Seit meinem Amtsantritt im Februar 2014 sind Fragen rund um das Thema „Pflege“ ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit. In unzähligen Veranstaltungen und Gesprächen haben mir pflegende Angehörige ihre Situation geschildert. Dabei konnte ich unmittelbar erfahren, wie einfühlsam und aufopferungsvoll sie mit ihren pflegebedürftigen Eltern und Geschwistern, oftmals auch Kindern umgehen. Die Erfahrung aus meiner Arbeit bestätigt aber auch, dass sich pflegende Angehörige oft an der Grenze ihrer Kraft und Belastbarkeit befinden.
Von den rund zwei Millionen Pflegebedürftigen, die heute zuhause gepflegt werden, werden rund 65 Prozent ausschließlich von Angehörigen betreut. Aber auch bei den restlichen 35 Prozent sind neben den professionellen Pflegekräften meist noch Angehörige als Pflegende gefordert. Die Angehörigen übernehmen also heute noch den größten Teil aller Pflegeleistungen. Dabei sind zwei Drittel der Pflegenden Frauen.
Zahl der Pflegbedürftigen wird sich bis 2050 verdoppeln
Pflegende Angehörige ermöglichen es, dass der Wunsch von vielen Pflegebedürftigen, trotz Krankheit, Behinderung oder altersbedingten gesundheitlichen Einschränkungen so lange wie möglich in der vertrauten Umgebung leben zu können, auch tatsächlich erfüllt werden kann.
Aufgrund des demografischen Wandels wird sich die Situation in der Pflege jedoch drastisch verändern: Die Zahl der Pflegebedürftigen wird sich von heute 2,4 Millionen bis zum Jahr 2050 nahezu verdoppeln. Gleichzeitig ändern sich die familiären Situationen: Immer weniger Kinder wohnen in der Nähe ihrer Eltern und immer öfter sind alle Familienmitglieder berufstätig.
Deshalb halte ich es für zwingend notwendig, einen Blick auf die Situation der jetzt pflegenden Angehörigen zu legen. Sie leisten mit ihrem Engagement einen herausragenden Beitrag für unsere Gesellschaft, der viel zu selten gesehen und gewürdigt wird. Damit der Gesellschaft dieses wertvolle Engagement und Potenzial auch in Zukunft zur Verfügung steht, ist es wichtig, pflegende Angehörige zu fördern und deren Bedürfnisse noch stärker zu berücksichtigen.
Bisher nutzen nur wenige die Unterstützungsangebote
Die Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) unter 1000 pflegenden Angehörigen im Rahmen des Pflege-Reports 2016 zeigt auf, dass die meisten pflegenden Angehörigen die zusätzlichen Unterstützungsangebote der gesetzlichen Pflegeversicherung kennen. Genutzt werden sie aber nur von einer Minderheit. Gleichzeitig sagt jeder vierte Pflegehaushalt, der weder ambulanten Pflegedienst noch Tagespflege oder Kurz- und Verhinderungspflege in Anspruch nimmt, dass er genau diese Leistungen eigentlich benötigte.
Hier setzt der Bayerische Tag der pflegenden Angehörigen an:
- Ich möchte mit den Betroffenen ihre Situation erörtern, ihnen Gelegenheit geben, direkt ihre Kritik, ihre Wünsche und Forderungen zu äußern.
- Ich möchte erfahren, welche Erleichterungen arbeitende Frauen benötigen, damit die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Pflege besser gelingt: Brauchen sie flexiblere Arbeitszeiten? Was kann der Arbeitgeber tun?
- Ich möchte erfahren, warum Kurz- und Verhinderungspflege nicht öfters in Anspruch genommen wird: Ist hier der Bürokratieaufwand zu hoch? Gibt es zu wenige örtliche Angebote? Hat man kein Vertrauen in die professionelle Pflege?
- Ich möchte erfahren, welche Probleme pflegende Angehörige haben, wenn sie das erste Mal mit einem Pflegefall konfrontiert sind: Helfen ihnen die derzeitigen Beratungsangebote? Welche Unterstützung benötigen Sie bei der Bewältigung der Bürokratie?
- Ich möchte erfahren, welche Unterstützung pflegende Angehörige in der häuslichen Umgebung für sinnvoll halten: Wie stehen sie zu digitalen und technischen Hilfsmitteln?
- Ich möchte erfahren, wie die Pflegesituation von pflegenden Eltern mit kranken Kindern ist: Helfen ihnen die derzeit angebotenen Möglichkeiten, wie die Gewährung eines zinslosen Darlehens? Benötigen sie spezielle Beratungsstellen?
- Ich möchte erfahren, welche Angebote pflegende Angehörige sich für sich selbst wünschen: Möchten sie einen gegenseitigen Informationsaustausch? Welche Art von „Auszeit“ können sie sich vorstellen?
Interessenvertreter der Patienten und ihrer Angehörigen
Als Patienten- und Pflegebeauftragter der Bayerischen Staatsregierung sehe ich mich als Interessenvertreter aller Patienten und Pflegebedürftigen. Die Diskussion über Entlastungs- und Unterstützungsangebote ist für mich Grundlage für weitere Initiativen, um die schwierige Lebenssituation von pflegenden Angehörigen zu verbessern.
Ich bin der Schirmherrin, Frau Landtagspräsidentin Barbara Stamm, sehr dankbar, dass sie mir Räumlichkeiten im Bayerischen Landtag zur Verfügung gestellt hat. Zu dieser Veranstaltung möchte ich alle pflegenden Angehörigen in Bayern einladen.
Hier das Faltblatt zum Tag der pflegenden Angehörigen am 8. September: Flyer_Tag-der-pflegenden-Angehörigen
Externe Links: Nähere Informationen sind hier erhältlich. Anmeldung ist hier möglich.