Anbieter haften nicht für offenes WLAN, auch wenn dort illegal Dateien heruntergeladen werden. (Bild: Imago/Westend61)
EuGH-Urteil

Rückschlag für offene W-LAN-Netze

Ein Betreiber eines offenen WLAN-Hotspots muss nicht grundsätzlich für Urheberrechtsverletzungen anderer haften, urteilte jetzt der Europäische Gerichtshof. Allerdings kann von ihm verlangt werden, seinen Anschluss durch ein Passwort zu sichern. Dem Urteil zugrunde lag ein Fall aus Bayern.

Geschäftsleute, die ein kostenloses WLAN-Netz anbieten, haften nicht für Urheberrechtsverletzungen anderer. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg entschieden. Allerdings kann vom WLAN-Betreiber verlangt werden, dass der Anschluss durch ein Passwort gesichert wird. Dabei müssten Nutzer aber ihre Identität offenbaren, um den Zugang zu erhalten – das solle einen „Abschreckungseffekt“ gewährleisten. Und Rechteinhaber könnten bei einer Behörde oder einem Gericht eine Anordnung beantragen, mit der vom Anbieter verlangt wird, Urheberrechtsverletzungen zu stoppen oder ihnen vorzubeugen. Eine Überwachung der Informationen, die über ein offenes WLAN übertragen werden, kann vom Betreiber nicht verlangt werden, erläuterten die Richter. Auch eine Abschaltung des Internetzugangs würde zu weit gehen.

Ein Fall aus Bayern

Hintergrund ist ein Fall aus Bayern. Der Betreiber eines Geschäfts für Licht- und Tontechnik aus München hatte einen ungesicherten WLAN-Hotspot angeboten. Der Musikkonzern Sony mahnte den Mann ab, über dessen Internetzugang illegal ein Album der Gruppe „Wir sind Helden“ heruntergeladen worden sein soll. Das Landgericht München, das eine mittelbare Haftung des Betreibers für möglich hielt, musste über den Fall entscheiden und bat den EuGH um Hilfe bei der Auslegung von EU-Recht.

Rechtsgrundlage ist in diesem Fall eine EU-Richtlinie, die auf Gewerbetreibende mit ungesichertem WLAN anwendbar ist – also Geschäfte, Bars oder Hotels. Für Privatleute ist sie nicht relevant. Wer einen „Dienst der Informationsgesellschaft“ in Sinne der Richtlinie anbietet, ist demnach nicht haftbar – vorausgesetzt, er ist an der Übertragung von Daten, etwa eines Liedes, nicht beteiligt. Der EuGH urteilte nun, der Geschäftsmann habe weder die Übermittlung der Daten veranlasst, noch Daten und Adressaten ausgewählt und auch die Daten nicht verändert. Der Download geschah an einem Wochenende, an dem der Betreiber gar nicht in seinem Geschäft war.

Hürde für offenes W-LAN bleibt

Der Betreiber, ein Politiker der Piratenpartei namens Tobias McFadden, sah einen Teilerfolg, war aber enttäuscht, da er die vom EuGH den Urheberrechte-Inhabern eingeräumten Forderungsmöglichkeiten für ein Hindernis bei der Verbreitung offener Hotspots in Europa hält. Schon ein Passwort, dass man einholen müsse, sei eine große Hürde. Es gehe doch darum, dass es „niederschwelligen Zugang zum Internet geben soll für Jedermann“.

Wenn ich aber erstmal rumlaufen muss und nach einem Passwort betteln muss, dann ist damit genau das Gegenteil erreicht.

Tobias McFadden, Kläger

Der Bundestag hatte Anfang Juni das Telemediengesetz für offene WLAN-Hotspots in Deutschland erleichtert und die sogenannte „Störerhaftung“ abgeschafft. Auch private Betreiber öffentlicher Hotspots wurden hier von der Haftung weitgehend befreit. Das Gesetz soll aber erst in den nächsten Monaten in Kraft treten. Experten bemängelten allerdings am neuen Gesetz, dass es immer noch keine explizite Freistellung von Unterlassungsansprüchen beinhalte, weiter Abmahnungen und Schadenersatzansprüche nicht ausschließe und ähnliche Rechte wie jetzt der EuGH gewähre. Die zugesagte Haftungsbeschränkung steht nicht im Gesetz, sondern nur in der beigefügten Begründung.

Was passiert mit den bayerischen Hotspots?

Auch der Freistaat Bayern will öffentliche, offene und kostenfreie W-LAN-Netze in großen Städten einrichten – ohne Passwörter oder Anmeldedaten, aber mit Jugendschutz-Filtern. „Bayern wird das erste Bundesland mit einem eigenen WLAN-Netz. Bis 2020 wollen wir das kostenfreie BayernWLAN mit 20.000 Hotspots aufrüsten“, sagte Heimatminister Markus Söder Ende Juni. Ausgestattet werden insbesondere Kommunen, Hochschulen, Behörden und Tourismusziele. Im öffentlichen Nahverkehr sollen Pilotprojekte starten. Seit Anfang 2015 sind in der Pilotphase des BayernWLAN 140 Standorte mit über 600 Hotspots bayernweit realisiert. Die Spots werden gut angenommen: „Im Mai haben bereits 150.000 Nutzer über 20 TeraByte Daten in unserem BayernWLAN bewegt. Das entspricht der Datenmenge von über 4.300 DVDs“, so Söder weiter. „Mit einem dichten Netz von kostenlosen Hotspots über ganz Bayern schaffen wir die digitale Chancengleichheit auch für den Ländlichen Raum.“

Das EuGH-Urteil wirkt sich auf diese Pläne nicht aus, weil der Freistaat sich bei dem Projekt des Providers Vodafone bedient. Im Telemediengesetz ist aber ein „Provider-Privileg“ verankert, der diese von der Haftung ausnimmt.

Störerhaftung bei Hotspots

Wer als Privatperson oder Gewerbetreibender sein WLAN nicht sichert und es frei zugänglich macht, wird vom deutschen Gesetzgeber als Störer betrachtet, der den Rechtsbruch anderer Personen ermöglicht. Bisher konnte in Deutschland von den Geschädigten, meist Musikkonzerne, Klage gegen die Betreiber erhoben werden. Auch Abmahnanwälte verdienten sich so eine goldene Nase.