Deutschland ächzt unter einer Hitzewelle. Bild: Fotolia/Jürgen Fälchle
Hitzewelle

Deutschland schwitzt

Heute steht Deutschland noch einmal einer der heißesten Tage des Jahres bevor. Die Temperaturen klettern vielerorts auf 37 Grad, „im Süden und Südosten auch auf 38 Grad“, wie Meteorologe Thomas Ruppert vom Deutschen Wetterdienst weiß. Ein neuer Hitzerekord ist Ruppert zufolge aber nicht zu erwarten.

„Des einen Freud‘, des andern Leid.“ Während sich Schüler, Schwimmbäder und Biergärten über die tropische Hitze in Deutschland freuen, klagen vor allem Landwirte, Förster, Gartenbesitzer und die Schifffahrt über die sehr hohen Temperaturen. Seit Anfang Juni gab es laut Deutschem Wetterdienst landesweit gerade einmal 54 Prozent der im Sommer normalweise üblichen Niederschlagsmenge. In Kombination mit den extrem hohen Temperaturen herrscht mittlerweile eine regelrechte Dürre in manchen Teilen Deutschlands, wie etwa in Nordbayern. Teils ist der Boden so trocken wie seit 50 Jahren nicht, gibt Meteorologe Thomas Ruppert vom Deutsche Wetterdienst bekannt. Die Folgen sind vielfältig:

Belastung für Wald, Landwirtschaft und Schifffahrt

So herrscht derzeit eine große Waldbrandgefahr. Die Feuerwehren in Thüringen rückten in diesem Jahr bereits zu 14 Waldbränden aus – und damit zu mehr als in den beiden vergangenen Jahren zusammen, wie die Landesforstanstalt mitteilte. Manche Feuerwehren haben bereits die Landwirte dazu aufgerufen, Tanks mit Wasser zu füllen und für eventuelle Waldbrände bereit zu halten. Doch auch die Landwirte haben mit der Trockenheit zu kämpfen. So rechnet der Deutsche Bauernverband (DBV) dieses Jahr mit Ernteverlusten von elf Prozent, wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ berichtete. Es gebe aber sehr wohl große regionale Unterschiede: So sei die Lage in Norddeutschland und im äußersten Süden, wo in der letzten Zeit mehr Regen fiel, deutlich besser und würde den Ernteausfall kompensieren. Am 18. August will der Bauernverband seine abschließende Bilanz vorlegen.

Auch die Schifffahrt bekommt die Folgen der extremen Trockenheit deutlich zu spüren: Der Wasserstand im Bodensee ist zur Zeit um etwa 60 Zentimeter niedriger als in den vergangenen Jahren. Derart gesunkene Pegelstände bremsen derzeit auch Flusskreuzfahrtschiffe und Güterschiffe aus. „Die größeren Schiffe können nicht mehr voll laden“, erklärt Martin Klimmer von der Fachstelle Gewässerkunde der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Südwest. Ein Beispiel in Bayern sind Regensburg und Passau, wo teilweise die Güterschiffe, um leichter zu werden, einen Teil ihrer Ladung an Land zwischenlagern oder auf andere Schiffe verteilen müssen.

Auch Bahn und Autobahnen betroffen

Die langanhaltende Hitze macht auch der Bahn immer mehr zu schaffen: Wegen verformter Bahngleise wurde beispielsweise am Wochenende der Bahnverkehr auf der Nebenstrecke zwischen Bad Windsheim und Steinach bei Rothenburg o.d. Tauber eingestellt. Die hitzebedingten Verformungen der Gleise seien so stark gewesen, dass eine Sperrung der 12,5 Kilometer langen Strecke unerlässlich gewesen sei, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn in München am Dienstag. Um Druck von den stark gedehnten Schienen zu nehmen, seien inzwischen Teilstücke herausgeschnitten und die Schienen danach wieder zusammengeschweißt worden. Um die Gleise in die richtige Lage zu bringen, müsse zusätzlich immer auch das Schotterbett neu gestopft werden. In manchen Streckenabschnitten fährt die Bahn derzeit ohnehin wegen möglicher Gleisverformungen mit reduzierter Geschwindigkeit.

Reduzierte Geschwindigkeit ist auch auf einigen Autobahnen angesagt, um nicht der Gefahr von „Blow ups“ zu erliegen. Mehrere Unfälle in der Vergangenheit hatten die tödliche Gefahr deutlich vor Augen geführt, die bei extrem heißen Temperaturen auf der Autobahn lauert. So war die A114 Richtung Brandenburg ab Mittwoch drei Nächte lang gesperrt, um Hitzeschäden zu reparieren. Auch Teile der A9 zwischen Großkugel in Sachsen-Anhalt und Leipzig-West wölbten sich wegen des glühend heißen Asphalts. Das Tempo wurde auf diesem Autobahnabschnitt daraufhin auf 40 Stundenkilometer beschränkt. In Bayern wurden schon vor einiger Zeit mehrere Autobahnabschnitte auf Tempo 80 beschränkt, darunter die A92 München-Deggendorf.

Mensch und Tier leiden

Mit ihrer zunehmenden Dauer macht die Hitze auch dem Organismus der Menschen zu schaffen. Gesundheitsexperten raten daher, sich im Kühlen aufzuhalten und viel zu trinken. Gleiches gilt für die Haustiere. Besonders empfindlich zeigen sich auch die Fische als wechselwarme Tiere. Vor allem kälteliebende Arten, wie die gefährdete Bach- und Seeforelle, die Äsche und der Huchen seien von den derzeitigen hohen Wassertemperaturen betroffen, teilte der Landesfischereiverband Bayern mit. In der Ammer bei Weilheim vor Kurzem gemessene 24 Grad seien für die kälteliebenden Fischarten, die sich bei unter 18 Grad am wohlsten fühlten, „kritisch“, so Landesfischereiverbands-Präsident Albert Göttle.

Die Gefahren lauern in den Seen in anderer Art und Weise auch für die Menschen: Die heißen Sommerwochen im Süden und Osten Deutschlands haben die Zahl der Badeunfälle und Badetoten in die Höhe getrieben. In bayerischen Seen und Flüssen starben nach Angaben des Roten Kreuzes und der Polizei bis Anfang August schon mindestens 59 Menschen. Im gesamten letzten Jahr waren es laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) 90. Unter den Opfern seien erstmals auch mehrfach Flüchtlinge und Zuwanderer aus arabischen und afrikanischen Ländern, die nicht schwimmen können, teilweise auch aus kulturellen Gründen.

Ende des Schwitzens ab morgen in Sicht

Schuld an der derzeitigen Hitze ist nach Angabe von Wetterdienst-Experte Ruppert das Tief „Eberhard“, das die heiße Luft über der Biskaya auf seiner Vorderseite ins Land schaufelt. Sein Frontensystem bringt dann in der Nacht zum Freitag in Deutschland dem Westen und Südwesten kräftige Gewitter mit Unwetterpotenzial. Tagsüber ist später dann auch in anderen Regionen mit einzelnen, kräftigen, teils auch unwetterartigen Gewittern zu rechnen. Dann kann laut Wetterdienst in kurzer Zeit viel Regen fallen. Aber den ersehnten Landregen – gleichmäßig über viele Stunden verteilt – werden die Gewitter nicht bringen. Am Wochenende kann zumindest aber endlich wieder durchgelüftet werden. Denn die Temperaturen bleiben zwar sommerlich, sollen aber auf 27 bis 29 Grad zurückgehen.