Bohrungen in der Oberpfalz zeigten: Der letzte Vulkan brach vor 200.000 Jahren aus. Auf dem Bild: Bohrturm mit Bedienpersonal. Foto: lfu
Forschungssensation

Der Vulkan in der Oberpfalz

Die Oberpfalz ist um eine Attraktion reicher: Der jüngste Vulkanausbruch Bayerns hat sich vor rund 200.000 Jahren im Landkreis Tirschenreuth ereignet. Darüber informierte die Bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf in Neualbenreuth. "Das ist eine geologische Sensation. Die letzte massive Vulkanaktivität in Bayern liegt nur einen erdgeschichtlichen Wimpernschlag zurück."

„Dieses Phänomen wollen wir den Menschen näher bringen. Der neu konzipierte Vulkan-Radwanderweg macht das Wandeln auf heißen Spuren möglich. So wird die explosive Vergangenheit der Oberpfalz lebendig“, sagte die Umweltministerin.

Im Rahmen einer siebenwöchigen Untersuchung hatten Experten des Landesamtes für Umwelt (LfU) rund 100 Meter in die Tiefe gebohrt und dabei vulkanische Überreste entdeckt. Der ehemalige Vulkankrater hat sich nach der letzten Explosion mit Wasser gefüllt. Dadurch entstand ein so genannter Maar-See, vergleichbar mit denen in der Eifel. Anschließend verlandete der See und es entstand ein rundes Moor mit einem Durchmesser von rund 300 Metern. Bisher wurde angenommen, dass die jüngsten vulkanischen Aktivitäten in der Oberpfalz 10 bis 20 Millionen Jahre zurück liegen.

Der Landkreis Tirschenreuth, die Gemeinde Neualbenreuth und der Geopark Bayern-Böhmen planen jetzt gemeinsam mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) und finanzieller Unterstützung des Umweltministeriums die Neukonzeption eines Vulkan-Radwanderweges, der die Erdgeschichte der Oberpfalz für die Öffentlichkeit greifbar macht. Alle Einzelwege und Besichtigungspunkte werden in einer neuen Radwanderkarte dargestellt und beschrieben. Außerdem wird das Maar wegen seiner geologischen Bedeutung in das Geotopkataster Bayern aufgenommen.

Scharf: „Der Maar-See in der Oberpfalz ist nicht nur der jüngste Vulkan in Bayern, sondern auch das neueste Mitglied in der Familie der bayerischen Geotope. Geotope ermöglichen phantastische Blicke in die Vergangenheit und sind Anziehungspunkte für Touristen aus aller Welt. Damit spielt Neualbenreuth von heute an in einer Liga mit dem Zwölf-Apostel-Felsen im Altmühltal, der Steinernen Agnes im Berchtesgadener Land oder dem Felsenlabyrinth Luisenburg im Fichtelgebirge.“

Jüngster Vulkan Bayerns

Erloschene Vulkane sind in der Oberpfalz und im Fichtelgebirge eigentlich nichts Besonderes. Manche sind wichtige Rohstoffquellen, andere touristische Magneten, wie etwa der Parkstein, dessen Basaltsäulen schon Alexander von Humboldt bewunderte. Durch viele Untersuchungen wusste man auch, wann diese „heiße Zeit“ in Ostbayern war: Die meisten Vulkane waren vor etwa 20 Millionen Jahren aktiv und vor etwa 14 Millionen Jahren war endgültig Schluss. Dachte man.

Angeregt durch die Existenz eines viel jüngeren Vulkans in Tschechien (Zelezna Húrka, dt. „Eisenbühl“, Alter ca. 200.000 Jahre) und dem Nachweis einer weiteren vulkanischen Struktur („Maar“) bei Mytina (CZ) erforschten Geowissenschaftler des LfU auch das benachbarte bayerische Gebiet rund um Neualbenreuth. Intensive geophysikalische Messungen, teilweise gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität München deuteten auf einen vulkanischen Explosionstrichter in den Wäldern östlich von Neualbenreuth. Letzte Gewissheit konnte allerdings nur eine Bohrung bringen, bei der auch Material aus dem tieferen Untergrund zu Tage gefördert und anschließend sorgfältig wissenschaftlich untersucht wird.

Geophysikalische Untersuchungen

Da in dem Bereich an der Oberfläche kaum geologische Aufschlüsse vorhanden sind, wurden zur näheren Untersuchung zunächst verschiedene geophysikalische Verfahren eingesetzt. So wurden lokale Anomalien des Magnet- und Schwerefeldes analysiert und seismische, wie auch geoelektrische Profile vermessen. Die Ergebnisse ließen es schließlich gerechtfertigt erscheinen, mit Hilfe einer Forschungsbohrung eine (hoffentlich endgültige) Klärung der geheimnisvollen Struktur zu suchen.

Was ist ein Maar?

Die Entstehung eines Maarkraters wird durch eine unterirdische, aber oberflächennahe Explosion verursacht. In einem Schlot aufdringendes, heißes Magma kommt in Kontakt mit Grundwasser. Durch das plötzliche Aufheizen des Wassers entsteht Wasserdampf. Diese extreme Volumenzunahme verursacht eine in die Tiefe fortschreitende Serie von Explosionen. Die dadurch entstehenden Explosionstrichter sind die Maare. Wenn die magmatische Aktivität anhält, kann ein solcher Krater durch Vulkanite aufgefüllt werden. Wenn hingegen keine größere weitere vulkanische Aktivität in dieser Struktur erfolgt, kann sich zeitweise ein See bilden, der über viele tausende von Jahren aufgefüllt wird (z.B. Maarseen der Eifel). Einen solchen Maarsee fand man nun auch bei Neualbenreuth.

Vulkanausbrüche

„Vulkanausbrüche in Bayern? Das gibt es doch gar nicht!“ werden Sie vielleicht denken. Und tatsächlich gibt es zur Zeit keinen aktiven Vulkanismus bei uns. Aber aus geologischer Sicht ist es gar nicht so lange her, dass in Nordbayern zahlreiche Vulkane aktiv waren. Etwa 45 – 10 Millionen Jahre alt sind die Basalte, die man hier findet. Im nahen Tschechien dauerte der Vulkanismus gar bis vor etwa 250.000 Jahren an. Südlich von Eger zeugt an der Grenze zu Bayern der Eisenbühl bei Neualbenreuth vom Vulkanismus in der jüngsten Erdgeschichte. Und jetzt eben der Beweis: Vor und 200.000 Jahren kam es zum letzten Ausbruch auf bayerischem Boden. Relikte der vergangenen Aktivität sind auch die zahlreichen heißen und/oder mineralreichen Quellen in der Region.

Geotope und Geotopschutz

Gesteinsfreilegungen, Felsformen, Höhlen und Quellen sind eindrucksvolle Naturschöpfungen, deren Schutz bereits im 19. Jahrhundert den Ausgangspunkt der Naturschutzbewegung bildete. In der Romantik begann man sich vor allem für bizarre Felsgebilde zu interessieren. Dichter, Gelehrte und Adlige besuchten jene Orte, die teilweise vor Jahrtausenden bereits eine kultische Bedeutung hatten. Namen wie Druidenstein, Jungbrunnen, Teufelshöhle usw. sind Zeugnisse aus jener Zeit. Mit der beginnenden Wertschätzung kam es auch zu den ersten Naturschutzmaßnahmen. Bereits 1840 verfügte König Ludwig I. von Bayern die Erhaltung der Weltenburger Enge bei Kelheim an der Donau, um sie vor einer Zerstörung durch Steinbruchbetriebe zu schützen.

Die zunehmende Sensibilisierung der Öffentlichkeit für den Schutz der Geotope als unersetzliche Archive der Erdgeschichte hat dazu geführt, dass auch mit dem unbelebten Naturerbe sorgsamer umgegangen wird. Daher ist die Information der Bürger über die erdgeschichtlichen Besonderheiten in ihrer Heimat das zentrale Anliegen des Landesamtes für Umwelt. Die zunehmende Berücksichtigung von Geotopen in den Landschaftsplänen der Gemeinden ist bereits eine erfreuliche Folge dieser Aktivitäten. Darüber hinaus bedürfen in einigen dringenden Fällen Geotope auch eines rechtlichen Schutzes nach dem Naturschutzgesetz.

Damit der Naturschutz neben dem Biotopschutz (also der belebten Natur) auch dazu beitragen wird, die wichtigsten Dokumente der Erdgeschichte (unbelebte Natur) langfristig zu erhalten, unterstützen und beraten die Geologischen Dienste der Länder die Naturschutzbehörden. Dazu erstellen sie unter anderem Listen der schutzwürdigen Geotope und Informationsmaterial für die Öffentlichkeit.

Um Schutzmaßnahmen für die Geotope bundesweit auf einer fundierten Grundlage durchzuführen, einigten sich die Geologischen Dienste der deutschen Bundesländer auf ein einheitliches Vorgehen. Die wichtigsten Definitionen zu dem Thema wurden im Jahr 1996 von der Ad-hoc-AG Geotopschutz (einer Arbeitsgruppe des Bund-Länder-Ausschusses „Bodenforschung“) erstellt:

  • Geotope sind erdgeschichtliche Bildungen der unbelebten Natur, die Erkenntnisse über die Entwicklung der Erde und des Lebens vermitteln. Sie umfassen Aufschlüsse von Gesteinen, Böden, Mineralien und Fossilien sowie einzelne Naturschöpfungen und natürliche Landschaftsteile.
  • Schutzwürdige Geotope zeichnen sich durch ihre besondere erdgeschichtliche Bedeutung, Seltenheit, Eigenart oder Schönheit aus. Für Wissenschaft, Forschung und Lehre sowie für Natur- und Heimatkunde sind sie Dokumente von besonderem Wert. Sie können insbesondere dann, wenn sie gefährdet sind und vergleichbare Geotope zum Ausgleich nicht zur Verfügung stehen, eines rechtlichen Schutzes bedürfen.
  • Geotopschutz ist der Bereich des Naturschutzes, der sich mit der Erhaltung und Pflege schutzwürdiger Geotope befasst. Die fachlichen Aufgaben der Erfassung und Bewertung von Geotopen sowie die Begründung von Vorschlägen für Schutz-, Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen für schutzwürdige Geotope werden von den Geologischen Diensten der Länder wahrgenommen. Der Vollzug erfolgt durch die zuständigen Naturschutzbehörden.