Das HB-Männchen von British American Tobacco sorgte in Deutschland lange Zeit für Belustigung. Den Mitarbeitern des Konzerns ist das Lachen nun vergangen. (Bild: Imago/teutopress)
British American Tobacco

950 Jobs gehen in Rauch auf

Osteuropa statt Oberfranken: Der Zigarettenhersteller British American Tobacco (BAT) verlagert seine Produktion aus Bayreuth, weil in Westeuropa zu wenig gequalmt wird. Die Bevölkerung der Region und die Stadt trifft das hart. 950 der 1400 Arbeitsplätze werden gestrichen, Bayreuth dürfte Gewerbesteuereinnahmen in Millionenhöhe verlieren. Ein Strukturprogramm soll den Verlust nun abfedern.

Der Club der Nichtraucher wird immer größer. Das erfreut die Gesundheitskassen, die Tabakkonzerne dagegen stöhnen: Im Jahr 2015 habe man in Westeuropa 23 Milliarden Zigaretten weniger verkauft als im Jahr 2011, klagt British American Tobacco (BAT). Das entspreche „einem Rückgang von 17 Prozent“. BAT zieht nun die Konsequenzen: Das bisher in Bayreuth produzierte Volumen für Fertigzigaretten und ausgewählte Halbfabrikate werde bis Ende 2017 an die Fabriken in Polen, Ungarn, Rumänien und Kroatien übertragen, teilte der Konzern am Donnerstag mit. Die Verlagerung der verbleibenden Export-Halbfabrikate soll demnach bis Mitte 2018 abgeschlossen sein. Der Umzug wird nach Angaben des Unternehmens zu einem Stellenabbau von rund 950 Arbeitsplätzen im Werk Bayreuth führen. Erhalten bleiben sollen in Oberfranken langfristig nur 370 Jobs: unter anderem für die Produktion von Feinschnitttabak für Selbstdreher. Im Gegensatz zu Fertigzigaretten war dieser Markt in den vergangenen Jahren noch gewachsen.

Beschäftigte bangen seit Monaten

Dass es zu herben Einschnitten am oberfränkischen Standort kommen würde, war lange befürchtet worden. Seit Monaten bangen die Beschäftigten um ihre Jobs, während über die Zukunft der weltweit größten Produktionsstätte des Tabakkonzerns spekuliert wurde. Er hat in Deutschland einen Tabakmarktanteil von 17 Prozent, zu seinen Marken zählen unter anderen Lucky Strike, Pall Mall, Dunhill, Vogue, HB, Lord, Prince, Samson, Javaanse Jongens, Schwarzer Krauser und Vype.

Wichtig sind an dieser Stelle ein klares Bekenntnis zum Standort Bayreuth und eine Perspektive für die Mitarbeiter in der Region.

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner

Wirtschaftsministern Ilse Aigner hatte am Donnerstag „ein klares Bekenntnis zum Standort Bayreuth und eine Perspektive für die Mitarbeiter in der Region“ gefordert. Am Freitag traf sie sich mit der BAT-Unternehmensführung und dem Betriebsrat. Mit von der Partie waren auch Arbeitsministerin Emilia Müller und der Chef der bayerischen Arbeitsagenturen Markus Schmitz. „Die Unternehmensführung hat zugesagt, mit der Situation fair und verantwortungsvoll umzugehen. BAT hat die Einrichtung einer Transfergesellschaft in Aussicht gestellt“, berichtete Aigner nach dem Treffen. „BAT muss seiner Verantwortung für seine Mitarbeiter und ihrer Familien gerecht werden und möglichst viele Stellen erhalten. Im Sinne der Menschen müssen dabei betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden“, betonte Emilia Müller. Der Freistaat stehe mit Arbeitsförderungs- und Qualifizierungsmaßnahmen aus Mitteln des Arbeitsmarkt- und des Europäischen Sozialfonds bereit, um die Aktivitäten der Arbeitsverwaltung zu flankieren, hieß es zudem. „Unsere Task Force der Agentur für Arbeit wird Montag auf dem Betriebsgelände sein und die Mitarbeiter informieren und beraten, um ihre Sorgen und Nöte aufzunehmen“, versprach Bayerns Arbeitsagenturen-Chef Schmitz. Aigner will überdies dem Kabinett zeitnah Maßnahmen vorlegen, wie in der Region langfristig attraktive Arbeitsplätze entstehen können.

Die Entscheidung des BAT-Konzerns ist ein harter Schlag für den Wirtschaftsstandort Oberfranken und vor allem für die Belegschaft der BAT. Trotzdem oder gerade deshalb müssen wir nach vorne blicken und nachhaltige Vorschläge auf den Tisch legen, um die herben Einschnitte abzufedern.

Heribert Trunk, IHK-Präsident für Oberfranken Bayreuth

Die IHK für Oberfranken Bayreuth sprach von „einem harten Schlag für den Wirtschaftsstandort Oberfranken und vor allem für die Belegschaft der BAT“. Medienberichten zufolge gehört BAT auch zu den größten Gewerbesteuerzahlern in der Region. Demnach kassierte die Stadt Bayreuth allein im vergangenen Jahr bei einem Gewerbesteueraufkommen von 92 Millionen allein von dem Tabakkonzern 15 Millionen Euro. Oberfrankens IHK-Chef Heribert Trunk forderte, nach vorne zu blicken „und nachhaltige Vorschläge auf den Tisch zu legen, um die herben Einschnitte abzufedern“. Er verwies auf ein gemeinsam mit der Universität Bayreuth erarbeitetes Positionspapier mit konkreten Projektvorschlägen zur strukturellen Weiterentwicklung des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes.

25 Millionen Euro für Fachkräftegewinnung und Qualifizierung

Das Programm stellten Stadt, Universität, Handwerkskammer und IHK am Freitag vor. Demnach sollen allein 25 Millionen Euro in die Fachkräftegewinnung und Qualifizierung investiert werden. Weitere Millionen sind unter anderem für die Digitalisierung, den Breitbandausbau und die Förderung von Startups vorgesehen. Mit BAT soll zudem über eine mögliche Nutzung dessen zehn Hektar großen Grundstücks gesprochen werden.

Das herausfordernde wirtschaftliche Umfeld in Verbindung mit massiver Tabakregulierung und zahlreichen Tabaksteuererhöhungen in einigen Ländern haben dazu geführt, dass der Absatz versteuerter Zigaretten in Westeuropa in den vergangenen Jahren stark eingebrochen und der Konsum von nichtversteuerten Zigaretten angestiegen ist.

British American Tobacco (BAT)

BAT machte derweil indirekt auch die Politik in Europa für seinen nun angekündigten Schritt verantwortlich: „Das herausfordernde wirtschaftliche Umfeld in Verbindung mit massiver Tabakregulierung und zahlreichen Tabaksteuererhöhungen in einigen Ländern haben dazu geführt, dass der Absatz versteuerter Zigaretten in Westeuropa in den vergangenen Jahren stark eingebrochen und der Konsum von nichtversteuerten Zigaretten angestiegen ist“, hieß es. Der Sprecher der deutschen Geschäftsführung, Ralf Wittenberg, erklärte: „Wir setzen jetzt alles daran, in einem konstruktiven Dialog mit den Arbeitnehmervertretern eine faire Lösung für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. In enger Zusammenarbeit mit dem Standort in Bayreuth werden wir das Geschäft wie bisher von unserer Zentrale aus in Hamburg steuern.“