Innovationen gegen dicke Stadt-Luft
Mit knapp 130 Millionen Euro fördert Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer in fünf Modellstädten innovative Projekte für den öffentlichen Personennahverkehr. Ein-Euro-Tickets und neue Bus-Konzepte sollen auch für sauberere Luft sorgen.
Nahverkehr

Innovationen gegen dicke Stadt-Luft

Mit knapp 130 Millionen Euro fördert Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer in fünf Modellstädten innovative Projekte für den öffentlichen Personennahverkehr. Ein-Euro-Tickets und neue Bus-Konzepte sollen auch für sauberere Luft sorgen.

Schnupper-Tickets für 365 Euro im Jahr, zusätzliche Haltestellen, extra Busspuren vorbei am Stau: Im Kampf gegen Abgase in deutschen Städten will der Bund auch neue Ideen für einen attraktiveren Nahverkehr voranbringen, damit mehr Autofahrer auf Busse und Bahnen umsteigen.

Fünf „Modellstädte” bekommen dafür bis 2020 insgesamt bis zu 130 Millionen Euro Förderung, wie Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) erklärten. „Damit fördern wir Maßnahmen von der Schaffung neuer Buslinien und Haltestellen bis hin zu einem 1-Euro-Ticket”, sagt Scheuer. Das setze wichtige Anreize, das Auto auch mal stehen zu lassen. Schlagen die Projekte ein, könnten sie dann auch Vorbild für andere Kommunen sein, so Scheuer.

Nur ein gut ausgebauter und preislich attraktiver öffentlicher Personennahverkehr kann überzeugen.

Andreas Scheuer (CSU), Bundesverkehrsminister

Bonn und Essen in Nordrhein-Westfalen sowie Mannheim, Reutlingen und Herrenberg in Baden-Württemberg sollen nun möglichst schnell mit ihren Vorhaben starten. „Nur, wenn wir für saubere Luft sorgen, können wir auch Fahrverbote vermeiden”, erklärt Schulze. Anders als die SPD-Ministerin hält Verkehrsminister Scheuer weiterhin überhaupt nichts von Fahrverboten: „Wir unterstützen die Städte dabei, den öffentlichen Personennahverkehr noch attraktiver und die Luftqualität in den Innenstädten zu verbessern.” In den fünf Modellstädten leben zusammen rund 1,3 Millionen Menschen und Zehntausende weitere im jeweiligen Umland, die profitieren sollen.

Ein-Euro-Tickets und Fahrradstraßen

Konkret plant zum Beispiel die Stadt Bonn als Schnupperangebot für Neukunden ein Jahresticket für das Stadtgebiet zum Preis von 365 Euro – also einen Euro für den Nahverkehr pro Tag. Tagestickets soll es für fünf Personen zum Preis für eine Person geben. Am Wochenende und bis in den späteren Abend hinein sollen Hauptlinien in engerer Taktung fahren. Für Firmen sollen die Hürden für Jobtickets gesenkt werden. Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan (CDU) verspricht sich dadurch erheblich mehr Fahrgäste und will Pendler aus den Pkws locken.

Wir unterstützen die Modellstädte dabei, den öffentlichen Personennahverkehr noch attraktiver und die Luftqualität in den Innenstädten zu verbessern.

Andreas Scheuer

In der Ruhrgebietsstadt Essen ist der öffentliche Nahverkehr bisher eine „Achillesferse”, wie Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) sagt. Nun sollen Verbesserungen angeschoben werden − mit mehr Bussen und Fahrern. Auf wichtigen Linien sollen Fahrgäste während der Hauptzeiten alle fünf statt alle zehn Minuten einsteigen können. Eine Prämie soll Neukunden ein 24-Monats-Abo schmackhaft machen. Geplant sind auch Fahrradstraßen.

Digitale Leitsysteme gegen „Stop and Go“

Mannheim setzt nach Worten von Bürgermeister Christian Specht (CDU) auf eine Handy-App, mit der man einfach einsteigen kann, ohne sich um „Preiswaben” kümmern zu müssen. Berechnet werde nur die günstigere Entfernung nach Luftlinie. Buslinien zu großen Firmen sollen weniger Umwege fahren. Ein wichtiges Element ist auch ein neuer Umschlagplatz für Güter − vom Diesel-Lkw auf Elektrotransporter in die City.

In Reutlingen sollen 100 neue Bushaltestellen und 10 neue Linien eingerichtet werden − ein „Quantensprung”, wie die Erste Bürgermeisterin Ulrike Hotz sagt. Auf einer früheren Bahntrasse soll ein Radschnellweg entstehen. Die Stadt Herrenberg will den Preis fürs Tagesticket von 7 auf 3 Euro senken. Auf zentralen Achsen sollen digitale Leitsysteme das zulässige Tempo auf Geschwindigkeiten zwischen 20 und 40 Kilometer pro Stunde herunterregeln. So soll es weniger „Stop and Go” geben, wie der Baubürgermeister Tobias Meigel erläutert. Im Sommer 2019 wird es eine erste Zwischenbilanz der Projekte geben.