Unterstützung beim Aufbau einer Zivilgesellschaft: Deutsche Polizisten bilden afghanische Sicherheitskräfte aus. (Bild: Imago/Joachim Sielski)
CSU-Klausur

Deutsche Interessen in der Außenpolitik

Der CSU-Vorstand hat auf seiner Klausurtagung im oberpfälzischen Schwarzenfeld sechs Grundsatzpapiere verabschiedet, die das Rückgrat der Wahlprogramme für die Bundestagswahl 2017 und die Landtagswahl 2018 bilden sollen. Der Bayernkurier dokumentiert diese Positionspapiere – hier zu den deutschen Interessen in der Außenpolitik.

„Politik ist die Wissenschaft, mit angemessenen Mitteln, stets in Übereinstimmung mit den eigenen Interessen zu handeln. Um in Übereinstimmung mit den eigenen Interessen handeln zu können, muss man sie kennen. Und um zu dieser Kenntnis zu gelangen, bedarf es des Studiums, der Sammlung der Gedanken und des Fleißes.“ Friedrich der Große hat das 1752 in seinem politischen Testament formuliert – und der Preußenkönig verstand etwas von Politik und von den eigenen Interessen.

Die klugen Worte sind heute so richtig wie vor 250 Jahren. Es gilt, was immer galt: Politik ist interessengeleitet. Die eigene Politik ebenso wie die der Nachbarn und Partner nah und fern. Wer erfolgreich politisch handeln will, muss darum auch die Interessen der Nachbarn kennen. Aber auch dafür ist die Kenntnis der eigenen Interessen die Voraussetzung: Denn wer die eigenen Interessen nicht kennt, wird niemals die nationalen Interessen der Nachbarn verstehen können. Was dann Zusammenarbeit, Verständigung und Kompromiss unmöglich macht. Gefährliche Folge: Wer über die eigenen nationalen Interessen nicht klar sieht und die der Nachbarn nicht begreift, ist im Grunde politikunfähig.

Politik ist die Wissenschaft, mit angemessenen Mitteln, stets in Übereinstimmung mit den eigenen Interessen zu handeln.

Friedrich der Große

Staaten haben legitime nationale Interessen. In aller Regel bekennen sie sich dazu und sprechen offen darüber. Das ist vernünftig. Denn es ist gut, wenn Nachbarn, Partner, Verbündete – aber auch mögliche Gegner – ihre jeweiligen Interessen gegenseitig gut kennen. Das macht politisches Handeln transparent und verständlich, verhindert Missverständnisse und dient darum dem konfliktfreien Miteinander.

Ein Land, das dagegen über seine nationalen Interessen schweigt, beruhigt niemanden, sondern macht sich verdächtig. Nachbarn und Partnern bleibt nichts übrig, als ihre eigenen Überlegungen anzustellen über die Interessen dieses Landes und darüber, warum es sie nicht offenlegt. Das Ergebnis wird immer sein: Misstrauen. Die nationalen Interessen eines Landes leiten sich ab aus seiner Geographie sowie aus politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten. Für Deutschland sind das die geographische Lage in der Mitte Europas, die Mitgliedschaft in Europäischer Union und Nato und seine Stellung als weltweit viertgrößte Wirtschafts- und Exportnation.

Deutsche Außenpolitik muss deutschen Interessen dienen

In seiner Klausurtagung im oberpfälzischen Schwarzenfeld hat der CSU-Parteivorstand die deutschen Interessen näher beleuchtet und in einem einstimmig verabschiedeten Grundsatzpapier beschrieben: Deutsche Interessen in der Außenpolitik. Das Grundsatzpapier wird in die Wahlprogramme für die Bundestagswahl 2017 und die Landtagswahl 2018 einfließen. Der Bayernkurier dokumentiert:

Positionspapier des CSU-Parteivorstands, 9./10. September 2016, Schwarzenfeld

Deutsche Interessen in der Außenpolitik

„Deutsche Außenpolitik steht in einer festen Kontinuität von klarer Werteorientierung: Westbindung, Völkerrecht, Humanität, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die CSU steht unverrückbar zu diesen Grundwerten“, betont der CSU-Vorstand in dem ebenfalls einstimmig verabschiedeten Positionspapier „Deutsche Interessen in der Außenpolitik“.

Die CSU stehe zu den internationalen Partnern Deutschlands – „allen voran den Vereinigten Staaten von Amerika“. Zugleich fordert die CSU, den deutschen Interessen in der Außenpolitik mehr Geltung zu verschaffen. Es sei absolut legitim, dass Außenpolitik auch wirtschaftliche Interessen sichert und Versorgungssicherheit gewährleistet. „Außenpolitik muss pragmatisch und darf nicht ideologisch sein“, heißt es in dem Papier.

Selbstbewusste Nation auf Augenhöhe mit den Partnern

„Deutschland ist eine selbstbewusste Nation, die auf Augenhöhe mit internationalen Partnern handelt. Wir müssen unsere nationalen Interessen ebenso selbstverständlich formulieren, wie es andere Staaten tun“, stellt die CSU fest. Die Interessen Deutschlands als Exportnation lägen beispielsweise im freien Handel, in der Rohstoff- und Energiesicherheit. Im Wettbewerb mit den aufsteigenden Nationen, allen voran China, müsse deutsche Außenpolitik weltweit Standards mitprägen und der Sozialen Marktwirtschaft Geltung verschaffen.

Wir dürfen nicht zusehen, wie Staaten zerbrechen oder scheitern. Denn Instabilität ist der Nährboden für Bürgerkrieg, Fluchtbewegungen und Terrorismus.

Positionspapier „Deutsche Interessen in der Außenpolitik“ des CSU-Parteivorstands

Deutschland solle außerdem aktive Krisenprävention betreiben: „Wir dürfen nicht zusehen, wie Staaten zerbrechen oder scheitern. Denn Instabilität ist der Nährboden für Bürgerkrieg, Fluchtbewegungen und Terrorismus.“ Es liege im deutschen Interesse, Krisen rechtzeitig vorzubeugen. Für die Krisenprävention benötige Deutschland ein „Frühwarnsystem“. Dazu brauche es die substanzielle Stärkung der notwendigen Instrumente: Diplomatie, Entwicklungspolitik, Streitkräfte. In enger Abstimmung mit der Staatengemeinschaft solle ein abgestufter Aktionsplan aus entwicklungspolitischen, diplomatischen bis hin zu sicherheitspolitischen Mitteln zum Einsatz kommen.

Fluchtursachenbekämpfung in Afrika

Afrika sei durch die Globalisierung näher an Europa herangerückt, führt das Positionspapier aus. „Auch Entwicklungen südlich der Sahara werden wir früher oder später unmittelbar zu spüren bekommen. Es gilt, Stabilität und Entwicklung zu fördern und dafür zu sorgen, dass Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive haben“, so die CSU. Deutschland müsse sich dafür einsetzen, dass die Menschen in Afrika von wirtschaftlicher Prosperität profitieren und umfassenden Zugang zu Bildung haben. Der Ausbau der Infrastruktur soll vorangetrieben und Hunger bekämpft werden. „Aus der Perspektivlosigkeit in Afrika von heute dürfen nicht die Flüchtlingsströme von morgen werden“, so der CSU-Vorstand wörtlich.

Europa muss die Fähigkeit haben, Flüchtlingsströme an den Außengrenzen aufzuhalten.

Positionspapier „Deutsche Interessen in der Außenpolitik“ des CSU-Parteivorstands

Europa müsse die Fähigkeit haben, Flüchtlingsströme an den Außengrenzen aufzuhalten, heißt es weiter. Die Schaffung von Stabilität und Sicherheit und die Eindämmung von Krisenherden seien für Deutschland von großem Interesse, um die Flüchtlingsbewegungen deutlich zu reduzieren. „Fluchtursachenbekämpfung und die europäische Grenzsicherung sind hierbei zwei Seiten einer Medaille. Europa muss die Fähigkeit haben, seine Grenzen zu sichern und selbst zu entscheiden, wer nach Europa kommt. Diese Rolle dürfen wir nicht aus der Hand geben“, so die CSU.

Mehr Engagement Europas im Nahen Osten

Die außenpolitischen Krisen im Nahen und Mittleren Osten hätten auf keine andere Region so direkte Auswirkungen wie auf Europa. „In Form von Flüchtlingsbewegungen und terroristischen Bedrohungen haben sie bei uns mittlerweile eine sichtbare innergesellschaftliche Dimension eingenommen“, so der CSU-Vorstand.

„Trotz der Wirkungsintensität nimmt Europa im Vergleich mit anderen Akteuren keine größere Rolle beim Antwortversuch auf die Krisen ein.“ Deshalb setze sich die CSU für ein Konzept zur stärkeren strategischen Positionierung der EU im Nahen Osten eins. „Insgesamt muss Europa mehr eigene operative Handlungsfähigkeit entwickeln“, heißt es im Positionspapier.

Freihandelsabkommen mit Großbritannien

Der „Brexit“ müsse fair und geordnet ablaufen. Europa müsse die Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, akzeptieren. Die EU dürfe darauf nicht mit Schuldzuweisungen reagieren. „Großbritannien muss ein Teil Europas und ein enger Partner Deutschlands bleiben“, betont die CSU. Großbritannien sei für Bayern das zweitwichtigste Exportland.

„Es liegt im deutschen und im bayerischen Interesse, dass wir auch nach dem Brexit mit Großbritannien intensive wirtschaftliche und politische Verbindungen pflegen“, so das Positionspapier. Deswegen strebt die CSU an, mit Großbritannien ein Handelsabkommen abzuschließen, „das möglichst nah am Status quo ist, aber unberechtigte Sonderregelungen vermeidet“. Ziel müsse es sein, die Auswirkungen des „Brexit“ für die Wirtschaft und die Menschen so minimal wie möglich zu halten.

„Rückführung“ der Russland-Sanktionen

An der rechtswidrigen Annexion der Krim und der Destabilisierung der Ostukraine oder an den Defiziten in puncto Rechtsstaatlichkeit in Russland gebe es nichts zu beschönigen, kritisiert der CSU-Vorstand. Eine Vielzahl internationaler Konflikte von der Ukraine bis Syrien könnten jedoch nicht gegen, sondern nur mit Russland gelöst werden. Dafür sei es „bei aller Geschlossenheit von EU und NATO“ nötig, den Dialog mit Russland aufrecht zu erhalten oder sogar noch zu intensivieren. In enger Abstimmung mit unseren Partnern komme Deutschland hier eine besondere Rolle als Brückenbauer zu.

Mit Blick auf die deutsche und bayerische Wirtschaft ist es unser Ziel, dass die Sanktionen nicht zum Dauerzustand werden.

Positionspapier „Deutsche Interessen in der Außenpolitik“ des CSU-Parteivorstands

„Wir setzen uns für einen Fahrplan zur Rückführung der Russland-Sanktionen im Rahmen der Erfüllung der Minsker Vereinbarungen durch alle Seiten ein“, so der CSU-Vorstand. Alle Beteiligten müssten die Voraussetzungen schaffen, damit die Sanktionen wegfallen können. „Mit Blick auf die deutsche und bayerische Wirtschaft ist es unser Ziel, dass die Sanktionen nicht zum Dauerzustand werden. Blockdenken ist hierbei nicht mehr zeitgemäß“, betont die CSU.

Für ein Ende der Christenverfolgung

Mit 100 Millionen Verfolgten sind die Christen die weltweit am stärksten verfolgte Religionsgemeinschaft. „Die CSU wendet sich gegen eine Unkultur des Wegschauens“, heißt es in dem Positionspapier weiter. Christophobie müsse weltweit gebrandmarkt werden. „Deutschland muss sich als christlich geprägte Nation weltweit für ein Ende der Christenverfolgung einsetzen“, so die klare Forderung der CSU.

(PM/wog/HM)