Airbus baut seinen Konzern um. Dabei werden 1164 Stellen wegfallen, davon 429 in Deutschland. Airbus- Sorgenkind: Der Großraumflieger A380, der unter deutlich sinkender Nachfrage leidet. Im Bild ein Airbus A380 der Lufthansa auf dem Flughafen von Los Angeles. (Bild: H.M.)
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Zukunftswerkstatt Ottobrunn

Airbus baut seine Konzernstruktur um: Toulouse wird alleinige Zentrale. Dabei sollen europaweit 1164 Stellen abgebaut werden, davon 429 in Ottobrunn. Die Bedeutung des oberbayerischen Standorts soll dennoch steigen, sagt Airbus-Chef Tom Anders. Von Arbeitsplatzverlusten am Standort Donauwörth ist bislang keine Rede. Airbus beschäftigt in Bayern etwa 15.000 Arbeitnehmer.

Der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus streicht 1164 Stellen. Davon entfallen 429 auf Deutschland, vor allem am Standort Ottobrunn bei München, so ein Sprecher des Unternehmens in Toulouse schon Ende November. Airbus-Chef Tom Enders hatte bereits im September angekündigt, das Management des Konzerns straffen zu wollen. Im Kern geht es darum, das Management der bisher in einer Tochtergesellschaft geführten Passagierjet-Sparte mit der Leitung des Dachkonzerns zusammenzubringen. Enders will damit den Konzern beweglicher machen. Das Unternehmen beschäftigt gut 136.000 Mitarbeiter. „Mit der Fusion wird das Unternehmen seinen Hauptsitz endgültig von Paris und München nach Toulouse verlegen und damit 325 Stellen verlagern”, berichtete das Unternehmen. Auf Paris und München entfalle jeweils die Hälfte der verlagerten Stellen, ergänzte der Sprecher.

Ottobrunn wird Airbus-Zukunftswerkstatt

Im Interview mit dem Münchner Merkur hat Airbus-Chef Tom Enders jetzt die bevorstehende Konzern-Umstrukturierung und die Folgen für die bayerischen Airbus-Standorte erläutert: „Was die Standorte angeht, so wird aus zwei Standorten in Frankreich einer, und zwar Toulouse. Und der zweite große Standort ist und bleibt Ottobrunn. Es werden im Rahmen dieser Maßnahmen sogar einige Funktionen aus Frankreich nach Ottobrunn verlagert.” Neben Ottobrunn sollen die Standorte Manching, Donauwörth und Augsburg die großen Airbus-Standorte in Bayern bleiben.  Enders: „Das sind die vier Pfeiler unserer Beschäftigung. Wir haben hier rund 15.000 Mitarbeiter, mehr als in jedem anderen Bundesland. Die Zahl wurde in den letzten Jahren erheblich gesteigert.”

Der zweite große Standort ist und bleibt Ottobrunn.

Airbus-Chef Tom Enders

Tatsächlich könnte der Standort Ottobrunn in gewisser Weise sogar gestärkt werden: Zusammen mit Siemens wird Airbus in Ottobrunn ein elektrisches Systemhaus als besonders bedeutsame Konzernsparte aufbauen. Außerdem soll das gesamte Drohnen-Geschäft des Konzerns von Ottobrunn aus gesteuert werden. Enders: „Das wichtigste momentan ist das elektrische Systemhaus, das wir in Ottobrunn gemeinsam mit Siemens aufbauen. Dafür geben wir allein wir über 200 Millionen Euro aus. Wir haben ein Materiallabor neu aufgebaut. Wir werden das Gesamtgeschäft mit unbemannten Flugzeugen für den Gesamtkonzern von Ottobrunn aus führen.” Ottobrunn, so Enders, „wird eine unserer Zukunftswerkstätten”.

1A-Standort Donauwörth

Offenbar nicht negativ betroffen ist vom Airbus-Umbau der Standort Donauwörth (Airbus Helicopters) mit 7000 Mitarbeitern. Das teilte Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner bereits Ende Oktober mit. Sie stehe mit der Unternehmensführung in engem Austausch, so Aigner. „Von der Anpassung der Werke des Unternehmens wird der Standort Donauwörth nach meinen Informationen eher profitieren als verlieren. Es wird keinen Arbeitsplatzabbau geben.” Auch was die Kompetenzen betreffe, werde Donauwörth ein „1A-Standort” bleiben, so Aigner.

Es ist allen Seiten klar, dass der Standort Donauwörth weder quantitativ noch qualitativ geschwächt werden darf.

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner

Mit wem Aigner in der Airbus-Spitze gesprochen hat, sagte sie nicht. Doch dass die Wirtschaftsministerin in dem Unternehmen bestens vernetzt ist, ist kein Geheimnis. Denn vor dem Wechsel in die Berufspolitik arbeitete Aigner bis Mitte der 90er Jahre bei Eurocopter in der Entwicklung der Hubschrauberelektrik. „Es ist allen Seiten klar, dass der Standort Donauwörth weder quantitativ noch qualitativ geschwächt werden darf”, sagte sie. Im Interview mit dem Münchner Merkur bezeichnete Enders jetzt den Standort Donauwörth mit derzeit 7000 Beschäftigten als „eindrucksvoll”. Enders: „In Donauwörth sind derzeit sogar 150 Kollegen aus Marignane in Frankreich beheimatet, weil die Geschäftssituation dort gerade nicht so gut ist.”

Alleinige Konzernzentrale: Toulouse

Am stärksten betroffen vom Konzernumbau ist wohl Frankreich, wo der Standort Suresnes bei Paris aufgelöst wird. Dabei sollen rund 640 Stellen abgebaut werden. In Spanien geht es um 39 Stellen, in Großbritannien um 54. Insgesamt gehe es um Jobs in der Verwaltung der Forschung, nicht in der Produktion, so ein Konzernsprecher Ende November. Eine Einigung mit den Sozialpartnern über den Stellenabbau soll es bis Mitte kommenden Jahres geben. Gewerkschaften hatten in Frankreich bereits vor rund einer Woche darüber berichtet, dass bei dem Konzern über 1000 Stellen zur Disposition stehen.

Wir müssen alte, unzeitgemäße Strukturen aufbrechen und neue, wettbewerbsfähige Organisationen aufbauen. Das tun wir.

Tom Enders

Konzern-Chef Enders jetzt zum Münchner Merkur: „Wir haben vor vier Jahren die Grundsatzentscheidung getroffen, die Zentrale unseres Unternehmens an einem Standort zu konzentrieren, in Toulouse. Das macht Sinn, denn Toulouse ist der mit Abstand größte Standort unserer Gruppe und das Zentrum der Luft- und Raumfahrt in Europa.” Airbus werde aus der Integration gestärkter hervorgehen, so Enders. „Mit diesen schlankeren Strukturen werden wir die Leistung und Teamarbeit im Unternehmen weiter verbessern.” Die Konzernzentrale des früheren deutsch-französischen Gemeinschaftsunternehmens war bereits vor drei Jahren nach Toulouse verlagert worden, wo auch die Flugzeugsparte sitzt. Enders: „Wir müssen alte, unzeitgemäße Strukturen aufbrechen und neue, wettbewerbsfähige Organisationen aufbauen. Das tun wir.”

Auftragseinbruch beim A380

Mehr als vier Jahrzehnte nach seinem Start hat Airbus kürzlich seine 10.000. Maschine ausgeliefert. Der Großraumjet des Typs A350 XWB ging an die Fluggesellschaft Singapore Airlines. „Wir sind besonders stolz, diesen Meilenstein mit Singapore Airlines feiern zu können − einem unserer ältesten Kunden und echten Partner”, sagte Konzernchef Tom Enders in Toulouse.

Doch Airbus hat auch Sorgen: So ist etwa die Nachfrage für das Flaggschiff A380 − den größten Passagierjet der Welt − verhalten. Schon im vergangenen Juli hat der Konzern sein Auslieferungsziel für das weltgrößte Passagierflugzeug A380 „drastisch” senken müssen, so die Neue Zürcher Zeitung. Ab 2018 sollen jährlich nur noch zwölf A380-Flieger fertig gestellt werden − halb so viele wie für das Jahr 2016 erwartet werden. Im Jahr 2015 hatte Airbus 27 dieser Riesenjets an seine Kunden ausgeliefert. Ursache für den Nachfrage-Rückgang ist ein Ertragseinbruch um 75 Prozent bei der Fluglinie Emirates. Das berichtete kürzlich die Londoner Wochenzeitung The Economist.

Ursprünglich hatte Emirates noch weitere 200 A380 mit neueren treibstoffsparenden Triebwerken kaufen wollen.

Mit jetzt 88 Exemplaren des A380 unterhält die Fluglinie der Vereinigten Arabischen Emirate mit Sitz in Dubai fast die Hälfte der weltweiten A380-Flotte, so das britische Wochenblatt. Mit den Airbus-Großraumflugzeugen ist die erst 1985 gegründete Langstrecken-Fluglinie zum weltweit größten Carrier aufgestiegen, jedenfalls nach geflogenen Passagier-Meilen. Derzeit stehen in den Airbus-Büchern unter anderem noch 56 Aufträge für A380-Flieger, die bis 2020 an Emirates ausgeliefert werden sollen. Ursprünglich hatte Emirates noch weitere 200 A380 mit neueren treibstoffsparenden Triebwerken kaufen wollen. Doch bei der derzeitigen Lage der Fluglinie sei mit weiteren Emirates-Großaufträgen nicht zu rechnen, heißt es aus Dubai.

10.000. Airbus ausgeliefert.

Auf der anderen Seite kann Airbus auf gut gefüllte Auftragsbücher im Bereich der kleineren Passagierjets verweisen. Beim neuen zweistrahligen Langstrecken-Großraum-Jet A350 steht das Unternehmen unter Druck: Bis Dezember wurden von insgesamt 810 bestellten Maschinen 50 Exemplare ausgeliefert, zuletzt eben Airbus Nummer 10.000. Anhaltende Probleme gibt es in der Rüstungssparte des Konzerns beim Militärtransporter A400M. (dpa/BK/H.M.)