Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. (Foto: imago/Christine Roth)
Asylpolitik

Zentralrat der Juden fordert klare Obergrenze

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat eine Obergrenze für Flüchtlinge gefordert. Auch immer mehr CDU-Politiker – von Innenminister de Maizière bis CDU-Vize Strobl – befürworten eine Obergrenze, auch wenn sie sie „Kontingent“ nennen. Unterdessen zeigen Zahlen der Bundespolizei, dass der Zustrom von illegalen Einwanderern ungebremst hoch bleibt.

„Über kurz oder lang werden wir um Obergrenzen nicht herumkommen“, sagt der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, in der Welt. Sonst sei eine erfolgreiche Integration der Zuwanderer unmöglich. „Wenn es so weitergeht wie bisher, wird die Vermittlung unserer Werte zunehmend schwieriger. Die erfolgreiche Integration ist aber auch für die jüdischen Gemeinden in Deutschland wichtig“, betont Schuster.

Der Zentralrats-Präsident, der im Zivilberuf Internist in Würzburg ist, gab zu bedenken, dass die allermeisten Flüchtlinge aus einem problematischen Kulturkreis stammen: „Viele der Flüchtlinge fliehen vor dem Terror des Islamischen Staates und wollen in Frieden und Freiheit leben, gleichzeitig aber entstammen sie Kulturen, in denen der Hass auf Juden und die Intoleranz ein fester Bestandteil sind. Denken Sie nicht nur an die Juden, denken Sie an die Gleichberechtigung von Frau und Mann oder den Umgang mit Homosexuellen.“

Warnung vor arabischem Antisemitismus in Deutschland

Bereits Ende September hatte Schuster die Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen im Kanzleramt vor einer Zunahme von „arabischstämmigem Antisemitismus“ gewarnt. „Unter den Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen, stammen sehr viele aus Ländern, in denen Israel zum Feindbild gehört. Sie sind mit dieser Israelfeindlichkeit aufgewachsen und übertragen ihre Ressentiments häufig auf Juden generell“, sagte Schuster im Kanzleramt. In den jüdischen Gemeinden gebe es „die Befürchtung, dass der arabischstämmige Antisemitismus in Deutschland zunehmen könnte. Diese Sorge teile ich und sehe daher die Notwendigkeit, die Flüchtlinge so schnell und so fest wie möglich in unsere Wertegemeinschaft einzubinden.“

Unter den Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen, stammen sehr viele aus Ländern, in denen Israel zum Feindbild gehört.

Josef Schuster

Schuster hatte seine Bedenken der Kanzlerin bei einem Treffen Ende September mit Vertretern von Verbänden, Religionsgemeinschaften, Institutionen und Gewerkschaften vorgetragen. Nach seinem Redebeitrag in der Kanzleramtsrunde herrschte nach Angaben von Teilnehmern „betretene Stille“. Die Kanzlerin habe sich eine Notiz gemacht und versprochen: „Darum müssen wir uns kümmern.“

CDU-Politiker befürworten Kontingente und meinen Obergrenze

Unterdessen befürworten immer mehr CDU-Politiker die CSU-Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge, die sie jedoch aus innerparteilichen Gründen „Kontingent“ nennen. Nach Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte nun auch Baden-Württembergs CDU-Chef Thomas Strobl, er erwarte rasch eine Festlegung von Kontingenten. Kanzlerin Merkel könne „schon in den nächsten Wochen“ bei ihren internationalen Verhandlungen mit der Türkei, dem Libanon und innerhalb der EU erfolgreich sein, sagte Strobl der Rheinischen Post. Strobl ist auch CDU-Bundesvize.

Ein Kontingent bedeutet automatisch eine Begrenzung der Anzahl von Flüchtlingen.

Thomas de Maizière

De Maizière hatte zuvor erklärt, in Zukunft sollte Europa ein großzügiges Flüchtlingskontingent aufnehmen. „Ein Kontingent bedeutet automatisch eine Begrenzung der Anzahl von Flüchtlingen“, sagte der Innenminister.

Stephan Mayer: Deutsches Kontingent maximal 500.000 pro Jahr

Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), bezifferte die Kontingent-Obergrenze für Deutschland auf maximal 500.000 Flüchtlinge im Jahr. Ein mögliches deutsches Kontingent zur Aufnahme von Flüchtlingen dürfe die Marke von 500.000 Menschen nicht überschreiten, so Mayer in der Bild-Zeitung.

Dauerhaft müsse die Zahl der Menschen, die Deutschland im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention aufnimmt, deutlich unter 500.000 pro Jahr liegen. Nur dann könne die deutsche Bevölkerung das akzeptieren, so Mayer.

Zustrom ungebremst: Schätzung von 800.000 nicht zu halten

Derweil wird klar: Im November hat die Zahl der neu angekommenen Flüchtlinge einen neuen Höchststand erreicht. Die Bundespolizei meldet, dass seit Anfang November knapp 180.000 illegale Einreisen registriert wurden. Allein am vergangenen Wochenende waren es einem Sprecher zufolge 14.482. Am Sonntag wurden 7362 Flüchtlinge gezählt, davon 6128 in Bayern. Am Samstag waren es bundesweit 7120, 5913 kamen über die bayerisch-österreichische Grenze.

Der bisherige Höchststand wurde im Oktober mit 181.000 registrierten neuen Migranten erreicht. Trotz der kälteren Temperaturen bleibt der Flüchtlingsstrom damit ungebremst. Seit dem 8. November, als mit 8381 Personen zuletzt die 8000er Marke überschritten wurde, kamen in den vergangenen zwei Wochen pro Tag zwischen 7000 und 8000 Menschen illegal in die Bundesrepublik. Mehr als 10.000 Migranten an einem Tag wurden zuletzt am 5. November gezählt.

Herrmann: Heuer bereits 900.000 registriert

Die Prognose des Bundes für das Gesamtjahr von 800.000 Flüchtlingen ist damit deutlich überschritten. Bis Ende Oktober hatten die Bundesländer 758.500 Flüchtlinge registriert. Die Zahlen der Bundespolizei beruhen auf Kontrollen im Grenzgebiet. Durch sie werden allerdings längst nicht alle Migranten erfasst. Bereits beim Forum „Migration“ des CSU-Parteitags hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bekanntgegeben, dass im System der elektronischen Registrierung von Bund und Ländern die Zahl von 900.000 Flüchtlingen für 2015 überschritten wurde (BAYERNKURIER berichtete).

dpa/Reuter/wog