Anlässlich des 500. Geburtstags des Bayerischen Reinheitsgebots schildert das Jüdische Museum in München mit seiner Sonderausstellung „Bier ist der Wein dieses Landes. Jüdische Braugeschichten“ erstmals eine jüdische Kulturgeschichte des Biers von der Vergangenheit bis heute. So erzählt sie vom Bierbrauen im Alten Israel, von einem mittelalterlichen Zunftzeichen und seiner Beziehung zum Davidstern und von jüdischen Brauherren in und um München. Auch berichtet die Sonderschau von dem maßgeblich von Münchner Juden geprägten Bierkrugveredelungsgewerbe im 19. Jahrhundert, über deutsch-jüdische Brauer in den USA sowie über die gegenwärtige Craft-Beer-Szene in Israel. Am Ende schließt sich damit in gewisser Weise wieder der Kreis: Denn: Die Geschichte des Biers ist wesentlich älter als das Reinheitsgebot und beginnt im Alten Ägypten.
Führende jüdische Hopfenhändler
Schon vor 5.000 Jahren wurde im Alten Ägypten Bier gebraut und dort zum Volksgetränk – und dort lernten es auch die Israeliten kennen. Für sie stellte sich dabei die Frage, ob Bier koscher sei und anstelle von Wein für rituelle Handlungen verwendet werden dürfe. Wenn Bier statt Wein das Hauptgetränk sei, dann, so legt der Talmud fest, „ist das Bier der Wein dieses Landes“ und dürfe verwendet werden.
Die Ausstellung, kuriert von Bernhard Purin in Zusammenarbeit mit Lilian Harlander, erzählt aber auch von Aberglaube und Verwechslungen, wenn sie der Frage nachgeht, was ein oberpfälzischer Zoigl als eines der mittelalterlichen Brauersymbole mit dem Davidstern zu tun hat. Anschaulich wird auch die im Spätmittelalter beginnende Geschichte des Hopfenhandels erzählt, der in Süddeutschland über lange Zeit von jüdischen Händlern bestimmt war. Außerdem wird nachgewiesen, dass das sogenannte „Bierkrugveredelungsgewerbe“, also die Bemalung von Krügen sowie die Herstellung und Montage der Zinndeckel, ein im 19. Jahrhundert maßgeblich von jüdischen Münchnern betriebener und entwickelter Gewerbezweig war.
Führende jüdische Brauer
Einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden daher auch die jüdischen Brauherren in München und Umgebung. So errichtete die freiherrliche Familie von Hirsch 1836 in Planegg bei München – „auf der grünen Wiese“ – eine der ersten modernen, industriell ausgestatteten Brauereien Bayerns, die in den knapp 100 Jahren ihres Bestehens zum Vorbild anderer moderner Brauanlagen wurde. Und in München gründete 1895 der aus einer kleinen Landjudengemeinde in Mittelfranken stammende Josef Schülein die Unionsbrauerei Schülein & Cie, die rasch zur zweitgrößten Brauerei Münchens wurde.
Schülein und sein Sohn Hermann fusionierten ihre Unionsbrauerei sogar 1921 mit der Löwenbräu AG. Während sich Josef Schülein in die Schlossbrauerei Kaltenberg zurückzog, wurde Löwenbräu unter Hermann Schülein als Generaldirektor zur bedeutendsten exportorientierten Brauerei Münchens. Nach seinem von den Nationalsozialisten erzwungenen Rücktritt emigrierte er in die USA, wo er die Liebmann Brewery in New York mit ihrer Biermarke „Rheingold“ zu einer der größten Brauereien der USA machte. Seine innovativen Werbemethoden, wie die jährliche Wahl der „Miss Rheingold“ oder der Werbeeinsatz von Stars wie Louis Armstrong, Nat King Cole, Marlene Dietrich, Ella Fitzgerald oder John Wayne, gelten in den USA noch heute im Bereich der Markenbildung und -pflege als vorbildhaft.
Craft-Beer-Szene in Israel
Schließlich thematisiert die Ausstellung – im Hinblick auf die Gegenwart – die Bierkultur im heutigen Israel, die zum einen stark von der deutschen Brautradition und deutschen Bierstilen geprägt ist und andererseits durch eine junge und vielfältige Craft-Beer-Szene überrascht. Dabei verbinden sich die Biergeschichten von damals mit der Gegenwart: Ein von dem Jerusalemer Herzl-Beer-Workshop und der Münchner CREW Republic gebrautes Bier – der erste deutsch-israelische „Collaboration Brew“ überhaupt – wird während der Dauer der Ausstellung im Café des Jüdischen Museums München und in ausgewählten Münchner Lokalen erhältlich sein.
„Bier ist der Wein dieses Landes. Jüdische Braugeschichten“:
- Die Sonderausstellung des Jüdischen Museums München läuft von 13.04.2016 bis 08.01.2017.
- Zu besichtigen ist die Ausstellung zu den regulären Öffnungszeiten des Museums: von Dienstag bis Sonntag von jeweils 10 Uhr bis 18 Uhr.
- Die Eintrittspreise betragen für Erwachsene 6 Euro, ermäßigt 3 Euro; für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist der Eintritt frei.
- Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, herausgegeben von den beiden Kuratoren Bernhard Purin und Lilian Harlander, zum Preis von 29,90 Euro, mit 256 Seiten.
- Weitere Informationen unter www.juedisches-museum-muenchen.de.
(Quelle: Jüdisches Museum München)