Die Ölförderung war zuletzt kein großes Geschäft mehr. Sogar die Multis in Saudi-Arabien leiden unter dem weltweiten Preiskampf, den sie selbst angezettelt haben. Bild: Imago/Mint Images
Billiges Öl

Saudis geht die Puste aus

Der Preis für ein Fass Rohöl ist am Dienstag um gut einen US-Dollar gestiegen. Für die Erdöl exportierenden Länder ist das nur ein schwacher Trost. Wollen sie wieder gute Geschäfte machen, müsste sich der Preis verdoppeln. Unter dem billigen Öl leiden mittlerweile sogar die Saudis, die Zugeständnisse in Aussicht stellen.

Vor zwei Jahren kostete das Barrel Öl noch weit mehr als 100 US-Dollar. Mittlerweile dümpelt der Preis bei knapp über 40 Dollar. Hätten Mario Draghi und seine Europäische Zentralbank mit ihrer fragwürdigen Geldpolitik den Euro nicht auf Talfahrt geschickt, wäre das Benzin auch in Deutschland an den Zapfsäulen noch viel günstiger zu haben.

Wir wussten, dass es schmerzhaft sein wird, aber das Ausmaß des Schmerzes übersteigt unsere Erwartungen

Khalid al-Falih, Chef des staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco

Weit größer als die Sorgen deutscher Autofahrer sind derzeit aber die der Länder, in denen das schwarze Gold aus dem Boden sprudelt. Sogar Saudi-Arabien, das im vergangenen Jahr den weltweiten Preiskrieg befeuert hatte, geht schön langsam die Puste aus: „Wir wussten, dass es schmerzhaft sein wird, aber das Ausmaß des Schmerzes übersteigt unsere Erwartungen“, sagte Anfang November der Chef des staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco, Khalid al-Falih, der Financial Times. Die Saudis hatten bekanntlich im November vergangenen Jahres die weltweit sinkende Nachfrage nach Öl ignoriert und die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) dazu gedrängt, die Ölhähne weit offen zu lassen. Die Staaten einigten sich darauf, an ihrer Fördermenge festzuhalten, täglich wurden weiterhin 30 Millionen Barrel Öl aus dem Boden gepumpt. Damals kostet das Fass noch rund 60 US-Dollar.

Kampf dem Fracking

Ein Jahr später ist das Öl noch einmal um knapp 20 US-Dollar günstiger, und zumindest Anfang dieses Monat sah der Chef des saudischen Staatskonzerns noch keine Veranlassung, seinen Kurs zu ändern: „Das einzig Richtige ist jetzt, den Markt seine Arbeit machen zu lassen“, sagte er im Gespräch mit der Zeitung. Bekanntlich wollen die Araber vor allem die Amerikaner ausstechen, die sich mit dem in Deutschland umstrittenen Fracking von Ölimporten unabhängig gemacht haben. Diese Schieferöl-Förderungen sind aber sehr aufwändig und kosten mehr Geld als die klassische Förderung aus den Ölquellen. Der Plan schien aufzugehen: Wegen des Preisverfalls wurde in der ersten Jahreshälfte in den USA bereits die Hälfte der Schiefer-Ölbohrungen aufgegeben. In den drei Jahren davor war die Produktion noch rasant gestiegen. Auch die anderen Ölförderländer leiden immens unter der saudischen Preispolitik – allen voran Russland und das arme Venezuela.

100 US-Dollar wurden als Garantie für ein risikoloses Investment angesehen. Diese Sicherheit, die von Saudi-Arabien kostenlos ausgestellt wurde, gibt es jetzt nicht mehr.

Khalid al-Falih

Doch Saudi-Arabien zeigte sich zuletzt unerbittlich. Das Land sah zu viele Wettbewerber auf dem Markt und wollte ihn ausdünnen: „100 US-Dollar wurden als Garantie für ein risikoloses Investment angesehen“, sagte Khalid al-Falih der Financial Times und machte klar: „Diese Sicherheit, die von Saudi-Arabien kostenlos ausgestellt wurde, gibt es jetzt nicht mehr.“ In dem Haifischbecken Öl müssten sich nun alle beweisen.

Fährt Saudi-Arabien die Öl-Förderung nun doch zurück?

Angesichts des immer dramatischer fallenden Preises kamen Anfang dieser Woche leisere Töne aus Saudi-Arabien. Die Nachrichtenagentur Saudi Press Agency (SPA) berichtete, dass das Land bereit sei, mit allen Förder- und Exportländern zur Stabilisierung der Ölpreise zusammenzuarbeiten. Die Preise machten sogleich einen Satz nach oben, nachdem sie zuvor noch der starke US-Dollar und das hohe Öl-Angebot auf dem Weltmarkt auf Talfahrt geschickt hatten. Sofort wurde darüber spekuliert, dass Saudi-Arabien seine Förderung nun doch zurückfahren könnte.

Die Geldreserven schwinden

Das geschähe nicht ganz uneigennützig. Auch Saudi-Arabien verdient längst nicht mehr genug mit dem Öl und muss seine Reserven angreifen, um die Löcher im Haushalt zu stopfen. Der Staat leistet sich einiges: 20 Milliarden Dollar kostet zum Beispiel eine neue Metro, die in Riad gebaut wird, weitere 100 Milliarden „King Abdullah Economic City“, die in dem Wüstenstaat entstehen und einmal zwei Millionen Menschen Platz bieten soll. Saudi-Arabien will außerdem Satelliten für eine bessere Internetanbindung der Region ins Weltall schießen. Bei dem aktuellen Ölpreis wird das alles schwierig. Die Zeitung „Die Welt“ rechnete in diesen Tagen vor, dass sich die Ausgaben der Clans in dem Land seit 2002 auf rund 90 Milliarden Dollar annähernd verfünffacht haben. Zu den gigantischen Bauvorhaben kommen soziale Wohltaten, die das Volk bei Laune halten sollen, und ein riesiger Beamtenapparat. Noch sind die Geldspeicher prall gefüllt, die Reserven schmelzen aber dahin: laut des Berichts zuletzt um 75 Milliarden auf 656 Milliarden Dollar. Zudem plane die Herrscherfamilie, erstmals Staatsanleihen herauszugeben.