Anhand von tagespolitischer Berichterstattung will die Ausstellung Propaganda lokalisieren. (Foto: Eduardo Aparicio)
Ausstellung

Große Kunst im Lenbachhaus

Das Lenbachhaus gehört mit zu den beliebtesten Museen in München. Unter den Highlights 2017 sind eine Ausstellung zu Bildern aus dem 19. Jahrhundert, Karikaturen zu politischer Propaganda und bisher unbekannte Werke der Künstlerin Gabriele Münter.

Seit der Wiedereröffnung der Städtischen Galerie im Lenbachhaus im Mai 2013 haben 1,3 Millionen Menschen das Kunstmuseum besucht. Mehr als 105.000 Jahreskarten seien seither verkauft worden. Hans-Georg Küppers, Kulturreferent der Landeshauptstadt München, zeigte sich sehr zufrieden mit der Entwicklung – vor allem, weil eine Befragung ergeben habe, dass sich 99 Prozent der Besucher im Museum willkommen fühlten.

Damit das auch so bleibt, hat sich das Team des Lenbachhauses auch für dieses Jahr einiges vorgenommen. Acht Ausstellungen können Kunstinteressierte 2017 über das Jahr verteilt für jeweils einige Monate besuchen. Zu den Highlights zählen eine Hommage an Friedrich Wilhelm Murnau, Gegenwartskunst von Thomas Bayrle, eine Ausstellung zu Bildern aus dem 19. Jahrhundert sowie bisher unveröffentlichte Werke von Gabriele Münter.

Eine Hommage an Friedrich Wilhelm Murnau

Mit „Nosferatu“, „Faust“, „Der letzte Mann“, „Sunrise“ und „Tabu“ schrieb Friedrich Wilhelm Murnau (1888 – 1931) Filmgeschichte. 21 Filme drehte er zwischen 1919 und 1930 in Deutschland, Amerika und Tahiti. Ursprünglich hieß der Regisseur der Stummfilmzeit Friedrich Wilhelm Plumpe. Seinen Künstlernamen gab er sich nach einem Sommer im Jahr 1910 im vom „Blauen Reiter“ und der Kunstszene der Moderne heimgesuchten oberbayerischen Ort Murnau. Das Lenbachhaus, mit seinem Schwerpunkt auf der Kunst des Expressionismus, widmet Friedrich Wilhelm Murnau noch bis Ende Februar 2017 eine Ausstellung, die sich als Hommage an dessen Filmsprache und die globale Wirkung der frühen Filmkunst versteht.

Pionier der Pop Art

Thomas Bayrle (geb. 1937) führte in die Gegenwartskunst das Bewusstsein für die Sinnlichkeit von Maschinen und für die Ästhetik maschineller Produktion ein. Als einer der ersten Künstler in Deutschland arbeitete er mit computergenerierten Bildern.

Dieser Ansatz machte ihn zu einem Pionier der Pop Art. Besucher können dies in seinen frühen Filmen nachvollziehen, die noch bis Anfang März 2017 vollständig in der Ausstellung zu sehen sind. In seiner für die Ausstellung im Lenbachhaus neu erarbeiteten Wandinstallation greift er das Motiv der Autobahn auf: eine 30 Meter lange, fünf Meter hohe Wandskulptur repräsentiert die Bewegung des Menschen in seinem Automobil. Auf der documenta 13 (2012) zeigte Bayrle erstmals aufgeschnittene Motoren in Betrieb, mit denen er die Ästhetik von Maschinen, aber auch den Lebensrhythmus und die Verfassung des Menschen in der Massengesellschaft visualisierte. In dieser Ausstellung sind alle bisher entstandenen Motoren zu sehen.

Bildschön – Ansichten des 19. Jahrhunderts

Warum hat die Bavaria so einen kräftigen Körperbau? Ganz einfach: Als Vorbild diente dem Architekt eine Küchenmagd.

Das 19. Jahrhundert gilt als das Jahrhundert der Bilder. Sie erreichten eine größere Öffentlichkeit als je zuvor. Die damals erfundenen Motive haben bis heute einen Einfluss darauf, was Betrachter als romantisch, als traurig oder als schön empfinden. Die damalige Kunst erzählt von Atelierrealitäten, Heimatgefühlen und Touristenattraktionen, sie handelt von Natursehnsucht und von bürgerlicher Selbstdarstellung. Die Ausstellung ab dem 21. Februar 2017 zeigt rund 80 populäre, aber auch unbekannte Gemälde aus der Sammlung des Lenbachhauses. Die Werke werden mit Texten, Fotografien, Film und Hörbeispielen verknüpft. Dabei kommt vor allem der Tracht als Erfindung des 19. Jahrhunderts eine große Bedeutung zu. So werden Landwirte – beispielsweise auf Gemälden, die sie beim Almabtrieb zeigen – in traditionellen Trachten abgebildet. Arbeiten in Sonntagsgarderobe entsprach zwar eigentlich nicht der Realität, sorgte aber für ein Image von Heimatverbundenheit und dass sich die typisch bayerische Festtagskleidung bei den Betrachtern einprägte.

After the Fact. Propaganda 2001-2017

Geopolitische Ereignisse wie der 11. September, der von Georg W. Bush erklärte „War on Terror“ (Krieg gegen den Terrorismus), die Einführung der Gemeinschaftswährung „Euro“ der Europäischen Union und die Kriege im Nahen Osten haben über die Jahre zu verhärteten Fronten geführt: Okzident und Orient, Freiheitskämpfer und Terroristen, Wutbürger und Lügenpresse, die Europäische Union als Wunschziel (für Migranten aus kriegsversehrten und ärmeren Ländern) und Fluchtgrund zugleich (Brexit) diese und andere polarisierende Kategorien prägen seitdem die politische Diskussion. Künstler adaptieren ihre historische Formensprache und karikieren oder fiktionalisieren politische Täuschungsmanöver. Anhand von künstlerischen Werken sowie tagespolitischer Berichterstattung beabsichtigt die Ausstellung „After the Fact“, Propaganda zu lokalisieren und als Konzept neu zu beleuchten. Begleitend zur Ausstellung ab Ende Mai 2017 findet in Kooperation mit den Münchner Kammerspielen ein Veranstaltungsprogramm statt.

Auf den Spuren von Gabriele Münter

Bevor Gabriele Münter sich der Malerei zuwandte fotografierte sie auf ihren Reisen, beispielsweise in Texas in den USA um 1900. Sie erfand sich immer wieder neu, doch ihre Kunst wurde meist durch den engen Fokus ihrer Biografie und ihrer Beziehung zu Kandinsky interpretiert. Bis heute sind daher fast nur ihre Bilder aus der Zeit des „Blauen Reiter“ im Zentrum der Aufmerksamkeit gewesen. Und so ist der Name Münter vorwiegend mit dem deutschen Expressionismus assoziiert, mit Murnau und dem Münter-Haus.

Mit der im Lenbachhaus gewidmeten Ausstellung ab Ende Oktober 2017 soll die Komplexität von Münters Schaffen sichtbar gemacht werden: Von den klassischen Gattungen wie Porträt und Landschaft über Interieur, Abstraktion bis hin zum „Primitivismus“. Ein großer Teil der 130 Gemälde in der Ausstellung wurde noch nie oder letztmals vor Jahrzehnten der Öffentlichkeit präsentiert. Er stammt aus dem Nachlass der Künstlerin, der sich in der Gabriele Münter und Johannes Eichner Stiftung befindet. Diese Werke werden durch internationale und selten ausgestellte Leihgaben ergänzt. Die Ausstellung findet anlässlich des 140. Geburtstags von Gabriele Münter und des 60. Jubiläums ihrer Schenkung 1957 von Werken der „Blaue Reiter“ Künstler an das Lenbachhaus statt.

Kunst für Kinder

Neben den Ausstellung arbeitet das Lenbachhaus im Rahmen der Kunstvermittlung mit anderen Museen, Kultur-, Bildung-, sowie Sozialeinrichtungen für Jugendliche und Erwachsene zusammen.

Dabei soll auch der theaterpädagogische Ansatz helfen. So wird es im Jahr 2017 neben der Figurentheaterwerkstatt ein Schattentheater im Rahmen der Sammlungsausstellung „Bildschön – Ansichten des 19. Jahrhunderts“ mit Schwerpunkt Märchenerzählung geben. Menschen mit Demenz können an speziellen Führungen teilnehmen.

Mit diesen Angeboten will das Team vom Lenbachhaus möglichste viele Zielgruppen für Kunst gewinnen. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Besucherzahlen 2016 laut Jahresbericht des Lenbachhauses nämlich deutlich zurück – auf 265.332. Im Jahr 2015 zählte das Museum noch 406.420. Die Zahl der verkauften Jahreskarten sank laut vorläufigen Zahlen auf 16.591 im Vergleich zu 33.469 im Jahr 2015. Allerdings war 2015 auch das erfolgreichste Jahr in der Museumsgeschichte. Das Lenbachhaus war im Mai 2013 nach rund vierjähriger Renovierungszeit wiedereröffnet worden.