Basisdialog der CSU in Schweinfurt mit Parteichef Horst Seehofer. (Foto: Wolfram Göll)
CSU-Basisdialog

Verein für deutliche Aussprache

Klartext in Schweinfurt: Alle aktuellen, brennenden und lokalen Themen wurden angesprochen beim CSU-Basisdialog mit Parteichef Horst Seehofer. Teilweise kontroverse Debatten unter anderem über Zuwanderung, Islam und deutsche Identität umrissen das Meinungsspektrum der Partei. Weitere Themen waren Stromtrassen, Autobahnausbau und Rentenreform.

Großer Applaus brandet auf, als der Parteichef den prall gefüllten Saal des Kongresszentrums auf der Schweinfurter Maininsel betritt: Die CSU-Basis in Ober- und Unterfranken ist hochmotiviert. Die Parteimitglieder wissen, dass das Ohr des Ministerpräsidenten mehrere Stunden ihnen gehört – und er ihnen in offenem Klartext antwortet.

Spätestens als die Basis das Wort erhält, wird klar: Hier tagt der einst von Franz Josef Strauß gegründete Verein für deutliche Aussprache. Alle aktuellen Themen kommen aufs Tapet, von Zuwanderung und Flüchtlingskrise, Islam und Integration über Stromtrassen und Autobahnen bis hin zu Renten, Strukturproblemen auf dem Land, Mietpreisentwicklung und Feuerschutzabgabe.

Gleich zu Beginn Kontroverse über Zuwanderung und Islam

Gleich die erste Wortmeldung befasste sich mit dem kontroversesten Thema der letzten Monate, der Flüchtlingskrise. Das Parteimitglied dankte Seehofer ausdrücklich für dessen klare Haltung. Großer Beifall signalisierte, dass die allermeisten anwesenden Parteimitglieder das ebenso sahen. Der Mann betonte dann, dass seiner Meinung nach der Islam eben nicht zu Deutschland gehört. Außerdem meinte er, dass die meisten Kriegsflüchtlinge im Grunde gar nicht in Deutschland integriert zu werden bräuchten, weil sie nach Ende der Kampfhandlungen in ihre Heimat zurückkehren sollten, um ihr Land wieder aufzubauen.

Einer der nachfolgenden Redner indes bezog Gegenposition und kritiserte Seehofer unter anderem wegen der Verfassungsklage der Staatsregierung gegen die Politik der offenen Grenzen der Bundesregierung. Außerhalb Bayerns amüsiere man sich darüber, dass eine Partei, die an der Bundesregierung beteiligt ist, in Karlsruhe gegen diese klagt. Derselbe Redner klagte auch darüber, dass der Islam stets zu Unrecht diskreditiert werde.

Der 4. September darf sich nicht wiederholen

Seehofers Antwort ließ an Klarheit nichts zu wünschen übrig: „Die Entwicklung hat unsere Politik zu 100 Prozent bestätigt“, betonte er. Kein Land der Welt könne auf Dauer Millionen Flüchtlinge aufnehmen. Die USA beispielsweise nehmen nur 10.000 Flüchtlinge auf. „Das war in Bayern 2015 ein Tageskontingent. Das ärgert mich maßlos, weil die USA wesentlich daran beteiligt waren, dass die Flüchtlingskrise überhaupt entstanden ist“, so Seehofer.

Bayern habe im Spätsommer und Herbst 12.000 bis 13.000 Flüchtlinge am Tag bewältigen müssen. Dass jetzt weniger als 100 Flüchtlinge am Tag kommen, liege allein am Mut Österreichs und Mazedoniens, die Grenzen trotz Kritik aus der EU zu schließen. Der 4. September 2015 dürfe sich nicht wiederholen. Die damals ausgelöste Welle sei nicht mehr zu stoppen gewesen, weil sich all diese Nachrichten heutzutage in den Flüchtlingslagern eins zu eins verbreiteten.

SPD-Regierung in Hamburg hat ebenfalls gegen Bundesregierung geklagt

Die Kritik an der Verfassungsklage wies Seehofer entscheiden zurück: Es gebe ungefähr 20 Beispiele in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, dass ein Land, dessen Regierungspartei an der Bundesregierung beteiligt war, gegen die Bundesregierung klagte. Die SPD-Alleinregierung in Hamburg etwa habe in Karlsruhe gegen das Betreuungsgeld geklagt, obwohl dieses im Koalitionsvertrag der großen Koalition im Bund gestanden habe. Auch Goppel und Strauß hätten in den 1970er Jahren gegen den Grundlagenvertrag mit der DDR geklagt, erinnerte Seehofer.

„Wir sind eine Partei der Mitte, die auch das Spektrum der demokratischen Rechten abdeckt“, so Seehofer. „Wir haben nichts mit Rechtsadikalen und rechten Dumpfbacken am Hut.“ Aber wenn die CSU in den letzten sechs Monaten öffentlich geschwiegen hätte, wäre die CSU in ihrer Bedeutung massiv geschrumpft und hätte sich vom fatalen Abwärtstrend der CDU nicht abkoppeln können.

CSU ist die einzige Hoffnung für die Konservativen in Deutschland

„Wir sind die einzige Partei Deutschlands, die auf die Menschen hört, die in der politischen Mitte stehen und sich heimatlos fühlen. Wir sind deren einzige Hoffnung“, betonte Seehofer. Mit dem Islam müsse man sich durchaus kritisch auseinandersetzen, so der Ministerpräsident. „Die Islamisten sind brandgefährlich für unsere Demokratie.“

Das christliche Menschenbild ist der Kompass, und nichts anderes.

Horst Seehofer

Sogar Angela Merkel erkenne an guten Tagen die Leistung Bayerns an: „Was ihr geleistet habt in Bayern, verdient höchste Anerkennung“, zitiert Seehofer die Kanzlerin. Das schaffen nur die Bayern, sage sie sogar manchmal. „Wir sind weltoffen und tolerant“, betonte Seehofer. Bayern sei in den letzten Jahren gewachsen von 11 Millionen auf knapp 13 Millionen Einwohner. „Fluchtbewegungen aus Bayern sind nicht bekannt“, so der Ministerpräsident unter dem Beifall der Parteimitglieder.

CSU und Bayern sind christlich geprägt – und das bleibt auch so

Die Integration könne nicht so laufen, dass man sich in der Mitte treffe, so Seehofer: Die Hälfte der Koran, die Hälfte Bibel. „Das ist nicht Integration.“ Es komme auf folgende Faktoren an: Deutsche Sprache lernen, Lebensunterhalt selbst verdienen, Recht, Gesetz, Kultur und Tradition achten.

Die Toleranz stehe in der bayerischen Verfassung. Aber Bayern und die CSU seien christlich geprägt, und das solle auch so bleiben. Franz Josef Strauß habe den Standort der CSU geklärt: „Unsere Politik ist orientiert am christlichen Menschenbild, am christlichen Sittengesetz, an der christlichen Soziallehre. Aber bei uns ist auch der Atheist willkommen, der aber anerkennt, dass die CSU Politik in dieser Orientierung macht.“ Die CSU müsse nicht jeden Tag frömmeln. Aber es sei klar, so Seehofer: „Das christliche Menschenbild ist der Kompass, und nichts anderes.“

Grenzkontrollen haben Verbrechen aufgeklärt

Durch die Wiedereinführung der Grenzkontrollen seien schwere Verbrechen aufgeklärt worden, viele Waffen seien in Autos gefunden worden. „Die EU-Außenkontrollen funktionieren nicht, und so lang müssen wir Binnenkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze aufrechterhalten“, betonte Seehofer. „Es ist die Pflicht der Politik, die Sicherheit der Bevölkerung sicherzustellen.“

So lange ich Verantwortung trage, wird es keine Mitgliedschaft der Türkei in der EU geben.

Horst Seehofer

Am besten wäre es allerdings, wenn an den Außengrenzen über den Flüchtlingsstatus entschieden wird, da müssten Verwaltungen und Richter sitzen, und von dort sollten die Asylsuchenden verteilt werden. Das sei besser, als die Leute erst nach Deutschland zu lassen und dann den Großteil wieder abzuschieben. „Das ist auch nicht human“, so Seehofer.

Putin und Orbán können locker mit Demokratieverständnis Erdogans mithalten

Seehofer erinnerte daran, dass ihm für seine Reisen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und zum ungarischen Premier Viktor Orbán massive Kritik aus dem Merkel-Lager sowie der linken Mainstream-Presse entgegenschlug. Beide, Putin und Orbán, könnten allerdings locker mit dem Demokratieverständis des türkischen Präsidenten Erdogan mithalten, sagte der CSU-Chef unter Anspielung auf Kanzlerin Merkels Besuche in Ankara.

„Ich habe große Probleme mit dem Abkommen mit der Türkei“, so Seehofer. Er lehnte auch klar die Visumsfreiheit für türkische Staatsbürger ab: „Eine totale Visumsfreiheit führt zum Import der internen Probleme der Türkei bei uns. So lange ich Verantwortung trage, wird es keine Mitgliedschaft der Türkei in der EU geben“, stellte der Ministerpräsident unter dem stürmischen Beifall der Parteimitglieder klar.

Kein Friede in Syrien ohne Russland

Ohne Beteiligung Russlands indes werde es keine friedliche Lösung in Syrien geben: „In Syrien hat man keinen Tag Waffenstillstand und Frieden ohne Beteiligung Russlands“, betonte Seehofer. Orbán sei zweimal in demokratischen Wahlen gewählt worden, er habe schon gegen Totalitarismus und Kommunismus gekämpft, als manche seiner heutigen Kritiker „in bequemen Gremien von Arbeitgemeinschaften“ saßen, so der Ministerpräsident. Gleichzeitig moniert er das politische Schweigen zum „Skandalurteil“ in der Türkei gegen die beiden Journalisten der Zeitung „Cumhürriyet“ „Das passt nicht zusammen“, so Seehofer. Die CSU werde da immer den Mund aufmachen.

Das ist der Fehler vieler Politiker und der Medien, dass sie den Eindruck erwecken, die Mehrheit der Menschen sei dumm und radikal.

Horst Seehofer

Grundsätzlich kritisierte Seehofer den Linkskurs der CDU. „Da sitzt man völlig baff vor dem Fernseher, wenn man hört, die hohen Wahlniederlagen der CDU seien eine Bestätigung des Regierungskurses. Das ist hanebüchen.“ Bei der Präsidentschaftswahl in Österreich seien ÖVP und SPÖ zusammen nicht einmal mehr auf 25 Prozent gekommen. In Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt könnten SPD und CDU keine Regierung mehr bilden. „Das sind Alarmzeichen“, so Seehofer. Die ritualisierten Beschwichtigungsreden der CDU, der etablierten Politiker und der Mainstream-Medien könnten eine fatale Trotzreaktion auslösen, nach dem Motto: Wenn ihr die bisherigen Signale nicht versteht, dann müssen wir nochmals so wählen.

TTIP-Verhandlungen müssen „raus aus der Dunkelkammer“

Kritik äußerte Seehofer auch an den geheimen Verhandlungen zum Handelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA: „Niemand kann was gegen ein vernünftiges Freihandelsabkommen haben. Aber wenn das nur in der Dunkelkammer verhandelt wird, wo der bayerische Ministerpräsident nicht weiß, was geredet wird, dann läuft was schief.“ Seehofer kündigte an, er werde TTIP ablehnen, wenn die Verhandlugnen nicht „aus der Dunkelkammer“ herauskämen. „Das ist der Fehler vieler Politiker und der Medien, dass sie den Eindruck erwecken, die Mehrheit der Menschen sei dumm und radikal“, betont Seehofer.

Zum Thema Rente sagte der Ministerpräsident, er hoffe, dass die Koalition das Problem noch vor der Bundestagswahl lösen könne. Aber wenn nicht, werde die CSU bei der Wahl sagen, wie sie es lösen wolle. Das Kernproblem umriss Seehofer folgendermaßen: Eine Frau müsse 40 Jahre arbeiten und in die Rentenversicherung einzahlen, damit sie am Ende eine Rente erhält wie einer, der keinen einzigen Monat gearbeitet und eingezahlt hat. Ein Zuwanderer komme mit 64 nach Deutschland und erhält eine Grundsicherung von 800 Euro. Diese Erkenntnis werde sich verbreiten.