8,50 Mindestlohn: Jetzt belegt eine Studie, dass der Mindestlohn sich negativ auf die Zahl der Minijobs auswirkt. Bild: Fotolia, VRD
Neue Studie

Jobkiller Mindestlohn

Was Kritiker schon länger befürchtet hatten, tritt nun ein: Der Mindestlohn entwickelt sich zum Jobkiller. Einer kürzlich veröffentlichten Studie zufolge sind allein im ersten Quartal dieses Jahres 237 000 Minijobs verloren gegangen.

Seit der Einführung des Mindestlohns im Januar 2015 sind insgesamt 237 000 gewerbliche Minijobs verloren gegangen. Dies geht aus dem Quartalsbericht der Minijobzentrale hervor, der der Tageszeitung „Die Welt“ vorliegt. Am stärksten sind die Einschnitte in Ostdeutschland – insbesondere in Sachsen-Anhalt und Thüringen seien 7,7, bzw. 6,6 Prozent Rückgang zu verzeichnen. Das Minus im Bundesdurchschnitt fällt mit 3,5 Prozent zwar um einiges geringer aus, liegt aber im Vergleich zum Vorjahresniveau viermal höher. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der geringfügig Beschäftigten um 2,8 Prozent oder knapp 190.000.

Einschnitte in Handel, Gewerbe und Gastronomie

Das bestätigt die Prophezeiungen der Wirtschaftsforschungsinstitute, die vor der Einführung des Mindestlohns gewarnt hatten. Immerhin: Im Gegenzug dürften, so die Prognose für das aktuelle Jahr, den vorausgesagten 220 000 Stellenstreichungen auch 50 000 sozialversicherungspflichtige Stellen gegenüber stehen. Prozentual die meisten Minijobs gingen im Handel, im verarbeitenden Gewerbe und in der Gastronomie verloren.

Insbesondere dürften hierbei Jobs für Rentner und Studenten entfallen sein – zwei Gruppen, die naturgemäß meist nicht in den regulären Arbeitslosenstatistiken auftauchen dürften. Viele Minijobber sind ohnehin nicht als arbeitslos gemeldet, da sie als „Aufstocker“ hinzuverdienen und weniger als 15 Stunden wöchentlich arbeiten. In steigenden Arbeitslosenzahlen muss sich dies also nicht zwingend widerspiegeln.

Steigende Zahl an nicht-regulären Jobs

Deutlich mehr Menschen als noch vor Jahren arbeiten in Deutschland nicht in regulären Jobs: Die Zahl dieser Arbeitnehmer stieg binnen 20 Jahren um mehr als 70 Prozent. Sie sind befristet, in Teilzeit mit 20 oder weniger Wochenstunden, Zeitarbeit oder geringfügig beschäftigt. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. 1993 waren noch 4,4 Millionen Arbeitnehmer atypisch beschäftigt – 2013 bereits 7,6 Millionen.

Demgegenüber ist der Anteil der Normalarbeitnehmer an den Erwerbstätigen in dem Zeitraum von 76,8 auf 67,5 Prozent gesunken. So waren es 1993 noch 25,9 Millionen Arbeitnehmer in Vollzeit oder Teilzeit mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 21 Stunden, einem unbefristeten Job sowie einer vollen sozialen Absicherung. Die Zahl sank bis 2005 auf 22,1 Millionen. In dem Jahr trat die Hartz-IV-Reform in Kraft. Bis 2013 stieg die Zahl der Normalarbeitnehmer wieder auf 24,06 Millionen – binnen 20 Jahren ist das aber immer noch ein Rückgang um 7,2 Prozent.

Allerdings ist der Anteil der ausschließlich geringfügig Beschäftigten an allen Erwerbstätigen nach einem starken Anstieg bis 2006 auf gut 15 Prozent wieder rückläufig. Für 2014 erwartet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hier einen Rückgang um 60 000 auf 5,6 Millionen Personen. Eine aktuellere Zahl gibt es noch nicht. Die größte Gruppe unter den Erwerbstätigen bilden mit gut 70 Prozent die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände warf der Linken vor, ein Vergleich von heute zum Stand kurz nach der Wiedervereinigung führe in die Irre. „Seit Inkrafttreten der Agenda 2010 hat es keine Verdrängung von Stammbelegschaften durch flexible Beschäftigung gegeben, ganz im Gegenteil.“ Flexible Beschäftigungsformen wie Teilzeit, Zeitarbeit oder Befristungen hätten maßgeblich zur heutigen Rekordbeschäftigung beigetragen. „Mehr als 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten gehen freiwillig keiner Vollzeitbeschäftigung nach, etwa um sich mehr um ihre Familie zu kümmern.“