Bis hierher und nicht weiter: Eine Adidas-Werbekampagne mit dem deutschen Nationaltorhüter Manuel Neuer. Bild: adidas
FIFA-Skandal

Adidas soll aufräumen

Nicht nur Fußballfans sind von der chronisch korrupten FIFA angewidert. Auch einige adidas-Aktionäre fordern ein Ende der Zusammenarbeit mit dem skandalträchtigen Weltfußballverband. Bisher spricht es keiner aus, aber: Der Ansehensverlust der FIFA könnte sich auch irgendwann auf das Ansehen von Topsponsor adidas niederschlagen.

Seit 45 Jahren sind adidas und die FIFA eng miteinander verbunden, manche sagen, viel zu eng. SZ-Journalist Thomas Kistner räumte der Firma in seinem Buch „FIFA MAFIA“ (Droemer Verlag, 2012) mehrere Kapitel ein. Über den einstigen Firmenchef Horst Dassler, der 1987 starb, heißt es da, er sei der gewesen, der den Sport in „die Niederungen der Geschäftskultur“ herunterholte und „der Maßgebliche, der für dieses Geschäft sämtliche Kontrollmechanismen außer Kraft setzte“. Dassler habe versucht, „die Kontrolle über ganze Verbände zu gewinnen“, indem er „die alten Spitzenleute demontierte und die neuen Bosse selbst ins Amt bugsierte“. Unter den Dassler-Getreuen waren laut Kistner der ehemalige IOC-Chef Juan Antonio Samaranch, der ehemalige FIFA-Boss Joao Havelange sowie der heutige IOC-Chef Thomas Bach (dieser war 1985 adidas-Direktor für Internationale Promotion) und Noch-FIFA-Boss Sepp Blatter gewesen. Blatter selbst habe zu seinem Verhältnis zu Dassler gesagt: „Er brachte mir die Feinheiten der Sportpolitik bei – eine sehr gute Lehre für mich.“ Und Dassler habe Einfluss auf FIFA-Wahlen genommen, auch darüber berichtet der renommierte Sportjournalist. Weiter zitierte Kistner aus einer britischen Untersuchung zur internationalen Sportpolitik von 1983 den damaligen Sportminister Denis Howell, der rügte, dass „die multinationale adidas-Gruppe mit den kommerziellen und organisatorischen Angelegenheiten des Weltsports einzigartig verquickt“ sei. Man war „beunruhigt über die enge Verbindung von Herrn Dassler und adidas mit der FIFA und dem IOC“. Alles diente laut Kistner letztlich dem Zweck, dass die Breitensportler den in adidas gekleideten Sportstars folgten und die Sportartikel der Firma kauften.

Heute gelten andere Regeln bei adidas

Die adidas Gruppe von heute sei nicht mit der Zeit Horst Dasslers vergleichbar, so die Antwort der Firma auf Nachfrage des Bayernkurier. „Die Ära Horst Dassler ist Teil unserer Geschichte, aber heute gelten andere Regeln“, so Katja Schreiber, Leiterin Externe Kommunikation bei adidas. Zudem habe die von Horst Dassler gegründete ISL seit 1990 nichts mehr mit dem Unternehmen adidas zu tun. Die ISL war die einst weltgrößte Sportmarketing- und Sportrechtehandelsfirma, die laut einem Schweizer Urteil von 2010 in die Korruptionsfälle um Ex-FIFA-Boss Havelange und dessen Schwiegersohn Ricardo Teixeira sowie weiterer Funktionäre verwickelt war. Dabei ging es um rund 140 Millionen Schweizer Franken. FIFA-Präsident Sepp Blatter wusste ausweislich einer Einstellungsverfügung von 2012 von den Vorgängen und duldete sie. 2001 musste ISL Konkurs anmelden.

Aktionäre fordern: Adidas soll FIFA umgestalten

Jetzt soll der Sportartikelhersteller die Fifa zum Aufräumen zwingen – oder kündigen, fordern einige adidas-Aktionäre. Kritik gab es an der Rolle des Sportartikelkonzerns als einer der Top-Sponsoren der Fifa. „Adidas muss jetzt prüfen, ob der Fifa-Vertrag zu kündigen ist. So kann Druck für eine Neugestaltung der Fifa aufgebaut werden“, sagte Hans-Martin Buhlmann, Vorsitzender der Vereinigung Institutioneller Privatanleger (VIP), der Zeitung „Welt am Sonntag“. Die Firma könne „von seinen Beschäftigten nicht gesetzestreues Verhalten verlangen, wenn gleichzeitig Geschäftsbeziehungen zu einem Verband fortgesetzt werden, bei dem es offensichtlich Korruption gibt“. VIP-Chef Buhlmann vertrat heuer auf der Hauptversammlung von adidas nach eigenen Angaben knapp 3,2 Millionen Aktien im Marktwert von etwa 230 Millionen Euro und gehörte damit zu den größten Vertretern von Privataktionären. Die Marktkapitalisierung von adidas liegt insgesamt bei rund 15 Milliarden Euro. Die Fifa solle „nach den Vorgaben von adidas aufgestellt werden, wenn der Konzern sich selbst in diesem Punkt in einer Vorreiterrolle sieht“, forderte Buhlmann weiter. Dabei könnte adidas-Chef Herbert Hainer eine Schlüsselrolle übernehmen. Auch Buhlmann sagte, dass die wirtschaftlichen Wechselwirkungen zwischen der FIFA-WM-Lizenz und dem Geschäft für adidas zwar wichtig seien, doch müsse der Erfolg nachhaltig sein. Dafür wiederum sei regelgerechtes Verhalten Voraussetzung. Adidas gehört zu den fünf Top-Sponsoren der FIFA, was nach Schätzungen der „Welt“ jährlich 50 Millionen Euro kosten dürfte. Europas größter Sportartikelkonzern darf im Gegenzug WM-Kollektionen vermarkten und die Werbewirkung der Veranstaltungen nutzen. Detail am Rande: Für das Sponsorengeschäft beim Weltfußballverband ist der Ex-adidas-Manager Thierry Weil verantwortlich, der 2007 zur Fifa wechselte.

Auf die Anfrage des Bayernkurier erklärte die Firma adidas zur Lage der FIFA und den Wünschen der Aktionäre: „Wir begrüßen FIFAs Bekenntnis zu Veränderungen. Wie wir in der Vergangenheit bereits betont haben, verfolgt die adidas Gruppe höchste Standards, was ethisches Verhalten und Compliance angeht. Die Neuigkeiten der vergangenen Woche stellen einen Schritt in die richtige Richtung dar. FIFA muss diesen Weg nun weitergehen, transparente Compliance-Standards setzen und diese konsequent anwenden.“ Adidas hatte jüngst auch die Rücktrittsankündigung von Fifa-Chef Joseph Blatter als Schritt in die richtige Richtung begrüßt.

Umsatz gesteigert

Der Sportartikelproduzent erzielt nur im Fußballgeschäft rund zwei Milliarden Euro Umsatz. Insgesamt wuchs der Konzernumsatz im ersten Quartal 2015 auf währungsbereinigter Basis um 9 Prozent auf 4,083 Milliarden Euro. Verantwortlich hierfür waren vor allem ein zweistelliges Umsatzwachstum bei der Marke adidas sowie ein Umsatzanstieg im hohen einstelligen Bereich beim Tochterunternehmen Reebok. Auch Währungseffekte wirkten sich positiv auf die Umsatzerlöse in Euro aus.