Die Apotheke soll im Dorf bleiben. Bayerns Pharmazeuten fürchten um ihre Zukunft. (Foto: Imago)
Apotheken

Die Chancengleichheit fehlt

Mit reichlich Gesprächsbedarf reisen die bayerischen Pharmazeuten am Wochenende nach Würzburg. Vor allem ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Versandhandel löst Ängste aus. Die CSU will Apotheker vor Konkurrenz aus dem Ausland schützen.

Die Zahl der Filialen sinkt stetig, in ländlichen Gebieten fehlt der Nachwuchs, und dann stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit einem Urteil Ende 2016 auch noch das deutsche Arzneimittel-System grundsätzlich in Frage: Es sind aufregende Zeiten für Apotheker. Am Wochenende kommen etwa 500 von ihnen zum Bayerischen Apothekertag in Würzburg zusammen. Zentrales Thema der Tagung in der Residenz: die aktuelle Gesundheitspolitik.

Niedrigere Preise

Vor allem das Urteil des EuGH und die bislang ausgebliebenen politischen Konsequenzen verunsichern die Pharmazeuten. Die Luxemburger Richter hatten im Oktober die deutsche Regelung verworfen, wonach die Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel auch für ausländische Versandapotheken gilt. Krankenversicherungen und Verbraucherschützer waren erfreut. Das ermögliche eine leichtere Versorgung und niedrigere Preise, hieß es.

Da findet eine Verzerrung statt, die so nicht hinnehmbar ist.

Thomas Metz, Sprecher des Bayerischen Apothekerverbandes

Apothekerverbände hingegen warnen: „Da findet eine Verzerrung statt, die so nicht hinnehmbar ist“, sagte Sprecher Thomas Metz vom Bayerischen Apothekerverband. Durch das Urteil sei ein Preiswettbewerb entstanden, in dem deutsche Apotheken wegen der hierzulande geltenden Preisbindung nicht gewinnen könnten. Langfristig gefährde das die Existenz einer Preisbindung und die der Filialapotheken, die auch wirtschaftlich unrentable Gemeinwohlpflichten erfüllen, wie Metz betonte. Hinzu kommt: Ausländische Versandapotheken werben vor allem Patienten ein, die immer wieder das gleiche Medikament nehmen – und deshalb praktisch keine Beratung brauchen. Kunden, die Beratung wünschen, gingen in die Apotheken, die aber für eine wirtschaftliche Kalkulation auch die leichteren Fälle bräuchten. Manche ließen sich sogar in den Apotheken beraten, kauften dann aber im Versandhandel.

Verbot als Lösung?

Die Bundespolitik diskutiert deshalb gerade ein allgemeines Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Die Apothekerverbände sind dafür, die Bundes-SPD dagegen.

Die Apotheker bekommen aber Unterstützung von der CSU. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml appelliert immer wieder, statt Parteipolitik das Wohl der Menschen im Land in den Vordergrund zu rücken und das Versandhandelsverbot ohne Wenn und Aber zu unterstützen. „Kein Versandhandel kann die Apotheke vor Ort ersetzen. Denn nur dort gibt es persönliche Beratung, Nacht- und Notdienste sowie eine kurzfristige Notfallversorgung“, sagt die Ministerin. Huml fordert die SPD auf Bundesebene auf, ein Versandhandelsverbot von rezeptpflichtigen Medikamenten zu ermöglichen.

Weitere Themen

Entsprechend wollen die Apotheker den Vorschlag am Freitag mit Vertretern aller Parteien aus dem Bundestag diskutieren. Abseits der großen politischen Diskussion soll es bis Sonntag zudem um diverse medizinische und betriebswirtschaftliche Themen gehen. Die Teilnehmer erwarten unter anderem Vorträge und Fortbildungen zu den Themen Herzinfarkt, Antibiotikaresistenz oder digitale Kommunikations- und Marketingwege.

(dpa)