„Heute ist ein historischer Tag für Libyen“, sagte der UN-Sondergesandte Martin Kobler bei der feierlichen Unterzeichnung in dem marokkanischen Badeort Skhirat. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi, dessen Regierung vorigen Sonntag eine Libyenkonferenz ausgerichtet hatte, sprach von einer „sehr wichtigen Unterschrift für den Frieden in Libyen.“ Allerdings gibt es noch immer Widerstand gegen das Abkommen.
Chaos seit Gaddafis Sturz
Libyen versinkt seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi 2011 in einem Bürgerkrieg. Verschiedene Milizen kämpfen gegeneinander. Zudem konkurrieren zwei Regierungen und Parlamente miteinander: ein international anerkanntes Parlament im ostlibyschen Tobruk und ein von Islamisten dominiertes Abgeordnetenhaus in Tripolis. Beide haben jedoch inzwischen kein gültiges Mandat mehr. Das Chaos in Libyen machen sich Extremisten zunutze, die Teile des Landes kontrollieren. Zu ihnen gehören die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und andere Terrorgruppen. Libyen entwickelt sich nach Syrien und dem Irak zur wichtigsten Basis für den IS. Besonders stark sind die Extremisten in der nordlibyschen Stadt Sirte.
Das Abkommen ist von mutigen Frauen und Männern unterzeichnet worden, die viel riskieren.
Deutscher Diplomat
Bei der Unterzeichnung brandete Applaus auf, die Zuschauer riefen „Libyen, Libyen“. Kobler sagte, die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung von politischen Zielen müsse der Vergangenheit angehören. Alle Beteiligten hätten Opfer gebracht. „Das Abkommen ist von mutigen Frauen und Männern unterzeichnet worden, die viel riskieren“, erklärte der deutsche Diplomat. Libyen stehe am Beginn einer schweren Reise. Er rief alle Konfliktparteien zu einem nationalen Sicherheitsdialog auf, um die Gewalt zu beenden.
Neuer Ministerpräsident ist Kompromisskandidat
Neuer Ministerpräsident soll der 55 Jahre alte Fajis al-Sarradsch werden, der als Kompromisskandidat gilt. Außerdem wird ein zehnköpfiger Präsidentschaftsrat gegründet, dem Vertreter unterschiedlicher Gruppen und Regionen angehören. Es ist unklar, ob die Unterzeichner des Abkommens ausreichend Macht besitzen, um den Friedensplan auch tatsächlich durchsetzen zu können. Widerstand gibt es aus beiden Parlamenten. Auch der Befehlshaber der libyschen Armee, Chalifa Haftar, erklärte am Mittwochabend nach einem Treffen mit Kobler, er stimme mit dem Dokument nicht völlig überein, wie der arabische Nachrichtenkanal Al-Arabija berichtete.
Die internationale Gemeinschaft hatte am Wochenende bei einem Treffen in Rom den Druck auf die libyschen Parteien erhöht. Sie befürchtet einen weiteren Vormarsch der Extremisten. Die Unterstützer des Friedensplanes rangen bis zur letzten Sekunde um wichtige Posten. Die zunächst für Mittwoch vorgesehene Unterzeichnung des Dokuments wurde auch am Donnerstag noch einmal für mehrere Stunden verschoben. „Es gibt noch Arbeit, aber es ist ein optimaler Beginn“, schrieb Italiens Regierungschef Renzi auf Twitter. Italiens Außenminister Paolo Gentiloni sprach von einem „ersten Schritt voll Hoffnung“. (dpa)