Flüchtlinge, die aus sicheren Drittstaaten kommen (hier Opatovac in Kroatien), sollen nach dem Willen der CSU-Landtagsfraktion nicht mehr nach Deutschland einreisen dürfen. So sieht es auch Artikel 16 Absatz 2 des Grundgesetzes vor. (Foto: imago/pixsell)
Grenzschließung

CSU-Fraktion macht Druck

Nach dem eindeutigen Rechtsgutachten des Ex-Verfassungsrichters Udo di Fabio drängt die CSU auf Schließung der Grenzen: Flüchtlinge aus sicheren Transitstaaten sollen wieder dorthin zurückgeschickt werden. Während die CSU-Landtagsfraktion die Kanzlerin in Kreuth mit einem deutlichen Forderungspapier empfangen will, sammelt die Unionsfraktion im Bundestag Unterschriften für die Grenzschließung.

Der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer, legt sich fest: Deutschland solle seine Grenzen „baldmöglichst“ kontrollieren und schließen, sagte er dem Münchner Merkur. Als Folge solle jeder Flüchtling und Asylbewerber, der durch sichere Drittstaaten wie Österreich einreise, abgewiesen werden. Kreuzer wird deutlich: „Ich bin dafür, dass rechtmäßig Zustände herbeigeführt werden. Im Gesetz steht: Wer aus sicheren Drittstaaten kommt, ist abzuweisen.“

Flüchtlinge sollen nach dem Willen Kreuzers nur über europäische Kontingente ins Land kommen, die Anträge sollen im Ausland gestellt werden. Um das durchzusetzen, fordert der CSU-Fraktionschef „engmaschige Grenzkontrollen und Zurückweisungen“, also eine deutlich strengere Grenzsicherung als derzeit. Ein entsprechendes „kerniges Forderungspapier“ will die CSU-Fraktion laut Münchner Merkur bei ihrer Kreuther Klausurtagung beschließen und der dort zu Besuch kommenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorlegen.

Gutachten: Bundesregierung verletzt ihre Verfassungspflichten

Unter Hinweis auf die betreffende Passage in Artikel 16 Absatz 2 des Grundgesetzes hatte der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio befunden, dass die Bundesregierung derzeit ihre Verfassungspflichten verletzt, indem sie Deutschlands Grenzen nicht sichert und unkontrollierte massenhafte Einreise zulässt (der Bayernkurier berichtete). Der Bund sei „verpflichtet, wirksame Grenzkontrollen wieder einzuführen, wenn das gemeinsame europäische Grenzsicherungs- und Einwanderungssystem vorübergehend oder dauerhaft gestört ist“, betont di Fabio in seinem Gutachten. Ein permanenter Verfassungsbruch durch die Bundesregierung also – einmalig in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte.

Über Monate brachte die Suche nach europäischen Lösungen keine Besserung.

Thomas Kreuzer

CSU-Fraktionschef Kreuzer erwartet eine Kettenreaktion, sobald Deutschland die eigene Verfassung wieder durchsetzt und die Grenzen für Asylbewerber und Flüchtlinge schließt: Dann würden auch Österreich, Slowenien, Kroatien und so weiter die Flüchtlinge zurückschieben bis zur Türkei, in der ja kein Bürgerkrieg herrscht. Auf die von der Kanzlerin angestrebte und versprochene europäische Lösung mag Thomas Kreuzer nicht mehr warten, sagte er im Münchner Merkur weiter. „Über Monate brachte die Suche nach europäischen Lösungen keine Besserung“, stellt Kreuzer fest.

Bayern wird die Dinge nun selbst in die Hand nehmen.

Marcel Huber

Die bayerische Staatsregierung sieht das ganz ähnlich. „Bayern wird die Dinge nun selbst in die Hand nehmen“, sagte Staatskanzleichef Marcel Huber bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des di Fabio-Gutachtens. Die Türkei-initiative von Kanzlerin Merkel mache wenig Hoffnung auf Besserung. Eine Verfassungsklage der Staatsregierung bleibe auf jeden Fall eine Option. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, man könne die Parole „Wir schaffen das“ nicht mit „permanentem Rechtsbruch erreichen“.

Bundestagsfraktion sammelt Unterschriften für Grenzschließung

Derweil rumort es auch in der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag immer stärker. Bekanntlich war die Grenzöffnung am 5. September eine persönliche Entscheidung von Kanzlerin Merkel und ihrem österreichischen Amtskollegen Werner Feymann, unter Umgehung des Gesetzgebers. Weder Bundeskabinett noch Bundestag haben je darüber beraten oder einen Beschluss gefasst. Nun haben Abgeordnete der CDU und CSU laut Bild-Zeitung damit begonnen, Unterschriften für einen Antrag zu sammeln, der die Schließung der Grenze für illegal Einreisende zum Inhalt hat – ähnlich wie das die CSU-Fraktion im Landtag fordert. Laut Deutschlandfunk sollen neben den CSU-Abgeordneten auch die baden-württembergischen CDU-Abgeordneten federführend an der Sammlung beteiligt sein.

Personen, welche über einen sicheren Drittstaat illegal nach Deutschland einreisen wollen, müssen schon an der Grenze zurückgewiesen werden.

Antrag der CDU/CSU-Abgeordneten

Zu den Initiatoren gehöre auch Christian von Stetten (Chef des Parlamentskreises Mittelstand), der schon seit Monaten die Zurückweisung von illegal einreisenden Flüchtlingen fordert. In dem Antrag heißt es laut Bild wörtlich: „Personen, welche über einen sicheren Drittstaat illegal nach Deutschland einreisen wollen, müssen schon an der Grenze zurückgewiesen werden, so wie es §18 Abs. 2 Asylverfahrensgesetz vorsieht.“ Bis jetzt hätten bereits mehr als 40 der insgesamt 311 CDU/CSU-Abgeordneten den Aufruf unterzeichnet. Bis zum 26. Januar wollen die Unionsabgeordneten noch weitere Unterschriften von Unterstützern sammeln, dann soll in der Fraktionssitzung über den Antrag abgestimmt werden.

Wie aus Berlin zu hören ist, will die Führung der CDU frühestens nach den drei wichtigen Landtagswahlen am 13. März den Kurs der offenen Grenzen korrigieren. Wie Kritiker argwöhnen, nimmt sie allerdings durch diese Untätigkeit in Kauf, dass das Potenzial der AfD wächst.

(Münchner Merkur/Bild/DLF/Welt/CSU-Fraktion/wog)