Das Rathaus im schwäbischen Neu-Ulm. Die Stadt will ihren Landkreis verlassen und - wie einst - wieder kreisfrei werden. (Archivbild: Stadt Neu-Ulm)
Städte

Neu-Ulm will kreisfrei werden

Nuxit - so hört sich das an, wenn in Bayern plötzlich eine neue kreisfreie Stadt entsteht. Neu-Ulm, das bis 1972 bereits kreisfrei war, will wieder eigenständig werden. Voraussichtlich in drei Jahren könnte die Stadt aus dem Kreis Neu-Ulm austreten.

Vor 45 Jahren legte der Freistaat fest, dass es nur noch 25 kreisfreie Städte in Bayern geben soll. Nun steht die 26. kreisfreie Stadt in den Startlöchern. Neu-Ulm, das bis 1972 bereits kreisfrei war, will wieder eigenständig werden.

37 zu 7 Stimmen

Als erste Stadt in Bayern seit der Gebietsreform vor 45 Jahren strebt Neu-Ulm den Austritt aus seinem Landkreis an. Der Neu-Ulmer Stadtrat beschloss am Mittwochabend mit 37 zu 7 Stimmen, einen entsprechenden Antrag an das Innenministerium in München auszuarbeiten. Der Beschluss gilt als Richtungsentscheidung für eine Kreisfreiheit der rund 60.000 Einwohner großen Stadt. Voraussichtlich aber erst in drei Jahren könnte Neu-Ulm aus dem gleichnamigen Landkreis austreten.

Staatsregierung muss zustimmen

Oberbürgermeister Gerold Noerenberg (CSU) sagte, dass wohl Anfang 2018 der Stadtrat dann über den konkreten Antrag abstimmen werde. Ob die Stadt tatsächlich den Landkreis verlassen darf, müssen dann die Staatsregierung und der Landtag beschließen. Es wird allerdings erwartet, dass der Freistaat der schwäbischen Kommune die Selbstständigkeit ermöglicht.

Neu-Ulm ist die erste und bislang auch einzige Stadt Bayerns, die die gesetzlichen Voraussetzung zum Austritt aus einem Kreis erfüllt. Nach der bayerischen Gemeindeordnung muss eine Stadt dafür mindestens 50.000 Einwohner haben. Seit Ende 2016 wird in Neu-Ulm über das Thema diskutiert. In Anlehnung an den britischen EU-Austritt „Brexit“ und das Neu-Ulmer Autokennzeichen „NU“ ist in Schwaben vom „Nuxit“ die Rede. Die schwäbische Kommune wäre die 26. kreisfreie Stadt Bayerns.

Es gibt kreisfreie Städte, die sind rund ein Drittel kleiner als wir – und schaffen es auch.

Oberbürgermeister Gerold Noerenberg (CSU)

Die Stadtverwaltung hatte eine Kosten-Nutzen-Analyse zu dem Thema erstellt. OB Noerenberg warb noch einmal dafür, dass Stadt und Landkreis künftig getrennte Wege gehen. Die zusätzlichen Aufgaben könne Neu-Ulm stemmen. „Es gibt kreisfreie Städte, die sind rund ein Drittel kleiner als wir – und schaffen es auch.“ Zudem sei Neu-Ulm bis zur Gebietsreform 1972 bereits kreisfrei gewesen.

Noerenberg verwies auch auf die stark steigende Einwohnerzahl und die Zusammenarbeit mit der Großstadt Ulm in Baden-Württemberg auf der anderen Donauseite. Gemeinsam seien die zwei Schwesterstädte ein landesübergreifendes Oberzentrum. Ein Eigeninteresse daran, künftig Rathauschef in einer kreisfreien Stadt zu sein, wies er zurück: „Ich krieg nicht mehr Geld, ich krieg keinen größeren Dienstwagen.“

Kreis verliert ein Drittel der Einwohner

Auch im Landratsamt wird inzwischen damit gerechnet, dass der Landkreis seine Kreisstadt und somit fast ein Drittel seiner Einwohner verlieren wird. Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) betonte im Vorfeld der Stadtratssitzung, dass seine Behörde dann aus Neu-Ulm wegziehen werde und der Kreis einen neuen Namen bräuchte. Neu-Ulm wäre nach einem Kreisaustritt nicht mehr das Zentrum des Landkreises, meinte Freudenberger. „Verwaltungen sollten bei ihren Bürgern sein.“

Eine Herkulesaufgabe

Er ließ offen, wohin das Landratsamt umziehen und wie der Kreis künftig heißen könnte. Senden wäre als zweitgrößte Stadt im Landkreis ein denkbarer Kandidat. Die Stadt Illertissen wiederum war bis 1972 Sitz eines eigenen Landkreises und hat bereits eine Außenstelle des Landratsamtes. Die Stadt Neu-Ulm und der Landkreis Neu-Ulm wollen nun Gespräche darüber führen, wie die Entflechtung von Stadt und Kreis umgesetzt werden kann. Dies sei nach mehr als 40 gemeinsamen Jahren eine „Herkulesaufgabe“, sagte Freudenberger. Bis auf Vereinsebene gebe es enge Verbindungen.

(dpa)