Das Ende vom Lied? Wird in den nächsten zwei Wochen keine Lösung gefunden, ist die Zerschlagung von Kaiser's Tengelmann nicht mehr abzuwenden. (Bild: Imago/Ralph Peters)
Kaiser's Tengelmann

In zwei Wochen droht die Zerschlagung

Die 16.000 Mitarbeiter der krisengeschüttelten Supermarktkette Kaiser's Tengelmann hoffen weiter auf den Erhalt ihrer Filialen. Die Pläne für eine Zerschlagung sind für zwei Wochen ausgesetzt. Das teilte Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub am heutigen Freitag nach einer Krisensitzung des Aufsichtsrats mit.

„Wir haben fast auf den Tag genau vor zwei Jahren angekündigt, dass wir unsere Supermarkttochter Kaiser’s Tengelmann als Ganzes in die Hände von EDEKA geben wollen, um den 16.000 Mitarbeitern dort eine sichere Zukunft bieten zu können“, sagte Karl-Erivan Haub nach der Aufsichtsratssitzung am Freitag. Trotz der Ministererlaubnis habe man den Vertrag zur Übergabe aufgrund der Intervention der Kläger beim Oberlandesgericht bis heute nicht vollziehen können, erinnerte der Tengelmann-Chef, der obendrein beklagte, dass verhindert werde, „dass wir uns mit anderen Lösungen beschäftigen“.

Führung des Unternehmens wird zur Herkulesaufgabe

Jetzt ist offensichtlich die Schmerzgrenze erreicht: Die andauernde Unsicherheit mache die Führung des Unternehmens und die Sicherung des Tagesgeschäfts zunehmend zu einer Herkulesaufgabe, hieß es heute nach der Aufsichtsratssitzung. Kundenzahlen und Umsätze würden sinken, das Geschäft breche zunehmend weg; ein dramatischer Anstieg der monatlichen Verluste und die Verschlechterung der Unternehmenssubstanz seien die Folgen. Für die weitere Beschreitung des Rechtsweges wären nach Meinung von Tengelmannchef Haub vermutlich weitere zwei Jahre erforderlich; diese Zeit habe man nicht mehr, sagte er. „Deshalb bin ich zu der Entscheidung gelangt, den Übergabeprozess nunmehr zu beenden“, so der Aufsichtsratschef mit Blick auf die Beendigung des Vertrags mit EDEKA. Diese wird jetzt aber um zwei Wochen verschoben, um in letzter Minute eine andere Lösung zu suchen.

Hoffnung nach Spitzentreffen

Möglich machte das am Abend zuvor ein Spitzentreffen der Top-Manager von Edeka, Tengelmann und Rewe. Es endete zwar ohne konkrete Ergebnisse, im Anschluss wurde aber von allen Seiten Hoffnung verbreitet. In dem konstruktiven dreistündigen Gespräch seien alle Teilnehmer übereingekommen, die Gespräche zeitnah fortzuführen, heißt es von Seiten Tengelmanns. Erklärtes Ziel sei es gewesen, für alle Beteiligten und die Beschäftigten von Kaiser’s Tengelmann eine tragfähige gemeinsame Lösung zu finden. „Ich bin dankbar, dass der ‚Runde Tisch‘ zustande gekommen ist und hoffe, dass noch eine Lösung im Sinne unserer Mitarbeiter gefunden werden kann“, erklärte Haub nun.

Sollten die Bemühungen um eine Umsetzung der Ministererlaubnis jedoch erfolglos sein, wird der Vertrag mit EDEKA enden und wir werden in die Einzelverwertung gehen.

Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub

Am Freitag machte Haub aber auch sehr deutlich, wohin die Reise seiner Meinung nach zu gehen hat: „Sollten die Bemühungen um eine Umsetzung der Ministererlaubnis erfolglos sein, wird der Vertrag mit EDEKA enden und wir werden in die Einzelverwertung gehen“, machte der Tengelmannchef klar. Zu diesem Zeitpunkt werde sich die Inhaberfamilie auch aus dem Aufsichtsratsgremium zurückziehen, hieß es.

An dieser Stelle hat der Erhalt der Arbeitsplätze oberste Priorität. Mit einer jahrelangen wissenschaftlichen Diskussion über kartellrechtliche Fragen entfernen wir uns von der Lebenswirklichkeit der Menschen.

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner

Auch Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hatte zuletzt auf eine rasche Lösung gedrängt und sich erneut für eine Übernahme durch die Supermarkt-Kette EDEKA ausgesprochen: „An dieser Stelle hat der Erhalt der Arbeitsplätze oberste Priorität. Mit einer jahrelangen wissenschaftlichen Diskussion über kartellrechtliche Fragen entfernen wir uns von der Lebenswirklichkeit der Menschen“, sagte Aigner und fügte hinzu: „Wer seinen Job verliert, will davon zu Recht nichts hören.“

In Bayern bangen 4500 Beschäftigte um ihre Jobs

In Bayern bangen derzeit rund 4500 Beschäftigte um ihre Jobs, allein im Großraum München betreibt Kaiser’s Tengelmann 188 Filialen. Wie der BR berichtet, sind auch in Augsburg die Sorgen groß. In der Region gibt es demnach viele Tengelmann-Filialen. Und diese laufen nach Angaben der Gewerkschaft Ver.di im Gegensatz zu vielen Tengelmann-Niederlassungen in Nordrhein-Westfalen oder im Raum Berlin bislang gut. Eine Schließung von Filialen würde in der Region auch viele ältere Bürger schwer treffen: „Der Laden darf nicht eingehen, das wäre ganz schlimm!“, zitiert der Sender zum Beispiel einen 90-jährigen Augsburger, für den der Tengelmann der einzige Supermarkt ist, den er fußläufig erreichen kann.