der von konventionellem Erdgas. Dieser beträgt rund 90 Milliarden Kubikmeter und trägt nur zu rund zehn Prozent zur Deckung des Bedarfs hierzulande bei.

Erdgas – und damit auch Schiefergas – sei nach Erdöl der wichtigste Energieträger in Deutschland, so BGR-Präsident Hans-Joachim Kümpel. Warum sich dies entgehen lassen und sich vom Import aus anderen Ländern abhängig machen? Auch mit Blick auf die Energiewende betonen die Experten die zunehmende Bedeutung von Erdgas.

Die vor allem von Natur- und Umweltschützern vorgebrachten Bedenken gegen das Fracking will die BGR mit ihrer neuen Studie nun zerstreuen.

Injizierte Fracking-Fluide steigen aus dem tieferen Untergrund nicht in das Grundwasser auf, aus dem unser Trinkwasser gewonnen wird.

Studie der BGR

Auch würden die durch das Fracking entstandenen Risse nicht bis in die Grundwasserschichten reichen, aus denen das Trinkwasser gewonnen wird. Eine Verschmutzung sein also so gut wie ausgeschlossen. Und auch die oft angeführte Gefahr für Erdbeben sehen die Experten nicht gegeben. Eine maximale Magnitude bleibe „deutlich unter der Spürbarkeitsgrenze“ heißt es in der Studie.

Ihr Fazit:

Gefahren für das Grundwasser bestehen bei der Auswahl geeigneter Standorte im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben sowie der Einhaltung des Standes der Technik nicht.

Studie der BGR

Abhängigkeit von Importen

Die BGR kommt also zu dem Schluss, dass Fracking nicht so gefährlich für Mensch und Umwelt ist wie bisher angenommen. Doch ganz ohne Gefahren sei es dennoch nicht. Zum Beispiel, wenn das aus der Tiefe geholte Wasser, das in vielen Fällen mit natürlichen Schwermetallen belastet ist, nicht sachgemäß entsorgt wird. „Ohne die Erschließung neuer Lagerstätten mittels Fracking würden unsere Erdgasreserven in absehbarerer Zeit aufgebraucht sein“, warnt BGR-Präsident Kümpel. „Deutschland wäre dann komplett abhängig von ausländischen Erdgaslieferungen.“

Die Bundesregierung scheint die Gefahr durch Fracking jedoch anders zu bewerten. Seit 2014 ist die Fördermethode in Deutschland grundsätzlich erlaubt – wenn auch mit sehr hohen Auflagen und nur in bestimmten Regionen. Beispielsweise darf nicht in Natur- oder Wasserschutzgebieten gebohrt werden, für die verwendeten Chemikalien muss eine Genehmigung des Umweltbundesamtes vorliegen und eine Förderung darf nicht oberhalb von 3.000 Metern stattfinden. Vor Ende 2018 soll zudem keine kommerzielle Fracking stattfinden, sondern nur probeweise. Eine Förderung von Schiefergas ist vor 2021 komplett ausgeschlossen. Noch muss der Bundestag dem Gesetzentwurf zum Fracking zustimmen.