Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber aus dem Nahen Osten und Nordafrika, die über die Balkanroute über Österreich nach Deutschland drängen. Mutmaßlich geben sich viele Nordafrikaner als Syrer aus. (Foto: Imago/Zuma Press)
Flüchtlingskrise

Marokko und Algerien als sichere Herkunftsländer

Die Zahl der Asylbewerber aus Marokko und Algerien ist jüngst stark angestiegen. Dabei gilt zumindest Marokko als schönes Urlaubsland. Gleichzeitig belegen Marokkaner in den Kriminalitätsstatistiken prominente Plätze. Neben sexuellen Übergriffen wie in Köln gelten sie als Könige der Trickdieb-Szene. Die CDU- und CSU-Innenpolitiker wollen Marokko und Algerien als sichere Herkunftsländer definieren.

Aus ihren Reihen kommen die weitaus meisten Tatverdächtigen der massiven sexuellen Übergriffe von Köln in der Silvesternacht, und sie beherrschen vor allem in Großstädten die Szene der Trick- und Taschendiebe mit dem sogenannten „Antanztrick“: Marokkaner und Algerier. Seit einigen Wochen kommen deutlich mehr von ihnen nach Deutschland und wollen Asyl.

Wie die „Frankfurter Rundschau“ unter Berufung auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) schreibt, kamen allein im Dezember 2015 fast 2300 Algerier und 3000 Marokkaner nach Deutschland, also zusammen 5300. Noch im August waren es insgesamt weniger als 1500 und im gesamten Jahr 2014 weniger als 4000 Menschen aus beiden Ländern. Übrigens wurden seit Jahresbeginn 2016 insgesamt bereits 51.395 neue Asylbewerber registriert.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte den Anstieg der Zuwanderung aus Algerien und Marokko bereits bei der Vorstellung des Migrationsberichts für das Jahr 2014 als besonderes Problem bezeichnet. Und diese Zahlen beziehen sich nur auf diejenigen, die zugeben, Marokkaner und Algerier zu sein. Da aber etwa in der Türkei „originale“ syrische Pässe für 750 Dollar zu haben sind, liegt der Verdacht nahe, dass sich viele wegen der höheren Anerkennungschancen als Syrer ausgeben. Oder ihre Papiere vernichten und lediglich behaupten, Syrer zu sein.

Mayer: Illegale können sofort ausgewiesen werden

In diesem Zusammenhang fordert der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), die Liste sicherer Herkunftsstaaten um sichere Drittstaaten aus Nordafrika, hier vor allem Marokko, zu erweitern. Im Deutschlandradio forderte Mayer schnellere Abschiebungen – von illegal Eingereisten auch ohne Prozess. Die Genfer Flüchtlingskonvention erlaube eine Ausweisung auch schutzbedürftiger Flüchtlinge, wenn diese eine erhebliche Gefahr für Sicherheit und Ordnung darstellten, sagte Mayer. Und dies sei bei den Tätern der Silvesternacht in Köln, Hamburg, Stuttgart und anderswo der Fall.

Zudem könnten Illegale sofort ausgewiesen werden, wenn sie entdeckt würden, sagte Stephan Mayer weiter. Wenn sich ein illegal in Deutschland Aufhaltender eines schweren Verbrechens schuldig mache, habe er kein Gastrecht. Es könne nicht sein, dass diese Straftaten noch dazu beitrügen, „dass diese Personen sich länger in Deutschland aufhalten als sie sich aufhalten würden, wenn man ihrer habhaft werden würde und sie ohne die Straftat aus Deutschland ausgewiesen werden könnten“.

Caffier: Sichere Herkunftsländer einfacher definieren

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sprach sich dafür aus, Marokko und Algerien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Damit könnten straffällig gewordene Asylbewerber aus diesen Ländern schneller in ihre Heimat zurückgeführt werden, sagte Caffier. Menschen von dort hätten so gut wie keine Aussicht auf politisches Asyl oder Anerkennung nach der Genfer Flüchtlingskonvention.

Die Ereignisse in Köln haben gezeigt, wie schnell es neue Entwicklungen geben kann, auf die schnell reagiert werden muss.

Lorenz Caffier, CDU, Innenminister von Mecklenburg Vorpommern

Auch die Entscheidungswege, ob ein Land sicheres Herkunftsland wird, dauern Caffier zu lange. Der Bundesinnenminister müsse die Ermächtigung erhalten, per Verordnung im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt über sichere Herkunftsstaaten zu entscheiden, forderte er. Bisher ist dazu ein Gesetzgebungsverfahren nötig. Caffier betonte: „Die Ereignisse in Köln haben gezeigt, wie schnell es neue Entwicklungen geben kann, auf die schnell reagiert werden muss und wie breit und vielschichtig die Palette der Probleme ist, die durch die Flüchtlingsaufnahme entstehen können.“

40 Prozent der illegalen Marokkaner werden straffällig

Wie die DPA berichtet, meldete die Kölner Polizei jüngst alarmierende Zahlen: Während von 1111 illegal eingewanderten Syrern in jüngster Zeit lediglich 0,5 Prozent als Verdächtige bei Straftaten auffielen, waren es bei 838 illegalen Einwanderern aus Marokko, Tunesien und Algerien sage und schreibe 40 Prozent. Diese Nordafrikaner – fast ausschließlich alleinreisende junge Männer – seien besonders häufig bei Raub, Ladendiebstahl, Taschendiebstahl und Diebstahl aus Autos vertreten. Sie seien oft aggressiv und leisteten der Polizei erheblichen Widerstand. Gleiches stellen die Polizisten bei den „Antänzern“ fest, die sie in der Altstadt als Trick- und Taschendiebe festnehmen: Die Maghreb-Staaten dominieren. Dasselbe gilt für die Tatverdächtigen der massiven sexuellen Übergriffe und Diebstähle in der Silvesternacht in Köln: Von den 19 namentlich bekannten Tatverdächtigen, gegen die derzeit ermittelt wird, stammen 13 aus Marokko.

Marokkaner üben fleißig syrischen Dialekt

Die marokkanische Nachrichten-Website Hibapress berichtete, aus den ärmeren Vierteln Casablancas hätten sich in den vergangenen Wochen Hunderte junge Marokkaner über die Balkanroute in Richtung Europa aufgemacht, nachdem bekanntgeworden sei, dass Syrer in Europa Aufnahme fänden. Im Internet sieht man einige beim Üben der syrischen Nationalhymne und des Dialekts. Nach verschiedenen Korrespondentenberichten nutzen die Marokkaner Billigflüge gerade aus Casablanca in die Türkei, um von dort über den Balkan nach Deutschland zu reisen. Die offensichtlich unkontrollierten deutschen Grenzen wirkten auf sie wie eine Einladung.

Da der legale Weg übers Mittelmeer unterbrochen ist, scheint sich die Bewegung nach Mitteleuropa verschoben zu haben, weil die Menschen auf die Balkan-Route ausweichen.

Stefan Telöken, UN-Flüchtlingshilfswerk

Der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks, Stefan Telöken, sagte der Frankfurter Rundschau zur aktuellen Entwicklung, die Nordafrikaner seien traditionell eher nach Spanien und vor allem nach Frankreich ausgewandert. Jetzt aber, „da der legale Weg übers Mittelmeer unterbrochen ist, scheint sich die Bewegung nach Mitteleuropa verschoben zu haben, weil die Menschen auf die Balkan-Route ausweichen“.

Nordafrikaner haben kaum Anerkennungschancen

Der Europareferent von Pro Asyl, Karl Kopp, erklärte dem Blatt: „Die Arbeitslosigkeit ist sehr hoch, die Aussichten für junge Menschen sind schlecht.“ Neben wirtschaftlichen gebe es aber auch politische Gründe für die Flucht aus Algerien und Marokko: „Die Menschenrechte werden massiv eingeschränkt. Die Presse ist nicht frei, Minderheiten werden verfolgt, es gibt willkürliche Inhaftierungen und Misshandlungen.“

Wie die Welt unter Berufung auf das Bundesinnenministerium berichtet, sind die Chancen auf ein Bleiberecht für beide Gruppen sehr gering. 2015 habe nur einer von 59 Algeriern und nur einer von 27 Marokkanern Asyl erhalten. Auch nach Angaben des BAMF haben die allermeisten Algerier und Marokkaner keine Chance auf Asyl.