Den Netzausbau für die Stromversorgung umwelt- und bürgerfreundlich zu gestalten, ist das erklärte Ziel von Bayerns Wirtschafts- und Energieministerin Ilse Aigner. (Foto: imago / epd)
Kabinett

Verträglichkeitsprüfung bei Netzentwicklung

Bayern fordert weitere Entlastungen bei Netzausbauprojekten. Wie Bayerns Wirtschafts- und Energieministerin Ilse Aigner in der heutigen Kabinettssitzung betonte, sei der Netzentwicklungsplan Strom 2025 nur mit umwelt- sowie bürgerfreundlichen Lösungen denkbar. Mit den energiepolitischen Vereinbarungen vom 1. Juli 2015 sei diesbezüglich bereits viel für Bayern angestoßen worden.

„Wir werden jetzt nicht locker lassen, um weitere Verbesserungen beim Netzausbau für unsere Bürgerinnen und Bürger und unsere schützenswerten Landschaften zu erreichen“, erklärte Bayerns Wirtschafts- und Energieministerin Ilse Aigner bei ihrem Bericht über den ersten Entwurf des Netzentwicklungsplans Strom 2025. Darin schlagen die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber die aus Aigners Sicht notwendigen Netzausbauprojekte vor. Diese Planungen können nach den Worten der Ministerin aber vorerst nur teilweise überzeugen:

Positiv am neuen Netzentwicklungsplan ist, dass der Netzknoten Isar als Endpunkt der östlichen Gleichstromverbindung uneingeschränkt geeignet ist. Außerdem wird mit dem fast vollständig in Hessen verlaufenden Trassenprojekt ‚P43mod‘ statt ‚P43‘ nach Grafenrheinfeld eine faire Lastenverteilung zwischen den Bundesländern und eine Schonung des Biosphärenreservats Rhön ermöglicht.

Ilse Aigner

Erdverkabelung als beste, angestrebte Lösung

Klar ablehnen im laufenden Konsultationsverfahren zum Netzentwicklungsplan wird Bayern laut Aigner dagegen die geplante Erhöhung der Übertragungsleistung der Süd-Ost-Passage von zwei auf vier Gigawatt:

Der Ausbau der Süd-Ost-Passage mit vier statt zwei Gigawatt war nicht Grundlage der Vereinbarung vom 1. Juli 2015 und widerspricht der bayerischen Forderung, den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien an der Netzstruktur auszurichten und nicht umgekehrt. Eine doppelt so breite Trasse wie vereinbart werden wir auf keinen Fall hinnehmen.

Ilse Aigner

Nicht akzeptabel seien für Bayern auch die vorgeschlagenen Trassenprojekte „P44“ und „P44mod“ von Thüringen nach Grafenrheinfeld beziehungsweise von Thüringen in den Landkreis Nürnberger Land:

Mit unserer Stellungnahme haben wir harten Widerstand gegen die Projekte ‚P44‘ und ‚P44mod‘ angekündigt, die weite Teile Nordbayerns in Mitleidenschaft ziehen würden. Mir erscheinen stattdessen bürger- und landschaftsverträglichere Lösungen – ob mit Erdkabeln oder neuen Technologien – gut möglich. Dies nochmals genauer zu untersuchen, ist jetzt Aufgabe der Netzbetreiber.

Ilse Aigner

Eine Erdverkabelung müsse darüber hinaus generell in Gebieten geprüft und angestrebt werden, in denen Menschen wohnen. Das gelte vor allem für die Trassenprojekte „P46“ (Ostbayernring) und „P43mod“ in Unterfranken.

Task Force zur Überwachung der Übertragungsnetzbetreiber

Ganz konkret stimmte das Kabinett bereits Aigners Vorschlag zu, die Energieversorger mit einer schriftlichen Vereinbarung zu Transparenz, Bürgerfreundlichkeit und Verlässlichkeit bei Kommunikation, Planung und Bau der Leitungsbauprojekte zu verpflichten. Aigner erläuterte im Vorfeld des Beschlusses auch die Notwendigkeit dafür: „Die Übertragungsnetzbetreiber haben durch ihre Vorgehensweise im letzten Jahr viele Bürger vor den Kopf gestoßen und verbrannte Erde hinterlassen. Das darf nicht noch einmal passieren. Das Wirtschaftsministerium hat jetzt eine Task Force eingerichtet, um die Planungen der Übertragungsnetzbetreiber engmaschig zu begleiten und sie dazu anzuhalten, auf die Akzeptanz bei den Bürgern und die Minimierung der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu achten.“

Vorausschauendes Management gegen Hochwasser

Neben Aigners Netzentwicklungsplan stellte Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf in der Sitzung des Ministerrats ihren Managementplan zum Hochwasserrisiko für die bayerischen Anteile des Donau- und Bodenseegebiets sowie für den nach Bayern hineinreichenden Einzugsbereich der Elbe vor. Scharfs Zielsetzung dabei lautet:

Wir wollen Bayern hochwassersicher machen. Unser Ziel ist: Die Folgen eines Hochwassers sollen bestmöglich verhindert werden. Dabei steht der Aufbau einer entsprechenden Sicherheits-Infrastruktur im Vordergrund. Durch vorausschauendes Management werden die Hochwassergefahren für Mensch, Wirtschaft, Umwelt und Kulturerbe weiter reduziert. Die neuen Managementpläne zeigen, was vor Ort gemeinsam zu tun ist.

Ulrike Scharf

Die Pläne beinhalten Scharfs Angaben zufolge eine Risikobewertung und eine Auswahl von Maßnahmen in den Bereichen Vermeidung, Schutz und Hochwasservorsorge auf kommunaler und regionaler Ebene in den jeweiligen Flussgebieten. Beispiele sind Deichrückverlegungen, eine Fortschreibung der Alarm- und Einsatzpläne oder eine konkrete Festsetzung von Überschwemmungsgebieten. Allgemein gelte:

Hochwasserschutz ist eine Daueraufgabe, die gemeinsam mit den Beteiligten in den Regionen angepackt wird. Wir setzen beim Hochwasserschutz auf einen Dialog. Informationen sind die Basis für wirksame Maßnahmen vor Ort. Bayern reagiert damit auf den Klimawandel und die mögliche Zunahme von extremen Hochwasserereignissen.

Ulrike Scharf

Aktiver Risikodialog mit über 700 Städten und Gemeinden

Über 700 Städte und Gemeinden haben sich laut Umweltministerium aktiv an dem Risikodialog beteiligt und bei der Erarbeitung der Hochwasserrisiko-Managementpläne mitgewirkt: Städte und Gemeinden, Träger öffentlicher Infrastruktur, Verbände, Fachbehörden, Bezirksregierungen, Kreisverwaltungsbehörden, Wasserwirtschaftsämter und das Landesamt für Umwelt hätten dabei eng zusammengearbeitet. So werde durch gemeinsames Handeln vieler Glieder dem Hochwasserrisiko begegnet, zeigte sich Scharf überzeugt. Im Rahmen der Risikobewertung sei bis Dezember 2011 immerhin an über 7.600 Kilometern Gewässerstrecke in Bayern ein signifikantes Hochwasserrisiko ermittelt worden. Für diese Gewässer seien dann bis Dezember 2013 Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten erstellt und veröffentlicht worden. Auf Basis dieser Karten seien wiederum die aktuellen Hochwasserrisiko-Managementpläne erarbeitet worden. Um auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren, würden die Managementpläne alle sechs Jahre überprüft und fortgeschrieben werden, gab Scharf weiter bekannt.