Studenten haben es heute nicht leicht, den Überblick zu behalten: 18.000 Studiengänge gibt es in Deutschland. (Foto: imago/Westend61)
Bachelor-Studien

Orchideenfächer schießen ins Kraut

„Gesundheitskommunikation“, „Energieeffizientes Gebäudedesign“, „Mensch-Computer-Interaktion“: Was sich anhört wie eine Vorlesung oder ein Proseminar, ist an manchen Hochschulen Deutschlands ein ganzer Bachelor-Studiengang. Der Wissenschaftsrat der Bundesregierung, der CSU-Studentenverband RCDS und der CSU-Arbeitskreis Hochschule (AKH) warnen vor einer Zersplitterung der Studienlandschaft.

Ursprünglich stammt die Kritik an den allzu spezialisierten und zersplitterten Bachelor-Studiengängen vom Wissenschaftsrat, der die Politik berät. In einem Gutachten, über das zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, schreibt der Wissenschaftsrat, man sehe die hohe Spezialisierung „sehr kritisch“. 18.000 Studiengänge gebe es derzeit in Deutschland, so viele wie nie zuvor. Hochschulen müssten sich auch im Bachelor-Studium „auf fachlich breit angelegte Studiengänge beschränken, die einen guten Überblick über die gesamte Disziplin geben“, so der Wissenschaftsrat. Als Negativ-Beispiele werden die Studiengänge „Nachhaltiges Produktmanagement“, „Gesundheitskommunkation“, „Energieeffizientes Gebäudedesign“, „Mensch-Computer-Interaktion“ genannt.

Erwünscht seien nur „exemplarische Vertiefungen“, so der Wissenschaftsrat. Wenn aber ein Studiengang „ausschließlich auf spezifische berufliche Tätigkeiten oder sogar konkrete Arbeitsplätze hin ausgerichtet“ sei, könne man nicht mehr von Hochschulbildung sprechen. Wichtig sei, dass der Bachelor Anschluss sowohl in einen Job als auch ins Masterstudium biete.

Studium soll Grundlagenwissen vermitteln, keine Berufsausbildung

Genauso sieht es auch der Landesvorsitzende des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) in Bayern, Marcel Escher: „Es ist nicht Aufgabe der bayerischen Hochschulen, eine Ausbildung auf konkrete Berufsbilder hin zu leisten“, sagt er gegenüber dem BAYERNKURIER. „Vielmehr sehen wir als oberste Priorität, Grundlagenwissen zu vermitteln, um so die Basis für eine erfolgreiche Forschung zu schaffen. Nur wenn die besten Köpfe in der Wissenschaft verbleiben, können wir auch in Zukunft auf neue Innovationen aus dem Freistaat hoffen“, so Escher.

Carmen Langhanke, die stellvertretende Vorsitzende des CSU-Arbeitskreises Hochschule und Kultur (AKH), begrüßt einerseits grundsätzlich die Spezialisierung der Studiengänge. „Die Differenzierung der Studiengänge kann dazu beitragen, diese speziellen und passgenauen Berufskompetenzen zu vermitteln.“ Aber gegenüber dem BAYERNKURIER warnt Langhanke gleichzeitig vor einer zu starken Zersplitterung: „Die Differenzierung sollte sich dabei in einem angemessenen Rahmen bewegen und nicht zu kleinteilig werden.“ Insbesondere das Bildungsziel, ein „breites Wissensspektrum zu vermitteln“, dürfe durch eine zu starke Spezialisierung nicht gefährdet werden.

Hochtechnologieland Bayern bietet breites Forschungs- und Lehrangebot

Grundsätzlich halte der AKH eine Spezialisierung der Studienfächer im vernünftigen Rahmen für „sinnvoll und bereichernd“, so Langhanke weiter. Bayern habe sich zu einem exzellenten Hochtechnologie-Standort entwickelt und sei nicht nur ein Platz für wissenschaftliche und technologische Spitzenleistungen, sondern auch ein Land mit breitem Lehrangebot.

Wörtlich sagte Langhanke: „Die Dabei ist ein Kernauftrag der Universitäten, die Studierenden und den wissenschaftlichen Nachwuchs an die Spitzenforschung heranzuführen. Zugleich soll, im Geiste von Bologna, eine grundlegende Berufskompetenz bereits mit der Qualifikation zum Bachelor hergestellt werden. Damit sind die Universitäten nicht nur Orte des Wissenserwerbs, sondern auch Stätten der Erziehung zu eigenständiger Erkenntnissuche und zur Gewinnung individueller Berufskompetenzen.“