Sie freuen sich auf eine bessere Zukunft: Mit dem Ende der Wirtschaftssanktionen dürfte auch der Wohlstand im Iran wachsen. Bild: Imago
Vbw-Repräsentanz

Bayern ergreift Chancen im Iran

Wer zu spät kommt, den bestraft nicht nur das Leben, sondern auch die Wirtschaft: Darum streckt Bayern frühzeitig seine Fühler in den Iran aus und eröffnet eine Repräsentanz in Teheran. Dank der Einigung der Weltgemeinschaft mit dem Land im Atomstreit steht das Ende der Sanktionen bevor. Es öffnet sich ein riesiger Markt.

Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) und das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw) werden am 1. November die gemeinsame Repräsentanz in Teheran eröffnen, und auch Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner wird dabei sein: Sie will vom 1. bis 3. November mit einer bayerischen Wirtschaftsdelegation in das Land reisen. Wesentliches Ziel sei es, politisch den Unternehmen aus Bayern den Rücken zu stärken, Flagge zu zeigen, Gesprächsfäden wieder aufzunehmen und möglichst viele Erstkontakte zu knüpfen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Der Freistaat könne für den Iran vor allem Partner beim Ausbau der Infrastruktur und bei Themen der Bildung sein.

Die Öffnung des Iran bietet uns große Chancen

Ilse Aigner

„Die Öffnung des Iran bietet uns große Chancen“, sagt Ilse Aigner. Die vbw-Repräsentanz werde dazu beitragen, Potentiale für die bayerische Wirtschaft zu heben. Vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt sieht das genauso: „Der Iran ist die Herzkammer eines Wirtschaftsraums, der über die Grenzen hinweg 400 Millionen Menschen umfasst.“ Der vbw-Chef rechnet damit, dass die Potentiale für einen wirtschaftlichen Austausch mit dem Iran immens sind und die Handelsbeziehungen nach der erhofften Aufhebung der Sanktionen zum Frühjahr 2016 rasant Fahrt aufnehmen.

Privatanteil der Wirtschaft soll spürbar erhöht werden

Zum Nachteil gereichen dem Land natürlich die teilweise steinzeitlich anmutenden, streng islamischen Gesetze, die Diskriminierung der Frauen und die harte Hand des alles kontrollierenden Mullah-Regimes. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes liegt die Wirtschaft des Iran derzeit zu geschätzten 80 Prozent in Händen des Staates und religiöser Stiftungen. Die iranische Regierung sei jedoch bestrebt, „den privaten Anteil spürbar zu erhöhen“. Das Bruttoinlandsprodukt des Landes lag Schätzungen zufolge im vergangenen Jahr bei rund 407 Milliarden US-Dollar. Es war 2012 und 2013 um 6,6 beziehungsweise 1,9 Prozent zurückgegangen. 2014 zog die Konjunktur laut offiziellen Verlautbarungen im Iran erstmals wieder um drei Prozent an. Zum Vergleich: In Deutschland lag des Bruttoinlandsprodukt 2013 bei 3,73 Billionen US-Dollar. Die Exporte des Iran sanken 2014 auf 86,5 Milliarden US-Dollar (Vorjahr 93,1 Milliarden US-Dollar), die Importe stiegen dagegen von 61,2 auf 65,1 Milliarden US-Dollar. Der bedeutendste Wirtschaftszweig der Islamischen Republik ist der Öl- und Gassektor, der 2014 mehr als 50 Prozent der Exporterlöse ausmachte. Die EU importiert bekanntlich seit Juli 2012 kein iranisches Öl mehr. Dafür gibt es andere Abnehmer: Seit einer ersten Lockerung der Sanktionen Ende 2013 sind die Erdöl-Exporte des Landes nach Asien um 20 Prozent auf 1,1 Milliarden Barrel pro Tag gestiegen. Wichtigste Kunden sind dabei China, Indien, Japan und Südkorea.

Deutsche Exporte in den Iran um 30 Prozent gestiegen

Die deutsch-iranischen Handelsbeziehungen waren laut Auswärtigem Amt seit 2007 kontinuierlich abgeflaut, 2014 ging es wieder aufwärts: Demnach lieferte Deutschland im vergangenen Jahr Waren im Wert von 2,391 Milliarden Euro in den Iran (+30 Prozent), im Gegenzug exportierte die Islamische Republik Waren im Wert von 295 Millionen Euro (+8 Prozent) in die Bundesrepublik. Wichtigste Warengruppen, die Deutschland aus dem Land bezieht, waren zuletzt Erzeugnisse der Landwirtschaft und Jagd, Nahrungs-und Futtermittel, sowie Textilien und pharmazeutische Erzeugnisse. Der Iran importierte aus Deutschland vor allem (erlaubte) Maschinen.

Ausbau der erneuerbaren Energien geplant

Eine sehr wichtige Rolle spielt im Iran derzeit vor allem die Umweltpolitik. Das Land leidet unter starker Luftverschmutzung und Wassermangel. Deutschland fördert bereits Projekte der „German Water Partnership“, die eine effizientere Wasserwirtschaft im Iran unterstützt. Mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien will sich das Land außerdem unabhängiger von fossilen Energieträgern machen. Staatlich geförderte Projekte und Produktionsstätten für Windkraft und Solarenergie sollen für iranische aber auch ausländische Unternehmen Investitionsanreize sein, heißt es. Das hat auch der Freistaat erkannt und ist ab November vor Ort: „Wir haben es jetzt gemeinsam in der Hand, ein neues Kapitel der iranisch-bayerischen Beziehungen aufzuschlagen und uns damit erfolgreich im internationalen Wettbewerb zu positionieren“, so vbw-Chef Brossardt.