„Irgendwie lebe ich schon in einer eigenen Welt.“
Idyllisch ist nur die Lage - ansonsten aber muss Maria Vogt richtig hart arbeiten auf der Rampoldalm im bayerischen Inntal. Der Tag beginnt um 5.00 Uhr, dann sind Kühe melken, Stall ausmisten, Käse und Butter zubereiten angesagt. Die 26-Jährige ist Sennerin auf der Alm.
Almwirtschaft

„Irgendwie lebe ich schon in einer eigenen Welt.“

Idyllisch ist nur die Lage - ansonsten aber muss Maria Vogt richtig hart arbeiten auf der Rampoldalm im bayerischen Inntal. Der Tag beginnt um 5.00 Uhr, dann sind Kühe melken, Stall ausmisten, Käse und Butter zubereiten angesagt. Die 26-Jährige ist Sennerin auf der Alm.

Wohnen in 1244 Metern Höhe zusammen mit 60 Kühen, drei Schafen, drei Gänsen, einem Hund, einer Katze und Schwein Paula, vor dem alle einen Heidenrespekt haben. Das ist seit Ende Mai und bis in die letzten Septembertage hinein das Zuhause von Maria Vogt. Die 26-Jährige bewirtschaftet eine Saison lang die Rampoldalm bei Brannenburg im bayerischen Inntal. Es ist ihr erster Almsommer, dafür hat die Physiotherapeutin unbezahlten Urlaub genommen. Allein auf den 700 Almen in Oberbayern sind 350 Sennerinnen und Senner beschäftigt.

Stube statt Komfort

Den Komfort im elterlichen Bauernhof mit fließend warmem Wasser und den Annehmlichkeiten der modernen Zivilisation tauscht Vogt vier Sommermonate mit einer karg eingerichteten Stube, in der auch im Sommer jeden Morgen der Ofen eingeschürt werden muss. „Das ist das erste, was ich nach dem Aufstehen um kurz nach fünf Uhr mache“, schildert die junge Frau ihren Tagesablauf. Nach einem kurzen Frühstück heißt es die Milchkühe melken, den Kälbern Kraftfutter geben, die Tiere auf die Weide treiben und den Stall ausmisten, der hinter der Wohnstube liegt.

Alltag auf der Alm

Zur Beschäftigung der Sennerin gehört auch, mehrmals die Woche von gut 50 Litern Milch den Rahm in der Zentrifuge von der Magermilch zu trennen und daraus Butter zu rühren. „Die Magermilch bekommt Paula“, erklärt Vogt. Überhaupt ist die Sau für die Resteverwertung auf der 1891 errichteten Rampoldalm zuständig. Wenn Stallarbeit und die anderen häuslichen Tätigkeiten erledigt sind, geht es auch bei Wind und Wetter hinaus ins Freie, das Wanderer zwar als Idylle sehen, aber für die junge Frau mit dem zum Schopf gebundenen Haar mit harter körperlicher Arbeit verbunden ist. 40 Hektar Weidefläche sind zu betreuen. Das heißt Disteln und anderen Wildwuchs ausreißen, das Vieh zählen und nach Verletzungen wie etwa in den Klauen eingetretene Steine untersuchen und schauen, ob genug Wasser in den Trögen ist.

Manchmal denke ich mir nachts schon, oh mein Gott, was ist das für ein komisches Geräusch und bilde mir ein, da könnte etwas sein.

Maria Vogt, Sennerin auf der Rampoldalm

Die Kühe geben genug Milch, um davon neben Butter auch einen schmackhaften Bergkäse zu machen. Die Zubereitung dauert allerdings mehrere Stunden am Tag. Die Laibe reifen in einem Regal, das im kalten Keller der Alm steht, wo auch alle anderen Vorräte gelagert werden. Eine steile Stiege führt von der Wohnstube in den Keller. Gegen 16.00 Uhr geht es wieder in den Stall – erneut ist Kühe melken angesagt. Ein Stromaggregat treibt die elektrische Melkmaschine an.

Angst vor dem Alleinsein

Wie hält es eine junge Frau alleine auf einer abgelegenen Alm aus mit einem Hund, der sich bei jedem Gewitter in den hintersten Winkel verkriecht, als Wachtier also gänzlich ausscheidet? „Erst hatte ich schon Angst vor dem Alleinsein“, erzählt die 26-Jährige. „Ich wollte es eigentlich nicht machen, als das Thema in der Familie aufkam.“ Auch ihre zwei Jahre jüngere Schwester Regina hat schon einen Sommer auf der Rampoldalm verbracht. Ein dreimonatiger Rucksacktrip in Neuseeland half Maria Vogt aber, die Angst vor dem Alleinsein zu überwinden. Sie willigte danach ein, diesen Sommer auf die Alm zu gehen. „Mein Lebenstraum war es aber nicht.“ Und ganz lässt sie die Angst auch nicht los.

Luxus: Warme Dusche

Das Tor zur Außenwelt ist auf der Alm ihr Smartphone. Manchmal hört die 26-Jährige auch Radio. Solarstrom lädt den Akku des Handys auf und spendet karges Licht über der heimeligen Sitzecke in der Stube. Wenn genug Sonne scheint, reicht der Strom gerade noch aus, um im Boiler ein wenig Wasser zu erhitzen. Einmal am Tag kurz mit lauwarmem Wasser duschen ist Luxus auf der Alm.

Eigentlich fehlt mir nichts da heroben, am allerwenigsten der Fernseher.

Maria Vogt, Sennerin auf der Rampoldalm

Wenn ihre Eltern oder ihr Freund sie besuchen, freut sie sich, wenn sie ein Stück Fleisch zum Braten mitbringen oder ein Eis. Den Wanderern, die den Weg auf die abgelegene Alm finden, serviert Maria Vogt gerne eine deftige Brotzeit mit Milch, selbst gebackenem Brot, Butter und Käse. Auch ein kühles Bier bekommen ihre Gäste. „Es sind keine typischen Touristen“, sagt die Sennerin. „Ich freue mich, wenn Zeit für ein nettes Gespräch mit ihnen bleibt.“ Denn den langen Tag über kann sich Vogt allenfalls mit ihren vielen Tieren unterhalten. „Irgendwie lebe ich schon in einer eigenen Welt.“

(dpa)