Brasilien auf dem Sprung zur Trendwende? Die Experten glauben nicht an einen nachhaltigen Effekt durch die Olympischen Spiele. (Bild: Imago/Acencia EFE)
Brasilien

Auch Bayern spürt die Rezession am Zuckerhut

Unter bayerischen Fußballfans gelten Stürmer als das wichtigste Importgut aus Brasilien. Schließlich hat sich gerade auch der TSV 1860 München ein Talent von dort geangelt. Weniger gut läuft es derzeit in den Wirtschaftsbeziehungen. Brasilien steckt in einer schlimmen Wirtschaftskrise und setzt seine Hoffnungen auf Olympia.

Bayern will in diesen Tagen wie alle anderen vor allem eines aus Südamerika importieren: Gold in Form von Medaillen. Die Sportler aus dem Freistaat setzen alles daran, mit Edelmetall vom Zuckerhut zurückzukehren. Die Welt blickt auf Brasilien, um dessen Wirtschaft es schlimm bestellt ist. Das zeigt auch die aktuelle Handelsbilanz, die das Statistische Landesamt in Fürth in dieser Woche präsentierte.

Ausfuhren sind dramatisch eingebrochen

Während der Bayerische Export insgesamt brummt, sind Händler, die ihr Hauptaugenmerk auf Brasilien legen, arm dran. Die Ausfuhren an den Zuckerhut sind in den vergangenen beiden Jahren dramatisch eingebrochen: 2014 um 18 Prozent, 2015 um weitere elf Prozent. Eine Trendwende ist nicht in Sicht: In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres nahmen die bayerischen Ausfuhren nach Brasilien schon wieder um elf Prozent ab.

Importbilanz gleich einer Achterbahnfahrt

Die Importbilanz gleicht einer Achterbahnfahrt: 2014 kaufte Bayern für knapp 420 Millionen Euro brasilianische Güter und damit 8,8 Prozent weniger als im Jahr davor. 2015 stieg der Import dann wieder auf 445 Millionen Euro (+6,2 Prozent).  Auf der Einfuhrseite stand laut Statistik Leder mit einem Anteil von 13 Prozent an der Spitze der bayerischen Importe aus Brasilien. Zu den wichtigsten Importgütern zählten außerdem elektronische Bauelemente (11 Prozent), Maschinen (10 Prozent) sowie Fahrgestelle, Karosserien, Motoren, Teile und Zubehör für Kraftfahrzeuge „und dergleichen“ (8 Prozent).

Maschinen wichtigste Exporgüter

Die wichtigsten Waren, die Bayern 2015 an den Zuckerhut lieferte, waren mit einem Anteil von 28 Prozent einmal mehr Maschinen; gefolgt von Fahrgestellen, Karosserien, Motoren, Teilen und Zubehör für Kraftfahrzeuge „und dergleichen“ (zusammen 13 Prozent). Geräte zur Elektrizitätserzeugung und -verteilung (9 Prozent) landeten auf Rang drei, Personenkraftwagen und Wohnmobile (8 Prozent) auf Rang vier.

Absatz von Kraftfahrzeugen um mehr als 25 Prozent rückläufig

Die Flaute in Brasilien trifft auch die bayerischen Autohersteller. Der nationale Automobilverband Fenabrava teilte jüngst mit, dass der Absatz von Autos, Transportern, Bussen und Lastwagen in dem Land im vergangenen Jahr um insgesamt 25,4 Prozent auf 983.599 Stück zurückgegangen ist. VW hatte schon im Jahr davor zweistellige Einbußen hinnehmen müssen.

Olympiade ist mit 10,7 Milliarden Euro noch günstig

Experten sprechen von einer der schlimmsten Krisen seit den 1930er-Jahren. Im laufenden Jahr wird die Wirtschaft Brasiliens voraussichtlich um 3,5 Prozent schrumpfen, 2015 sackte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bereits um 3,8 Prozent ab. Rund elf Millionen Menschen haben derzeit keinen Job, und sie schauen mitunter zornig auf die beginnenden Olympischen Spiele, für die das Land 10,7 Milliarden Euro ausgibt. Im Vergleich zu Wladimir Putins Winterspielen ist das geradezu günstig: Die Olympiade in Sotschi kostete umgerechnet satte 45,6 Milliarden Euro, die letzten Sommerspiele in London 13,5 Milliarden Euro.

Bessere Infrastruktur soll Konjunktur ankurbeln

Und Brasilien erhofft sich von Olympia nun auch Aufschwung in Form eines kleinen Konjunkturprogramms: An dem neu gebauten Dorf für die Athleten in Rio de Janeiro verdienen demnach nicht nur die Firmen, die Wohnungen sollen nach den Spielen als Luxusappartements verkauft werden. Die Infrastruktur in Rio wurde für Olympia mächtig aufgemöbelt: unter anderem mit einer neuen Stadtbahn und einer weiteren Metrolinie.

Experten glauben nicht an Aufschwung durch die Spiele

Die Hoffnung auf nachhaltiges Wachstum durch Olympia hatte jedoch bereits im Mai die Ratingagentur Moody’s gedämpft. Ihrer Meinung nach profitiert lediglich die Stadt von der besseren Infrastruktur. Die meisten Unternehmen würden durch die erwarteten 350.000 Besucher bei den Spielen nur eine zeitlich begrenzte Absatzsteigerung erwarten können, heißt es. Und für den Bankensektor mache die Kreditvergabe für die Bauprojekte nur einen kleinen Teil ihrer Bilanz aus.

Andere Experten verweisen darauf, dass bereits die Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien nicht das erwünschte Ergebnis brachte. Ein messbarer Anstieg der Touristenzahlen blieb aus.