Die Metall- und Elektroindustrie verzeichnet eine Rekordbeschäftigung. (Bild: Imago/Westend61)
Wirtschaft

Rekord bei Metall- und Elektroindustrie

Bayerns Metall- und Elektroindustrie geht es gut: Die meisten Unternehmen rechnen mit anhaltend gutem Geschäft und freuen sich über eine durchschnittliche Umsatzrendite von 3,5 Prozent. Die Branche beschäftigt so viele Arbeitnehmer wie seit über 20 Jahren nicht mehr: 825.000, Tendenz steigend. Hauptsorge sind hohe Lohnstückkosten, die die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts gefährden.

Zum Jahresende gute Nachrichten von den Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektroindustrie: Rekordbeschäftigung. Und so geht es auch weiter. Fast jeder zweite Betrieb will in der ersten Jahreshälfte 2017 zusätzliche Arbeitsplätze im Inland – also in Bayern – schaffen. Das hat jetzt die aktuelle Konjunkturumfrage der bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände – Bayerischer Unternehmensverband Metall und Elektro (bayme) und Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (vbm) – ergeben.

Zum Jahresende werden in unseren Unternehmen 825.000 Stammarbeitskräfte beschäftigt sein – 16.000 mehr als zum Jahresbeginn.

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer bayme und vbm

Zum Jahresende werden in den Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (M+E) 825.000 Stammarbeitskräfte beschäftigt sein, 16.000 mehr als zum Jahresbeginn, erläutert bayme- und vbm Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt: „Das ist der höchste Stand seit mehr als 24 Jahren.“ Tendenz steigend: Für 2017 erwartet Bayerns M+E Industrie wiederum ein Plus von 15.000 weiteren Arbeitsplätzen. Zum Jahresende 2017 wird darum mit einem Bestand von 840.000 Arbeitskräften gerechnet. Bayerns M+E Unternehmen beschäftigen 15,3 Prozent von insgesamt etwa 5,3 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Freistaat.

Der erwartete Beschäftigungsanstieg erstreckt sich auf alle Branchen der Metall- und Elektroindustrie. Den stärksten Anstieg erwartet wieder die Automobil- und Zulieferindustrie und besonders der sonstige Fahrzeugbau für den Luft- und Schienenverkehr. 60 Prozent der Unternehmen wollen auch an Auslandsstandorten bei der Beschäftigung zulegen.

Fachkräftemangel

Tatsächlich ist die Auftragslage so erfreulich – im zu Ende gehenden Jahr lag die Produktion der M+E-Betriebe um drei Prozent über der des Vorjahres, und für 2017 wird mit einem Produktionsplus von 1,5 bis 2 Prozent gerechnet –, dass das Thema Fachkräftemangel für immer mehr M+E Unternehmen „zum echten Problem“ wird, so Brossardt: „Fast 16 Prozent unserer Firmen sehen ihre Geschäftstätigkeit durch das Fehlen von Arbeitskräften erheblich beeinträchtigt.“

Gesucht sind vor allem Ingenieure, Metall- und Elektro-Facharbeiter und akademisch ausgebildete Informatiker.

Gesucht sind vor allem Ingenieure, die 34,1 Prozent der zu besetzenden Stellen ausmachen, gefolgt von Metall- und Elektro-Facharbeitern (23,5). Problematisch ist auch der Mangel an akademisch ausgebildeten Informatikern (11,8), deren Stellen derzeit zu über einem Drittel gar nicht besetzt werden können. 8,6 Prozent der offenen Stellen stünden für sogenannte An- und Ungelernte bereit. Insgesamt gelingt es Bayerns Industrie derzeit offenbar, Fachkräftemangel durch Zuzug aus anderen Bundesländern auszugleichen. Brossardt spricht von einem „Absaugeffekt“, der anderen Bundesländern, die von der Vollbeschäftigung weiter entfernt sind als Bayern, sogar entgegen kommen kann.

Entscheidend: Automobilindustrie

Bayerns M+E Unternehmen gehen optimistisch ins neue Jahr: 70 Prozent der Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage im Inland als gut, fast 90 Prozent gehen von keiner Veränderung der inländischen Geschäftslage aus. 65 Prozent beurteilen ihr Auslandsgeschäft positiv, 80 Prozent gehen davon aus, dass das im kommenden Jahr auch so bleibt. Grundlage für die Erwartungen der Unternehmen sind offenbar gut gefüllte Auftragsbücher. Anhand der Auftragslage können die Unternehmen für durchschnittlich 3,8 Monate im Voraus präzise Angaben über die Konjunkturerwartungen machen. Die zeitliche Reichweite der Konjunkturprojektionen steigt, wenn man noch jene Aufträge einrechnet, die in den Unternehmen kurz vor der Unterzeichnung stehen.

Sehr stark getragen wird die positive Bewertung der Geschäftslage von der Automobil- und Zulieferindustrie. Ähnlich gut wird die Lage im sonstigen Fahrzeugbau – Luftfahrt und Schiene – und im Informationstechnik-Bereich gesehen. In anderen M+E-Branchen sind die Erwartungen nicht ganz so erfreulich, aber immer noch gut. Elf Prozent der Firmen wollen denn auch in der ersten Jahreshälfte 2017 ihre Produktion erhöhen, über 12 Prozent planen Investitionen.

Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts wieder stärker in den Fokus nehmen.

Bertram Brossardt

Interessant: Zwischen den Unternehmensplänen im Inland und im Ausland öffnet sich eine Schere: Die Produktions- und Investitionspläne der bayerischen M+E Unternehmen sind an den Auslandsstandorten deutlich expansiver als zuhause. Fast zwei Drittel der Firmen mit Produktionsstätten im Ausland wollen dort die Produktion auch ausweiten. Fast 57 Prozent der Unternehmen wollen an ihren Auslandsstandorten die Investitionen erhöhen. Trotz der weltweiten Unsicherheit setzen die Unternehmen also mehr auf Standorte im Ausland als auf den Inlandsstandort, warnt Brossardt: „Das ist ein klares Signal, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts wieder stärker in den Fokus nehmen müssen.“

2016: Nettoumsatzrendite von 3,5 Prozent

Kleine Wolken am ansonsten strahlend blauen Konjunkturhimmel der bayerischen M+E Industrie gibt es doch: Insgesamt 27 Prozent der Unternehmen müssen entweder mit Verlusten (7,5), einer wenig zufriedenstellenden schwarzen Null (8) oder mit zu kleiner Umsatzrendite zwischen ein und zwei Prozent (11,5) auskommen – bei der zurückliegenden Umfrage vom Juli 2016 waren nur 20 Prozent der Unternehmen in dieser Lage. Während sich damals über 49 Prozent der M+E-Unternehmen für dieses Jahr auf eine Umsatzrendite von über vier Prozent Hoffnung gemacht haben, sind es jetzt nur noch 46 Prozent. Im Sommer hatten die Verbände eine durchschnittliche Nettoumsatzrendite von knapp vier Prozent erwartet. Jetzt sind 3,5 Prozent daraus geworden. Was dennoch „schon ein ganz ordentliches Ergebnis“ ist, so Brossardt mit branchentypisch leichtem Understatement.

Hohe Lohnstückkosten gefährden die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts

Ernster nimmt Brossardt das Thema Wettbewerbsfähigkeit. Denn der anhaltende Anstieg der Lohnstückkosten geht nun ins sechste Jahr. In der bayerischen M+E Industrie liegen die Lohnstückkosten heute um fast 16 Prozent höher als im Jahr 2011. „Eine gefährliche Entwicklung“, warnt Brossardt. Unter dem Veränderungsdruck von Globalisierung und Digitalisierung gehe es nun darum, „unseren Standort zukunftssicher zu machen“.

In der bayerischen M+E Industrie liegen die Lohnstückkosten jetzt um fast 16 Prozent höher als im Jahr 2011.

Weil die Arbeitskosten ein so entscheidender Faktor der Wettbewerbsfähigkeit sind, dürfen vor allem die Lohnzusatzkosten nicht steigen, fordern die Unternehmen. Brossardt: „Die magische Grenze der Sozialversicherungsbeiträge von 40 Prozent darf dauerhaft nicht überschritten werden.“

Weiter wünschen sich die Unternehmen mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten. Die beiden M+E Verbände bayme und vbm fordern etwa Abschaffung der gesetzlich fixierten täglichen Höchstarbeitszeit von derzeit zehn Stunden und den Übergang zu einer „wochenbezogenen Betrachtung“. Auf die Weise würden Betriebe und Beschäftigte bei der wöchentlichen Verteilung der Arbeitszeit größere Flexibilität und Freiräume gewinnen – selbstverständlich bei gleichbleibendem Arbeitszeitvolumen.