CSU setzt sich durch
Nach dreimonatiger Blockade durch die SPD haben sich die drei Parteichefs der Koalition – Merkel, Seehofer und Gabriel – auf das Asylpaket II geeinigt. Dabei hat sich die CSU auf ganzer Linie durchgesetzt: Der Familiennachzug wird auch für subsidiär aufgenommene Syrer für zwei Jahre ausgesetzt. Ebenfalls sehr wichtig: Marokko, Algerien und Tunesien werden zu sicheren Herkunftsländern erklärt.
Asylpaket II

CSU setzt sich durch

Nach dreimonatiger Blockade durch die SPD haben sich die drei Parteichefs der Koalition – Merkel, Seehofer und Gabriel – auf das Asylpaket II geeinigt. Dabei hat sich die CSU auf ganzer Linie durchgesetzt: Der Familiennachzug wird auch für subsidiär aufgenommene Syrer für zwei Jahre ausgesetzt. Ebenfalls sehr wichtig: Marokko, Algerien und Tunesien werden zu sicheren Herkunftsländern erklärt.

Nach dreimonatiger Blockade durch die SPD haben sich die drei Parteichefs der Koalition – Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Parteivorsitzender Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel – bei stundenlangen Verhandlungen im Kanzleramt auf Asylrechtsverschärfungen verständigt. In den Grundzügen stand die Einigung bereits seit 5. November 2015 unter dem Titel „Asylpaket II“.

Ich bin hochzufrieden. Es gilt also die Vereinbarung von Anfang November. Die Verzögerung hat die CSU nicht zu vertreten. Die CSU hat sich zu jedem Zeitpunkt an die vor drei Monaten getroffene Vereinbarung gehalten.

CSU-Parteichef Horst Seehofer

Horst Seehofer erklärte: „Ich bin hochzufrieden.“ Die Verzögerung habe nicht die CSU zu vertreten, die sich zu jedem Zeitpunkt an November-Vereinbarung gehalten habe. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte: „Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Der Kampf der CSU und von Horst Seehofer für wirksame Ergebnisse statt schwacher Kompromisse hat sich gelohnt.“ Den Kernpunkt habe die CSU weiter fest im Blick: „Wir halten weiter den Druck für eine baldige Begrenzung des Zustroms. Was die unnötigen drei Monate Verzögerung für das Asylpaket II jetzt gebracht haben, muss man die SPD fragen.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte eine zügige Umsetzung an. Der Weg sei nun frei, dass das Paket sehr schnell in die Gesetzgebung kommen könne, sagte Merkel. Mit Blick auf die Flüchtlingskrise hob die Kanzlerin hervor, „dass die Koalition, aber auch alle staatlichen Ebenen sehr handlungsfähig sind und auch handeln angesichts vieler Probleme“.

Asylpaket II kommenden Mittwoch im Kabinett

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte: „Das Asylpaket II, das steht jetzt, und das kann sehr schnell durchs Kabinett“. Laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière soll das Asylpaket am kommenden Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen werden. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte: „Der Beschluss trägt dazu bei, unser Ziel zu erreichen: die Zahl der Flüchtlinge und Asylbewerber spürbar zu reduzieren.“

Merkel, Seehofer und Gabriel hatten sich bereits am 5. November auf das Asylpaket II verständigt, dessen Hauptpunkt eigentlich die Einrichtung neuer Aufnahmestellen mit Schnellverfahren für bestimmte Flüchtlingsgruppen ist. Wegen weiterer Punkte – vor allem wegen des Familiennachzugs – hatte die SPD dann ideologisch motivierten Streit vom Zaun gebrochen und die wichtige Einigung drei volle Monate blockiert.

Einigung kommt Beobachtern seltsam bekannt vor

Die eigentliche Einigung dürfte aufmerksamen Beobachtern seltsam bekannt vorkommen: Für Flüchtlinge mit eingeschränktem („subsidiärem“) Schutzstatus soll der Familiennachzug – wie bereits schon am 5. November vereinbart – für zwei Jahre ausgesetzt werden. Dies gilt auch für Syrer – vor allem an diesem Punkt hatte die SPD ihre Blockadehaltung festgemacht.

Hier wurde nun vereinbart, dass Angehörige, die noch in Flüchtlingscamps in der Türkei, Jordanien und dem Libanon sind, vorrangig mit Kontingenten nach Deutschland geholt werden sollen. Solche Kontingente müssen aber noch auf EU-Ebene vereinbart werden – was erfahrungsgemäß sehr lang dauern kann.

Marokko, Tunesien und Algerien sollen sichere Herkunftsländer werden

Die Koalition vereinbarte auch weitere Gesetzesvorhaben, wie die Einstufung von Marokko, Algerien und Tunesien als „sichere Herkunftsstaaten“, um Asylbewerber von dort schneller wieder in ihre Heimat zurückzuschicken. Die Zahl der Asylbewerber aus Marokko und Algerien war Ende des vergangenen Jahres deutlich gestiegen, die Zahlen aus Tunesien allerdings kaum.

Dieser Punkt muss allerdings auch durch den Bundesrat, und hier wird die Unterstützung von zwei grün mitregierten Ländern benötigt. Bei der Definition der Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer haben das grün-rote Baden-Württemberg und das schwarz-grüne Hessen mit CDU, CDU und SPD gestimmt. Merkel äußerte sich nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder zuversichtlich, dass im Bundesrat die nötige Mehrheit für die Einstufung der nordafrikanischen Länder zusammenkommt. „Ich sehe ganz gute Chancen“, sagte sie. Die Bundesregierung werde dazu schnell einen Gesetzentwurf ins Kabinett einbringen.

Integrationsprogramm – Vorbild Bayern

Bund und Länder wollen außerdem gemeinsam ein Integrationsprogramm erarbeiten. Letzter Punkt war der SPD sehr wichtig. Der Freistaat Bayern hat hier bereits im Oktober 2015 mit einem milliardenschweren Integrationspaket vorbildliche Vorleistungen erbracht. Im Wesentlichen soll es nun um neue Kindergartenplätze, Erzieherstellen und Wohnungen gehen.

Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) sagte, über die finanzielle Größenordnung des Integrationsprogramms sei noch nicht gesprochen worden. Das sei nun Aufgabe einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Die Einrichtung der Runde sei ein großer Schritt hin zur „Beherrschbarkeit der Situation“. Ohne die Hilfe des Bundes könnten Länder und Kommunen die Herausforderungen nicht bewältigen. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern beider Seiten soll bis Ende Februar erste Eckpunkte und bis Ende März ein Konzept vorlegen.

Zehn Euro pro Monat Eigenleistung

Auch bei einem weiteren Punkt des Asylpakets II, der der SPD drei Monate lang als Begründung für ihre Blockade diente, einigten sich die Koalitionspartner: Die Eigenbeteiligung von Asylbewerbern für Integrationskurse soll künftig zehn Euro im Monat betragen.

Die Koalitionäre verständigten sich zusätzlich darauf, in einem nächsten Gesetzesvorhaben bessere Bedingungen für junge Flüchtlinge zu schaffen, die in Deutschland eine Ausbildung machen. Sie sollen laut Gabriel nach einer erfolgreichen Lehre künftig zwei Jahre in Deutschland arbeiten dürfen.

Subsidiär Geschützte dürfen nur ein Jahr bleiben

„Subsidiär Geschützte“ sind Personen, die kein Anrecht auf Asyl haben und auch keinen Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention genießen, aber dennoch nicht heimgeschickt werden, weil ihnen dort zum Beispiel Todesstrafe oder Folter drohen. Sie bekommen zunächst nur eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr. Es handelt sich um eine relativ kleine Gruppe.

Die große Gruppe der Syrer erhält derzeit vor allem Schutz nach der Genfer Konvention. Bald könnten aber auch sie wieder vermehrt nur „subsidiären Schutz“ bekommen. Die SPD hatte Syrer ursprünglich ganz von der Einschränkung beim Familiennachzug verschonen wollen, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Daher nun der Kompromiss mit den geplanten EU-Kontingenten. Die Beschränkung beim Familiennachzug soll nach zwei Jahren automatisch auslaufen.

Die Vereinbarung im Wortlaut

1. Mit Inkrafttreten des Asylpakets II wird für subsidiär Schutzberechtigte der Familiennachzug für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgesetzt. Nach Ablauf der zwei Jahre tritt die Rechtslage, die seit dem 1. August 2015 derzeit gilt, automatisch wieder in Kraft.

2. Innerhalb künftiger Kontingente für Flüchtlinge aus der Türkei, dem Libanon oder Jordanien soll der Familiennachzug zu bereits in Deutschland lebenden Flüchtlingen vorrangig berücksichtigt werden.

3. In einem nächsten Gesetzgebungsvorhaben werden wir mehr Rechtssicherheit und Verfahrensvereinfachungen für auszubildende Flüchtlinge und ausbildende Betriebe schaffen.

dpa/CSU.de/wog