Einer der größten Publikumserfolge der Luisenburg-Festspiele 2016: „Der verkaufte Großvater“ mit Michael Altmann in der Titelrolle (M.). (Foto: Luisenburg-Festspiele)
Luisenburg-Festspiele

Lerchenberg geht ein Jahr früher – trotz großen Erfolgs

Die Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel glänzen mit stark wachsendem Besucherandrang. Dennoch kündigte Intendant Michael Lerchenberg an, die Festspiele bereits 2017 zu verlassen, ein Jahr vor Ablauf seines Vertrages. Als Grund gab er mangelnden Rückhalt in der lokalen Politik an. Mehrere Stadträte von SPD, Grünen und „Aktiven Bürgern“ wollten ein 2017 geplantes Stück verbieten.

Die Luisenburg-Festspiele unter Intendant Michael Lerchenberg schaffen es, immer mehr Besucher anzuziehen. In dieser Saison kamen mit 141.276 Besuchern sogar mehr Menschen zu den verschiedenen Vorstellungen unter freiem Himmel als im Jubiläumsjahr 2015. Damals waren es mehr als 118.000 Zuschauer gewesen. Schon das war ein Plus von rund 20.000 Besuchern im Vergleich zum Vorjahr gewesen.

 

Ein besonderer Publikumsmagnet in diesem Jahr war die bereits vor der Premiere ausverkaufte Musicalproduktion „Cats“, die fast 40.000 Menschen auf der Luisenburg in Wunsiedel sahen. Auch die Karten für das Volksstück „Der verkaufte Großvater“ verkauften sich fast alle: 90 Prozent davon holten sich die Besucher (34.000).

Ärger über mangelnden Rückhalt

Die Festspiele waren jüngst in die Schlagzeilen geraten, weil Lerchenberg seinen Vertrag vorzeitig beendet. Er verlässt die Festspiele im Herbst 2017 und geht damit ein Jahr früher als ursprünglich angekündigt. Als Grund für den vorzeitigen Weggang gab Lerchenberg fehlenden Rückhalt in der lokalen Politik an. In der Tat äußerten zehn Stadträte von Aktiven Bürgern, SPD und Bunte Liste/Grünen laut Nordbayerischem Kurier große Vorbehalte gegen das von Lerchenberg 2017 geplante Stück „Der Theatermacher“ von Thomas Bernhardt und wollten es verbieten.

Lerchenberg hat die Luisenburg-Festspiele auf Gipfelkurs geführt.

Karl-Willi Beck, Bürgermeister von Wunsiedel

Der Wunsiedler Bürgermeister warb jedenfalls um Verständnis für die Situation. „Herr Lerchenberg ist eine Persönlichkeit, die sehr klar ihre Meinung sagt“, sagte Karl-Willi Beck (CSU). Es gebe mehrere Stadträte, die in Opposition zu Lerchenberg stünden, sagte Beck weiter. In einem intensiven Austausch habe er sich mit Lerchenberg einvernehmlich auf das vorzeitige Vertragsende geeinigt. Dennoch bedaure er dessen Ausscheiden. „Lerchenberg hat die Luisenburg-Festspiele auf Gipfelkurs geführt“, sagte Beck.

Allerdings gab es auch großen Ärger, der nichts mit der Lokalpolitik zu tun haben: So wurden die Räume der Festspiele und das Rathaus im Juni dieses Jahres von Staatsanwaltschaft und Zoll durchsucht – wegen Verdachts auf Sozialversicherungsbetrug. Auslöser war eine anonyme Anzeige gegen die Stadt Wunsiedel gewesen.

CSU, FW und ein einzelner SPD-Stadtrat setzen das umstrittene Stück durch

Ein gutes Beispiel für die mangelnde politische Unterstützung zeigte sich allerdings in der jüngsten Sitzung des Stadtrats: Mehrere Stadträte von Aktiven Bürgern, SPD und Bunte Liste-Grünen hatten geargwöhnt, dass Lerchenberg mit einer bösartigen Inszenierung des „Theatermachers“ zum Abschied die Stadt Wunsiedel lächerlich machen könnte, und wollten das Stück verbieten. Denn das Stück handelt ausgerechnet von einem eingebildeten alternden Staatsschauspieler, den Lerchenberg nach eigenen Angaben selbst spielen will, und seinem Publikum, das ausschließlich aus Kunstbanausen besteht.

Der Stadtrat beschloss schließlich mit einer hauchdünnen 11:10-Mehrheit von CSU, Freien Wählern und einem SPD-Stadtrat, dass Lerchenberg das Stück inszenieren darf. Stadtrat Matthias Popp (CSU) sagte dem Nordbayerischen Kurier, er halte es für töricht, das Stück zu widerrufen, denn Theater lebe ja davon, dass darüber geschrieben und gesprochen werde. Damit befinde sich Wunsiedel auf dem besten Weg in eine fulminante, erfolgreiche Abschlusssaison mit „unserem Intendanten Michael Lerchenberg“. Mit derselben 11:10-Mehrheit beschloss der Stadtrat auch, Lerchenbergs Antrag auf vorzeitige Vertragsauflösung 2017 anzunehmen und ihn nicht bereits Ende 2016 freizustellen.

Michael Lerchenberg ist als Schauspieler und Kabarettist einem größeren Publikum bekannt durch seine Verkörperung des ehemaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber beim Politiker-Derblecken bei der alljährlichen Starkbierprobe auf dem Münchner Nockherberg – eine Rolle, die er von 1984 bis 2007 spielte. 2008 bis 2010 hielt er als „Bruder Barnabas“ die Fastenpredigt auf dem Nockherberg. Außerdem spielte er in der Krimi-Serie „Bulle von Tölz“ von 1995 bis 2008 an der Seite von Ottfried Fischer und Ruth Drexel die Rolle des Prälaten Hinter. Als Regisseur inszenierte Lerchenberg unter anderem am Staatstheater am Gärtnerplatz, dem Münchner Prinzregententheater, dem Städtebundtheater Hof, dem Pfalztheater Kaiserslautern und seit 2004 alljährlich bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsiedel.

(dpa/Nordbayerischer Kurier/wog)