Der Flüchtlingsansturm - wie hier an der Grenze zwischen Kroatien und Slowenien - reißt nicht ab. Jetzt haben 2000 Flüchtlinge die österreichische Grenze zu Bayern einfach überrannt. (Bild: PIXSELL/Imago)
Lage eskaliert

2000 Flüchtlinge überrennen die deutsch-österreichische Grenze

Die angespannte Situation an den bayerischen Grenzen zu Österreich spitzt sich immer weiter zu. Im niederbayerischen Wegscheid haben jetzt 2000 Flüchtlinge die Grenze kurzerhand überrannt. Die Behörden vor Ort sind alarmiert, Passaus Landrat Franz Meyer lässt seiner Wut auf Österreich freien Lauf - und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer fordert einmal mehr ein Eingreifen der Kanzlerin.

Die Lage an den bayerischen Grenzen zu Österreich eskaliert. Knapp 2000 Flüchtlinge, die nahe des Grenzübergangs Wegscheid bei Passau auf ihre Einreise nach Deutschland warteten, überrannten gestern Abend kurzerhand die grüne Grenze. Die Bundespolizei konnte die Menschenmassen nach eigenen Angaben nicht mehr zurückhalten und an einer unkontrollierten Einreise hindern.

Es ist ein neuer Tiefpunkt in der aktuellen Asylkrise – und die Reaktionen der bayerischen Politik fallen dementsprechend deutlich aus. Passaus Landrat Franz Meyer (CSU) machte aus seiner Wut auf die österreichischen Nachbarn, die die Flüchtlinge mehr oder weniger unkontrolliert nach Deutschland „liefern“, keinen Hehl. „Ich bin sauer auf die österreichischen Behörden und auch auf Wien“, sagte Meyer dem Bayerischen Rundfunk. „Wenn ich höre, dass die Aktion (der Transport von knapp 11.000 Flüchtlingen an die Grenzen, d. Red.) mit dem dortigen Innenministerium abgestimmt war.“ Er erwarte jetzt, dass sich die Österreicher besser mit den bayerischen Behörden abstimmen, schimpfte der Landrat. „Zudem geht an Berlin die Forderung: Wir brauchen mehr Personal bei der Bundespolizei hier an der Grenze – und auch die Bundeswehr sollte als Verstärkung zum Einsatz kommen.“

Seehofer: „Jetzt muss die Kanzlerin eingreifen“

Die Reaktion von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer stieß ins gleiche Horn – und richtete einen klaren Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er erwarte, dass die Kanzlerin jetzt umgehend zum Telefon greife und sich mit ihrem österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann abstimme. Der chaotische und unkontrollierte Durchtransport der Flüchtlinge durch Österreich hin zu den Grenzen nach Bayern könne so nicht weitergehen. „So geht man nicht miteinander um“, stellte der Ministerpräsident fest. Es sei jetzt die Aufgabe der Kanzlerin, hier einzugreifen. Wenn vor wenigen Wochen ein Telefonat mit Wien gereicht habe, um die Grenzen zu öffnen, sollte jetzt auch ein Telefonat reichen, um hier das Chaos zu beseitigen, stellte Seehofer fest.

„Bayern wartet noch ab bis Allerheiligen“

Der Ministerpräsident sagte außerdem, die Staatsregierung werde jetzt noch bis Allerheiligen zusehen, wie sich die Lage in der Asylpolitik entwickle.

Wenn sich bis dahin nichts tut, wird sich Bayern überlegen, welche anderen Handlungsoptionen wir haben.

Horst Seehofer

Wer ist schuld am Chaos?

Angaben der deutschen Bundespolizei zufolge ist Österreich schuld an der Misere: Die Nachbarn hätten sich nicht an die Absprache gehalten, maximal 50 Menschen pro Stunde an die einzelnen Grenzübergänge zu bringen, teilte die Polizei mit.

Die österreichische Polizei hingegen sieht den schwarzen Peter auf der deutschen Seite. Dort habe man weniger Flüchtlinge registriert und einreisen lassen als abgesprochen. Das habe den österreichischen Behörden Probleme bereitet, und man habe Notunterkünfte errichten müssen. 300 Menschen hatten die Nacht daraufhin im Freien verbracht, teilten die Österreicher mit.

Lage entspannt sich leicht

Mit Sonderbussen und Zügen, die auf deutscher Seite eilig organisiert worden waren, konnten die deutschen Behörden die Lage in der Nacht teilweise wieder entschärfen – die Flüchtlinge wurden auf Einrichtungen in ganz Deutschland verteilt, den Löwenanteil übernahm dabei das Flüchtlingsaufnahmezentrum in Erding.