Erdogan verklagt die Welt

Andreas von Delhaes-Guenther - 10. Mai 2016

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat eine einstweilige Verfügung gegen Springer-Chef Mathias Döpfner beantragt. Es gehe dabei um dessen Unterstützung für das Schmähgedicht von Jan Böhmermann, sagte Erdogans Medienanwalt Ralf Höcker der Deutschen Presse-Agentur. Das Landgericht Köln habe allerdings schon angedeutet, dass es der einstweiligen Verfügung eher nicht stattgeben werde. Wenn die Verfügung nicht erlassen werden sollte, werde er Erdogan empfehlen, in die zweite Instanz zu gehen, sagte Höcker. Döpfner hatte in der Debatte um das Erdogan-Gedicht von Böhmermann in einem offenen Brief Partei für den Satiriker ergriffen. „Ich finde Ihr Gedicht gelungen. Ich habe laut gelacht“, schrieb der Vorstandsvorsitzende des Medienhauses („Bild“, „WeltN24“) in der „Welt am Sonntag“. In einem Postskriptum fügte er hinzu: „Ich möchte mich, Herr Böhmermann, vorsichtshalber allen Ihren Formulierungen und Schmähungen inhaltlich voll und ganz anschließen und sie mir in jeder juristischen Form zu eigen machen.“ Erdogan-Anwalt Höcker sagte, einer einstweiligen Verfügung gegen den Filmregisseur Uwe Boll („Alone in the Dark“) habe das Gericht schon vollumfänglich stattgegeben. Boll darf demnach beispielsweise nicht mehr sagen, dass Erdogan ein „grenzdebiler kleiner Schwachmat“ sei. Zur Rechtfertigung der Unterlassungsklagen sagte Höcker: „Es ist wie bei einer Massenvergewaltigung: Wenn einer anfängt, kriechen alle aus den Löchern und machen mit. Vor allem, wenn es das Opfer angeblich nicht besser verdient hat. Herr Erdogan ist ein Mensch, und die Menschenwürde ist unantastbar.“ (dpa)

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