Tengelmann-Filiale: Eine traditionelle Handelskette mit Wurzeln im Ruhrgebiet löst sich in die Konzerne von Edeka und Rewe auf. (Foto: Tengelmann Gruppe)
Handel

Friede in der Übernahme-Schlacht

Die Handelsriesen Edeka und Rewe haben die Supermärkte der Tengelmann-Gruppe untereinander aufgeteilt. In Bayern sichert die Großübernahme von 192 Filialen rund 4900 Arbeitsplätze. Doch die Konzentration im bayerischen Lebensmittel-Einzelhandel treibt sie weiter voran.

„Weichenstellungen“, so titulierte die Unternehmensgruppe Tengelmann Anfang 2016 noch ihren Jahresbericht zum vorangegangenen Geschäftsjahr. Von „Licht und Schatten“ sei es geprägt gewesen, behauptete darin Eigentümer Karl-Erivan Haub – wirtschaftlich liefen die Geschäfte angeblich gut, überschattet würden diese Resultate jedoch durch den „sich seit Oktober 2014 hinziehenden Abgabeprozess unserer Kaiser’s und Tengelmann-Supermärkte“. Mit dem Gezerre um die höchst umstrittene Ministererlaubnis von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) für die Edeka-Gruppe würden ihm immer wieder „Knüppel zwischen die Beine geworfen“, klagte Haub.

4900 Jobs in Bayern vorerst gesichert

Zum Ende dieses Jahres, in dem die Handelsriesen Edeka und Rewe um Haubs defizitäre Märkte gerungen hatten, sind nun aber tatsächlich die Weichen gestellt. Der Übernahmezug rollt auf zwei Gleise. Die beiden Großkonkurrenten teilen sich die Läden von Tengelmann und Kaiser’s auf. Edeka übernimmt sämtliche Filialen von Haubs Unternehmensgruppe und reicht unter anderem 62 Filialen in Berlin an die Rewe weiter. Von den 192 meist profitablen Tengelmann-Filialen in München und Oberbayern wandern zwei an die Rewe, der Rest an Edeka. Der Vereinbarung zufolge sind die bundesweit mehr als 15.000 Arbeitsplätze wenigstens für fünf Jahre gesichert. „Für die Beschäftigten gibt es viele gute Gründe, entspannt in die Weihnachtstage zu blicken. Mit der Sicherheit des Arbeitsplatzes auf Jahre hinaus“, glaubt der Chef der Gewerkschaft Ver.di, Frank Bsirske.

Das sichert Arbeitsplätze und die Nahversorgung in der Region.

Ilse Aigner, Wirtschaftsministerin

Womöglich müssen die neuen Herren im ehemaligen Haub-Reich sogar noch 700 Mitarbeiter einstellen. Denn während des Übernahmekampfes, in den das Bundeskartellamt massiv eingreifen musste, hatte die alte Tengelmann-Führung noch Personal entlassen. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner äußert sich nun zufrieden mit der Einigung: „Das sichert Arbeitsplätze und die Nahversorgung in der Region.“ Die 4900 Tengelmann-Jobs im Freistaat stehen vorerst nicht mehr zur Disposition.

Skeptisch sehen die zunehmende Konzentration im Lebensmittel-Einzelhandel freilich Verbraucherverbände und Vertreter des Lebensmittel-Handwerks. So übte das bayerische Bäckerhandwerk im Lauf des Jahres Kritik an der Großübernahme durch Edeka/Rewe. Der Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Tomaso Duso, schätzt, die Übernahme werde den Wettbewerb auf zahlreichen regionalen Märkten erheblich einschränken. Für die Verbraucher könne dies negative Auswirkungen haben.

Beispiel Sendling

Im größten Münchner Stadtteil zwischen Untersendling und Sendling-Westpark stehen derzeit 17 Supermärkte und Lebensmittel-Discounter, von denen schon jetzt vier der Edeka-Gruppe und fünf dem Rewe-Reich zuzurechnen sind. Wenn nun auch noch die drei Tengelmann-Filialen in der Gegend an die beiden lokalen Marktführer gehen, bleiben den rund 100.000 Einwohnern des Viertels nur mehr fünf Läden von Konkurrenten: ein Aldi-, zwei Lidl-, ein Norma-Markt, sowie eine Niederlassung der Biosupermarktkette Basic. Und selbstverständlich eine Menge kleiner Gemüsehändler, Metzgereien, Bäckereien, die zu keinem der großen Handelsriesen gehören.