Die Niedrigzinsen machen es möglich: Immer mehr Deutsche erfüllen sich den Traum vom flotten Flitzer. Sie sollten aber bedenken, dass der Kredit auch getilgt werden muss. (Bild: Imago/MiS)
Niedrigzinsen

Kredit wird zum „Volkssport“

Der Europäischen Zentralbank sei Dank: Der deutsche Konsum bleibt auf Rekordniveau, die Wirtschaft frohlockt. Ob das Einkaufen auf Teufel komm‘ raus auf Dauer für alle gesund ist, steht auf einem anderen Blatt. Die Menschen erfüllen sich ihre Träume immer öfter „auf Pump“. Das belegen die Höhen der neu abgeschlossenen Autokredite. In Bayern sind sie am stärksten gestiegen.

Vor fünf Jahren kostete der Ratenkredit für den fahrbaren Untersatz mit durchschnittlich 5,78 Prozent Jahreszins noch ein kleines Vermögen. Bis 2016 ist der Zins nach Angaben des Vergleichsportals Check24 um satte 45 Prozent auf 3,18 Prozent abgesackt. Da darf es jetzt statt eines VW Golf schon mal ein 3er-BMW sein. Das erschließt sich zumindest aus den Summen, die die Verbraucher zuletzt für den Fahrzeugkauf bei den Banken aufgenommen haben: Die durchschnittliche Autokreditsumme stieg seit 2011 um stattliche 20 Prozent von 10.980 auf nun 13.217 Euro.

Bayern verschulden sich bei Autokauf mit 14.207 Euro

Spitzenreiter ist nach Angaben von Check24 wie so oft Bayern. Demnach wurden im Freistaat im ersten Halbjahr 2016 mit durchschnittlich 14.207 Euro bundesweit die höchsten Autokredite abgeschlossen. Das sind 13 Prozent mehr als beim Schlusslicht in Thüringen (12.536 Euro). Mehr als 14.000 Euro wurden nur noch in Baden-Württemberg (14.066 Euro) auf Pump fürs Auto ausgegeben, gefolgt von Hessen (13.742 Euro) und Hamburg (13.478 Euro).

EZB lockt mit billigem Geld

Das Schuldenmachen beschränkt freilich nicht auf den Autokauf. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die traditionell konservativ haushaltenden Deutschen dazu animiert, in die roten Zahlen zu rutschen: So waren die privaten Kredite in der Bundesrepublik von 2006 bis 2009 noch kontinuierlich von 1540,6 Billionen auf 1503,4 Billionen Euro zurückgegangen. Seit 2010 zeigt der Pfeil wieder nach oben. Zum Halbjahresende 2016 lag die Summe der Privatkredite auf dem Rekordniveau von 1629,8 Billionen Euro.

Die Hälfte der jüngeren Generation will Schulden machen.

Ergebnis der Studie von TNS Emnid

Eine bereits im Februar dieses Jahres veröffentlichte Umfrage des Marktforschungsinstitutes TNS Emnid zeigt, dass vor allem die jüngere Generation immer weniger Probleme damit hat, sich Geld von der Bank zu leihen. So gaben beinahe 50 Prozent der Befragten zwischen 18 und 39 Jahren an, dass sie aufgrund der extrem niedrigen Zinsen in der Euro-Zone Schulden machen möchten. 25 Prozent aller Studienteilnehmer erklärten derweil, dass sie aufgrund der niedrigen Zinsen bereits einen Kredit aufgenommen haben, 16 Prozent kündigten an, ihn aufzustocken, sollte das Zinsniveau so niedrig bleiben.

Inflationsziel bleibt in weiter Ferne

In Deutschland geht die Rechnung der EZB also auf, wenn auch nur zum Teil auf. Bekanntlich versucht die Bank seit geraumer Zeit, die Kreditvergabe in der Eurozone anzukurbeln. Die Binnennachfrage und die Preise sollen steigen, zwei Prozent Inflation sind das Ziel. In der Bundesrepublik sind nach neuesten Meldungen die Verbraucherpreise im Oktober immerhin um 0,8 Prozent gestiegen. Das war der höchste Stand seit 2014. Auch in Spanien zogen die Preise um 0,7 Prozent an, während in Frankreich die Inflation bei 0,5 Prozent verharrte. Den leichten Anstieg hatten die Experten jedoch erwartet und mit dem gestiegenen Ölpreis erklärt. Die EZB kann sich den „Erfolg“ also nicht auf die Fahnen schreiben. Ihr Inflationsziel bleibt in weiter Ferne, während der Euro aufgrund der verzweifelten und gefährlichen Geldpolitik weiter an Wert verliert.