Das seit Mai eröffnete neue Trachtenkulturzentrum des Bayerischen Trachtenverbands will Bayerns Brauchtum erlebbar machen und – vor allem auch mit Hilfe der Jugend – in die Zukunft führen. (Foto: Hötzelsperger / Bayer. Trachtenverband)
Brauchtum

Im Trachtenhimmel

Brauchtums-Liebhaber in Bayern haben mittlerweile bereits seit vier Monaten eine neue „Pilgerstätte“: das bayerische Trachtenkulturzentrum im niederbayerischen Holzhausen, rund 20 Kilometer südöstlich von Landshut. Seither hat sich Bayerns neuer begeh- und vor allem erlebbarer „Trachtenhimmel“ mehr und mehr mit Leben gefüllt.

Das bayerische Trachtenkulturzentrum in Holzhausen in der niederbayerischen Gemeinde Geisenhausen in seiner jetzigen Form aufzubauen und aufzuziehen, glich einem Mammutprojekt: Erst nach elfjähriger Umbau- und Renovierungszeit konnte das Trachtenkulturzentrum des Bayerischen Trachtenverbands Anfang Mai eingeweiht und offiziell eröffnet werden.

Dafür ist nun neben einem Museum auch eine Bildungsstätte mit Übernachtungsmöglichkeit und ein Veranstaltungshaus, der sogenannte „Augustiner Stadl“, vorhanden. Außerdem finden nun in einem großen Depot über 70.000 Trachten-Exponate ihren Platz. Platz geschaffen worden war bei der Planung des neuen Zentrums auch für ein eigenes Backhaus sowie einen Jugendzeltlagerplatz.

Bis jetzt geht das Konzept voll auf: Vor allem die Veranstaltungen und Seminare und speziell auch die Jugendangebote, ein Schwerpunkt des Hauses, würden sehr gut angenommen werden, bilanziert der Geschäftsführer des Bayerischen Trachtenverbands, Erich Tahedl, gegenüber dem Bayernkurier. Die Veranstaltungsräumlichkeiten des neuen Zentrums würden zudem privat sehr gerne genutzt, wie Tahedl nach nunmehr viermonatiger Inbetriebnahme des neuen Hauses mit seinen Nebengebäuden ebenfalls zu berichten weiß.

Projekt mit viel Eigenleistung und Idealismus

Insgesamt sechs Millionen Euro kostete das Projekt, wovon der Freistaat Bayern die eine Hälfte beisteuerte. Die andere Hälfte stemmten Bayerns Trachtler in Eigenleistung: über eine Sonderabgabe und durch rund 30.000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit auf der Baustelle. Gebaut sowie umgebaut wurde sowohl im Inneren als auch auf dem Gelände eines ehemaligen, denkmalgeschützten Pfarrhofs. Der ehemalige ökonomische Pfarrhof wurde vom Bayerischen Trachtenverband unter mehreren Projekten als sein künftiges Ausstellungs- und Begegnungshaus ausgewählt und 2004 vom Erzbischöflichen Ordinariat München/Freising in Erbpachtrecht übernommen.

Anlässlich seiner Einweihung am 2. Mai diesen Jahres würdigte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer das Haus als „neue Perle“ in der Museumslandschaft des Freistaats. Der Bayerische Trachtenverband als Betreiber der Einrichtung will mit dem Zentrum vor allem eine Botschaft setzen: dass Tracht mehr ist als nur das Überstreifen von Dirndl oder Lederhose. Auch deshalb sollen nach Angaben des Verbands traditionelle Fertigkeiten sowie deren Vermittlung im Mittelpunkt der Zentrums-Aktivitäten stehen. So hofft der Verband beispielsweise, viele junge, aber auch ältere Leute in Seminaren für Techniken wie das „Schnalzen“, das tradierte Knallen der Fuhrmannspeitsche, oder die filigrane Schachtelfertigung für die Riegelhaube der Frauen zu begeistern.

Tracht und Brauchtum erleben einen Boom

Rund 165.000 Menschen in Bayern sind derzeit Mitglied in einem Verein des Bayerischen Trachtenverbands. Mehr als 100.000 Jugendliche haben sich mittlerweile in der Nachwuchsorganisation des Verbands, der Bayerischen Trachtenjugend, zusammengeschlossen. 1883 war in Bayern der erste Trachtenverein gegründet worden. Seit dieser Zeit haben sich inzwischen mehr als 800 Vereine in 22 Gauverbänden unter dem seit der Verschmelzung im Jahr 2002 zum Bayerischen Trachtenverband e.V. gewordenen Dachverband entwickelt.

Die Tracht erlebt derzeit eine Hochkonjunktur; auch wenn es keine genauen Zahlen gibt: Umfragen, ob auf der Wiesn in München oder dem Gäubodenvolksfest in Straubing, belegen regelmäßig, dass die Tracht wieder im Kommen ist. Allerdings geht diese Renaissance oftmals nicht mit einer Rückbesinnung auf die traditionellen Festgewänder und Bräuche einher. Der Verband und seine Vereine arbeiten daher alle nach dem Grundprinzip „Sitt und Tracht der Alten wollen wir erhalten“.

Hochwertig und umfangreich bestücktes Museum

Der Trachtenverband beschäftigt sich daher in seinem Ausstellungsbereich des neuen Gebäudes zum einen mit seinen eigenen Sachgebieten wie Mundart, Brauchtum, Laienspiel, Volkstanz und Schuhplatteln, Trachtenpflege und -Forschung, Volkslied und Volksmusik sowie Presse und Öffentlichkeitsarbeit und zum anderen mit alten Handwerkskünsten wie Weißstickerei, Perlenstickerei, Klöppeln und Lederpunzieren.

In jeweils einem weiteren Raum seines Zentrums widmet sich der Verband mit der Ausstellung „Trachtenbewegung in Bayern – ein Phänomen“ der Entwicklung der Trachtenbewegung vom 19. Jahrhundert bis heute und zeigt als derzeitige Sonderausstellung unter dem Motto „Gut behütet“ prächtige Trachten-Kopfbedeckungen. Dank langjähriger Sammeltätigkeit konnte der Verband für seine Ausstellungen aus dem Vollen schöpfen. Für eine neue, aktuelle Sonderausstellung im Hunsrückmuseum in Simmern konnte er auf diese Weise ebenfalls Objekte als Leihgabe zur Verfügung stellen.

Trachtenkulturmuseum Holzhausen:

  • Geöffnet ist von Dienstag bis Donnerstag 10.00 bis 12.00 Uhr und 13.00 bis 15.00 Uhr und jeden ersten Samstag im Monat von 10.00 bis 15.00 Uhr. An den Wochenenden mit Führungen kann das Museum ebenfalls besichtigt werden; Führungen sind online unter der Rubrik „Termine“ ersichtlich sowie telefonisch jederzeit zu vereinbaren.
  • Erwachsene zahlen 2 Euro, Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre sind frei.
  • Weitere Informationen unter: www.trachtenkulturmuseum.de oder www.trachtenverband-bayern.de.

(obx/dia)