Stiftehersteller fahren Sonderschichten
Wegen des derzeitigen Ausmaltrends unter Erwachsenen fahren die bekannten fränkischen Stiftehersteller Sonderschichten. Der Aufschwung kommt für die Branche recht unverhofft: Eigentlich beschäftigt sie sich seit Jahren mit den Herausforderungen der zunehmenden Digitalisierung. Gerade jene führt eher dazu, dass immer weniger Menschen mit der Hand schreiben und Stifte benötigen.
Ausmaltrend

Stiftehersteller fahren Sonderschichten

Wegen des derzeitigen Ausmaltrends unter Erwachsenen fahren die bekannten fränkischen Stiftehersteller Sonderschichten. Der Aufschwung kommt für die Branche recht unverhofft: Eigentlich beschäftigt sie sich seit Jahren mit den Herausforderungen der zunehmenden Digitalisierung. Gerade jene führt eher dazu, dass immer weniger Menschen mit der Hand schreiben und Stifte benötigen.

Das Nürnberger Unternehmen Staedtler produziere momentan im Drei-Schicht-System rund um die Uhr sechs Tage die Woche, sagte eine Sprecherin des mittelfränkischen Unternehmens gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Wir haben auch schon Pläne, die Produktion auszuweiten. Derzeit sind wir am Limit“, so die Unternehmenssprecherin weiter. Den gestiegenen Bedarf auch weiterhin decken zu können, sei daher eine „kleine Herausforderung“.

Im rund zehn Kilometer entfernten Heroldsberg setzt derzeit auch Stabilo-Schwan auf Sonderschichten. Der mittelfränkische Hersteller verzeichne „durch den weltweiten Megatrend Malen“ ein zweistelliges Umsatzwachstum bei Bunt- und Fasermalern. „Die Sonderschichten laufen im Rahmen unserer flexiblen Arbeitszeitmodelle“, erklärte eine Sprecherin des Unternehmens. Da man das Thema „Creative Coloring“ bereits frühzeitig als Trend erkannt habe, habe man nun aber Freiräume bei der Planung, freut sich das Unternehmen.

Ausweitung der Produktion

Ebenfalls vor den Toren Nürnbergs, in Stein im Landkreis Fürth, werden auch beim Traditionsschreibwarenhersteller Faber-Castell mehr Schichten als üblich gefahren. „Gegenüber dem Vorjahr konnten wir unsere Kapazitäten aufgrund der weltweit hohen Nachfrage nach Künstler-Buntstiften signifikant steigern“, betonte auch dort eine Unternehmenssprecherin. Den „Buntstift-Ansturm“ könne man aber dank maximaler Flexibilität in der Fertigung gut abfedern, gibt auch dort das Unternehmen Entwarnung: Zu Lieferengpässen soll es laut dem Traditionsbetrieb nicht kommen, „auch wenn es bei dem ein oder anderen ausgewählten Produkt in der gesamten Lieferkette durchaus eng werden kann“.

Bei Lyra in Nürnberg wird der „Run“ auf die Stifte vor allem mit Doppelschichten und Samstagsarbeit abgefedert. Mit Investitionen in den Maschinenpark und einer Aufstockung des Personals weite man die Produktion derzeit auch aus, so ein dortiger Sprecher.

Wer hätte das gedacht

Der derzeitige Boom kommt für die Branche relativ unerwartet. Sie hatte zuletzt mit den Auswirkungen der Digitalisierung zu kämpfen: Immer weniger Menschen schreiben per Hand und brauchen demzufolge Stifte. Oder vielleicht doch nicht? Malen nach Zahlen, Mandala-Malen, Malbücher – der Trend zum Ausmalen gilt dieses Jahr als farbenfroher Protest gegen Selbstoptimierung und Smartphone-Stress. Star der gegenwärtigen Ausmal-Szene ist die schottische Illustratorin Johanna Basford.

Die in Schottland geborene britische Designerin studierte Textildesign am „Duncan of Jordanstone College of Art and Design“ der University of Dundee und schloss 2005 das Studium mit einem Portfolio aus monochromen Seidendrucken und Zeichnungen ab. 2013 brachte sie das Malbuch für Erwachsene „Secret garden: an inky treasure hunt and coloring book“ heraus. Das Buch verkaufte sich auf dem englischsprachigen Markt bis Mitte 2015 rund 1,4 Millionen Mal. Im Jahr 2015 folgte das weitere Malbuch „Enchanted Forest“. Basfords Bücher werden als Anti-Stress-Produkte gekauft und entsprechend beworben.

(dpa)