Ministerpräsident Horst Seehofer begrüßt den Premierminister der Republik Kosovo, Isa Mustafa (r.), in der Staatskanzlei. Bild: Staatskanzlei
Flüchtlinge

Das Kosovo ist sicher

Mit Kosovos Premier Isa Mustafa sprach Ministerpräsident Horst Seehofer über den jungen Staat und über Wirtschaftsbeziehungen. Der einsetzende Winter schreckt die Flüchtlinge nur tageweise ab: Je nach Wetterlage kommen weiter Tausende in Europa an – auch in Bayern. Der Freistaat setzt weiter konsequent auf Abschiebungen. Und das Bundesamt für Migration scheint immer noch überfordert zu sein.

Die Zahl der Flüchtlinge, die von der Türkei aus über das Mittelmeer nach Griechenland kommen, ist stark zurückgegangen. Als Hauptgrund für den abrupten Rückgang gilt das schlechte Wetter, das Überfahrten verhindert. Trotz Kälte und Schnee bleibt die Zahl der Flüchtlinge an der Grenze zu Bayern jedoch konstant. Am Mittwoch registrierte die Bundespolizei erneut 6050 Neuankömmlinge, so viele wie in den vergangenen Tagen. Der Sozialausschuss des Bayerischen Landtags diskutierte am Donnerstag über eine gerechte Verteilung von Asylbewerbern und Flüchtlingen auf die bayerischen Kommunen.

Ende Oktober waren in Bayern 121.000 Flüchtlinge und Asylbewerber untergebracht. Etwa 50 Prozent davon wurden meist in von Kommunen angemieteten Pensionen und Gasthöfen untergebracht. 22 Prozent leben noch in den Erstaufnahmeeinrichtungen, weitere 16 Prozent in größeren Gemeinschaftsunterkünften sowie rund 11 Prozent in Privatwohnungen. Grundsätzlich gibt es in allen 96 Landkreisen und Städten Unterkünfte. Nur unter den kreisangehörigen Kommunen haben einige noch keinen einzigen Platz geschaffen. Da die Landkreise derzeit die Verteilung organisieren, sollen sie nach Meinung des Landtags darauf hinwirken, solche Ungerechtigkeiten zu beseitigen.

Konsequente Abschiebungen in Bayern

Nun wurde bekannt, dass derzeit keine anderen Bundesländer mehr Asylbewerber abschieben als Bayern und Nordrhein-Westfalen. Wie das Innenministerium in München bestätigte, führte der Freistaat in diesem Jahr 3400 Menschen zurück in ihre Heimat. In den meisten Fällen handelte es sich um Asylbewerber aus dem Westbalkan. Mit der jüngsten Rückführung am Donnerstag von mehr als 100 abgelehnten Asylbewerbern in den Kosovo erhöht Bayern die Anzahl der Sammelrückführungen vom Münchner Flughafen auf 31 im Jahr 2015.

Asylbewerber, die rechtskräftig abgelehnt sind, haben keine Chance, in Deutschland zu bleiben.

Joachim Herrmann

Sechs weitere Sammelabschiebungen sollen nach Angaben des Bayerischen Innenministers Joachim Herrmann noch in diesem Jahr folgen. Er machte noch einmal deutlich: „Asylbewerber, die rechtskräftig abgelehnt sind, haben keine Chance, in Deutschland zu bleiben.“ Der Innenminister hatte bereits im März diesen Jahres alle Kreisverwaltungsbehörden angewiesen, dem Innenministerium laufend alle Asylbewerber zu benennen, für deren Abschiebung keine Hindernisse mehr im Wege stehen. An der europäischen FRONTEX-Maßnahme waren neben Bayern, Thüringen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland auch französische, finnische und ungarische Behörden beteiligt.

Insgesamt wurden dabei am Donnerstag per Charterflug 62 Asylbewerber, davon 41 aus Bayern, die nicht bereit waren, freiwillig aus Deutschland auszureisen, vom Münchner Flughafen aus in ihre Heimatländer zurückgebracht. Bayern hat heuer bereits knapp 3450 Personen abgeschoben. Weit mehr als 11.000 Ausländer kehrten zudem aus Bayern freiwillig wieder in ihre Heimatländer zurück. Damit übersteigt in Bayern die Zahl der Ausreisen die Zahl der auf Bayern entfallenden ablehnenden Asyl-Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge um mehr als 2200.

Überfordertes Flüchtlingsamt

In Deutschland leben derzeit 300.000 Flüchtlinge, die wegen Arbeitsüberlastung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch keinen Asylantrag gestellt haben. Die Behörde sei in ihrer Not dazu übergegangen, derzeit auch keine neuen Termine für die Stellung eines Asylantrags an Flüchtlinge auszugeben, berichtete am Donnerstag im Innenausschuss des Bayerischen Landtags Hans-Eckhard Sommer, Abteilungsleiter Asylrecht im bayerischen Innenministerium.

Sommer verwies darüber hinaus auf den Stau von mittlerweile 328.000 unerledigten Asylanträgen im BAMF: „Das ist natürlich ein unerträglicher Zustand.“ Recherchen des ARD-Politmagazins „report München“ und der Wochenzeitung „Die Zeit“ zeigten außerdem, dass in dem Bundesamt für durch die Überlastung der Mitarbeiter auch die Sicherheitsüberprüfung von Flüchtlingen leidet. Nach den gemeinsamen Recherchen wird behördenintern massiv kritisiert, dass Sicherheitskontrollen vernachlässigt und Mitarbeiter stark unter Zeitdruck gesetzt würden. In der Tat verzichtet das BAMF seit November 2014 darauf, jeden Flüchtling aus Syrien einzeln anzuhören, teilweise reicht jetzt sogar nur ein ausgefüllter Fragebogen.

Kosovos Premierminister bei Horst Seehofer

Ministerpräsident Horst Seehofer begrüßte am Donnerstag den Premierminister der Republik Kosovo, Isa Mustafa, zu einem Gespräch in der Staatskanzlei. Dabei dürfte es neben Wirtschafts- und Aufbauhilfe für das Balkanland auch um die Rücknahme abgelehnter kosovarischer Asylbewerber gegangen sein. Mit dabei waren auch der Botschafter der Republik Kosovo in der Bundesrepublik, Skender Xhakaliu, der Minister für die wirtschaftliche Entwicklung der Republik Kosovo, Blerand Stavileci, der Minister für Arbeit und Soziales, Arban Abrashi, sowie die Ministerin für Handel und Industrie der Republik Kosovo, Hykmete Bajrami.

Wir sind der Auffassung, dass Kosovo ein sicherer Herkunftsstaat und die Rückführung rechtens ist.

Isa Mustafa, Kosovos Premierminister

Seehofer will im kommenden Jahr das Kosovo besuchen. Das sagte er nach dem Treffen mit Regierungschef Isa Mustafa in München. Dabei wird es voraussichtlich hauptsächlich um die wirtschaftliche Entwicklung gehen. Der Gast aus Pristina betonte: „Wirtschaftliche Unterstützung ist das, was wir in dieser Zeit am meisten benötigen.“ Mustafa erklärte sein volles Einverständnis mit der Entscheidung der Bundesregierung, Asylbewerber aus dem Kosovo ohne große Umstände zurückzuschicken: „Wir sind der Auffassung, dass Kosovo ein sicherer Herkunftsstaat und die Rückführung rechtens ist.“ Damit widersprach er zugleich allen Unkenrufen der Grünen und diversen Flüchtlingsorganisationen.

Bayerische Wirtschaft hofft auf Handel mit Kosovo

Auch die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (vbw) hat der Premierminister des Kosovo, Isa Mustafa, besucht und dabei über die Investitionschancen für bayerische Unternehmen in seinem Land informiert. Gemeinsam mit den genannten Ministern sprach Mustafa mit Vertretern der bayerischen Wirtschaft darüber, wie die Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem Freistaat und dem Kosovo intensiviert werden können.

Die Regierung arbeitet aber mit Nachdruck daran, die Attraktivität ihres Wirtschaftsstandorts zu verbessern.

Bertram Brossardt, vbw-Hauptgeschäftsführer, über die Lage im Kosovo

Mit exportierten Waren von Bayern in den Kosovo im Wert von 37 Millionen Euro und importierten Gütern vom Kosovo nach Bayern im Wert von 1,7 Millionen Euro im Jahr 2014 steht der Kosovo auf der Liste der wichtigsten Handelspartnern Bayerns noch weit hinten. „Aktuell sind die Handelsbeziehungen zwischen Bayern und dem Kosovo überschaubar. Die Regierung arbeitet aber mit Nachdruck daran, die Attraktivität ihres Wirtschaftsstandorts zu verbessern. Von guten steuerlichen Rahmenbedingungen, einem flexiblen Arbeitsmarkt und der geplanten Vereinfachung von Verwaltungsvorschriften können auch bayerische Unternehmen profitieren“, betonte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt auf der Veranstaltung.

Assoziierung mit der EU in Aussicht

Einen deutlichen Impuls für die wirtschaftliche Entwicklung des südosteuropäischen Landes erwartet er von dem Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen, das die Europäische Union Ende Oktober 2015 mit dem Kosovo unterzeichnet hat. Der Vertrag soll vor allem die staatliche Verwaltung und die Rechtsstaatlichkeit stärken sowie das Wirtschaftswachstum im Kosovo fördern. „Wir gehen davon aus, dass nach der Unterzeichnung des Abkommens nun der Startschuss für einige größere Investitionsvorhaben fällt, die schon länger in der Planung waren. Einige dieser Projekte beispielsweise in den Bereichen Verkehrsinfrastruktur, Tourismus und Energieversorgung eröffnen bayerischen Unternehmen große Chancen. Weitere Potenziale sehen wir im IT-Sektor“, erklärte Brossardt abschließend.