Ein traditionelles Brauchtum zu Beginn der Fastenzeit steht an diesem Wochenende im Allgäu sowie dem gesamten schwäbischen Raum an: das sogenannte „Funkenfeuer“. Mit dem Abbrennen meterhoher Holzstapel auf den Bergen und Anhöhen wird in zahlreichen Orten der Region symbolisch der Winter ausgetrieben. Die meisten der der Feuer brennen am „Funkensonntag“, dem Sonntag nach Aschermittwoch, also dem ersten Fastensonntag.
Das Spektakel, zu dessen Tradition auch auch der Verkauf des „Funkenküchle“, einem süßen Schmalzgebäck, gehört, zieht jedes Jahr viele Einheimische und Touristen an. Sie versammeln sich um die Feuerstellen, die bei Einbruch der Abenddämmerung angezündet werden und zum Teil mehr als 30 Meter hoch in den Himmel lodern. Vielerorts werden die Holzstapel von einer „Funkenhexe“, einer lebensgroßen, aus Stroh und Stoff gefertigten Puppe gekrönt. Geht die Hexe in Flammen auf, ist der Höhepunkt des Abends erreicht.
Brauchtum mit geselligem Beisammensein
Bereits am Samstag vor dem Funkensonntag wird mit dem Aufbau des Funkens begonnen: Im Inneren des Funkens wird das gesammelte Brennmaterial untergebracht. Den Kern der Konstruktion bildet die Funkentanne, ein bis auf den Wipfel entasteter Baumstamm, an dem eine Hexenpuppe, die Funkenhexe, hängt. Mancherorts ist die Funkenhexe auch mit Schießpulver gefüllt. In der Nacht auf Sonntag passt dann eine Funkenwache darauf auf, damit der Funken nicht frühzeitig von den Burschen aus den Nachbardörfern angezündet wird. Die wirtschaftlichen Interessen, die heute vielerorts mit diesem Brauch verbunden sind, haben dazu geführt, dass dieser althergebrachte Streich heute strafbar ist. Trotzdem finden solche Anschläge noch statt.
Früher wurde in manchen Gegenden, etwa nordwestlich des Bodensees, in den Funken ein Raum für die sogenannte „Funkenwirtschaft“ eingebaut, in der bis kurz vor dem Anzünden bewirtet wurde. Aus Sicherheitsgründen wird heute aber eher in einem Zelt oder Wagen neben dem Funken gefeiert. Mancherorts ziehen die Dorfbewohner bei Einbruch der Dämmerung in einem Fackelzug zum Funkenplatz. Der Zug wird oftmals von einer Dorfmusik, einem Gesangsverein oder Fackelschwingern begleitet. In einigen Gemeinden wird am Nachmittag auch ein Kinderfunken abgebrannt.
Funkenhexe muss explodieren
Bei Einbruch der Dunkelheit werden die Funken dann, eventuell nach einer feierlichen Ansprache der Funkenzunft, unter den Augen der Dorfbevölkerung angezündet, die auf die Explosion der Funkenhexe wartet. Erreichen die Flammen des Funkens die Hexenpuppe, explodiert sie laut schallend, was besonderes Glück verheißt. Als schlechtes Omen gilt dagegen, wenn der Funken umfällt, bevor die Hexe explodiert ist. In diesem Fall wird die Hexe am darauffolgenden Sonntag in einer Zeremonie „beerdigt“. Nach der Explosion der Hexe wird oft noch ein Feuerwerk abgebrannt.
Begleitet wird die Tradition oft von weiteren Bräuchen: So findet in Oberschwaben und im Allgäu traditionell am Funkensonntag – vielerorts zudem am Samstagabend – das „Funkenringwürfeln“ statt: Dabei wird in vielen Wirtshäusern ab dem Frühschoppen um den „Funkenring“, einem kreisförmigen Hefegebäck, auch „Kranzbrot“ genannt, gewürfelt. Beim Funken spielt sich in manchen Regionen auch der Brauch des Scheibenschlagens ab, bei dem brennende Holzscheiben mit Hilfe einer Rute oder eines Steckens in die Luft geschleudert werden.
Ursprünge heidnisch-germanischer Natur
Der erste Beleg für den am Funkensonntag stattfindenden Feuerbrauch stammt aus einem lateinischen Brandbericht des südhessischen Benediktinerklosters Lorsch aus dem Jahr 1090. Laut Bericht wurde der Brand des Klosters nämlich durch eine brennende Holzscheibe entfacht, die die Burschen am Abend des 21. März 1090 traditionell geworfen hatten. Weitere Belege aus späteren Jahrhunderten bestätigen ebenfalls die einstige Verbreitung des Brauchs. Die Verbrennung einer Hexenpuppe auf dem Funken ist allerdings nicht ein Rest der Hexenverbrennungen der frühen Neuzeit, sondern vermutlich erst im 19. Jahrhundert in Anlehnung an die Fastnacht entstanden.
Der Ursprung des Brauchs selbst ist, obwohl er außergewöhnlich früh schon belegt ist, nicht eindeutig geklärt. Am wahrscheinlichsten erscheint jedoch, dass es sich bei dem Brauch um Überreste eines heidnisch-germanischen Brauchtums zur Vertreibung des Winters handelt. Schon früh wurde er aber – wie andere heidnische Gebräuche auch – im christlichen Sinn interpretiert und weiterentwickelt. Überlieferung und Termin des Brauchs zeigen jedenfalls einen engen Zusammenhang mit dem Ende der schwäbisch-alemannischen Fastnacht und dem christlichen Jahreslauf. Genauer gesagt ist der Termin ein Überbleibsel des früheren Beginns der Fastenzeit, der nicht dem heutigen Aschermittwoch entsprach, im Brauchtum jedoch weiterlebte.
(Quelle: dpa/Wikipedia)