Brief an die Bundeskanzlerin Angela Merkel: Kurs ändern! Bild: imago/Christian Ohde
Asylpolitik

Den Kurs ändern – sofort!

Kommentar Die Kritik an Bundeskanzlerin Merkel nimmt weiter zu, nicht nur aus der CSU, sondern auch aus der CDU. Man muss diese Kritik nicht überhöhen oder gleich Rücktrittsgerüchte verbreiten, schließlich geht es um eine, zugegeben außerordentlich wichtige, Sachfrage. Aber wenn Lob für "Wir schaffen das" nur noch von Rot und Grün kommt, dann sollte Merkel ihren Kurs doch mal überdenken – und ändern.

Am Anfang war alles anders: Ihre Politik des Helfens stieß scheinbar auf breite Zustimmung, an deutschen Bahnhöfen standen sogar einige hundert Bahnsteigklatscher herum und hielten „Welcome“-Schilder nach oben.

Nur wenige Wochen später hat das ganze Land begriffen, dass es so nicht weitergehen kann. Das ganze Land? Nicht ganz, ein kleines Häuflein Grüner und Linker will weiter alle aufnehmen, die zu uns kommen – jedenfalls solange sie nicht in ihrer direkten Nachbarschaft unterkommen. Und dann ist da noch Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin, und ein paar ihrer engsten Vertrauten. „Beifall von der falschen Seite“, dieser dümmliche Slogan wird immer der CSU vorgeworfen, um sie damit gleich mal rhetorisch ins Unrecht zu setzen. Nun müsste sich aber eigentlich Angela Merkel fragen, ob sie nicht Beifall von der falschen Seite bekommt. Doch sie bleibt bei ihrer Meinung, das hat sie bis zuletzt kundgetan. Hat die Kanzlerin noch das Grundvertrauen der Mehrheit der Menschen in Deutschland? Sie selbst glaubt das, die Umfragen sagen seit einigen Wochen etwas anderes.

Die Probleme explodieren

8000 bis 10.000 neue Flüchtlinge kommen derzeit täglich über die bayerische Grenze. Bis zu 1,5 Millionen könnten es insgesamt dieses Jahr werden, vielleicht sogar mehr. Bürger, Behörden, Polizisten und Kommunalpolitiker stöhnen, freiwillige Helfer sind an der Belastungsgrenze. Das Ende vom Lied ist noch lange nicht in Sicht: Neue Asylbewerberwellen aus Afghanistan, Irak, einigen afrikanischen Staaten sowie aus den kurdischen Regionen kündigen sich an.

Merkels Hoffnung auf eine europapolitische Lösung hat sich auf dem jüngsten EU-Gipfel zerschlagen. Es gibt in weiten Teilen der EU keine europäische Solidarität – außer wenn es um möglichst viel Geld aus dem wirtschaftsstarken Deutschland geht. Das ist einerseits peinlich für Europa, aber andererseits, wer will es den Ländern verübeln, dass sie kein Willkommensschild an ihre Tür heften wollen? Man muss es klar sagen: Nur die Deutschen waren so dumm, diese offene Einladung in aller Welt zu verbreiten und auch noch an den Bahnsteigen zu beklatschen – mit den offensichtlichen Folgen. Man kann und muss die Asylbewerber gut behandeln, das ist ein Gebot der Humanität und christlichen Nächstenliebe. Aber man sollte doch bitte nicht offen damit werben! Denn das führt zu einem gewaltigen Sogeffekt.

Unsere Bürger und die Flüchtlinge baden Merkels Fehler aus

Und diesen Sog baden nicht nur wir, sondern auch die Neuankömmlinge aus.

Wie steht es denn mit der Humanität für die Flüchtlinge in völlig überfüllten Unterkünften, betreut von total überlasteten Helfern, Behörden und Polizisten? Wie steht es mit der Humanität, wenn im kalten Winter auf Zeltstädte zurückgegriffen werden muss? Wie steht es mit der Humanität für Flüchtlinge, wenn das Geld für sie irgendwann doch knapp wird? Der Wohnraum ist schon knapp, ist es also human, tausende anerkannte Flüchtlinge auf Dauer in Sammelunterkünften halten zu müssen, weil sie keine Wohnung finden? Das Problem existiert in dieser Dimension bereits und nennt sich „Fehlbeleger“.

Wie human werden wir sein, wenn unsere Steuern steigen müssen, weil niemand mehr die explodierenden Personalkosten sowie die Gesundheits- und Sozialausgaben für all die arbeitslosen Flüchtlinge bezahlen kann?

Und wie human werden wir Bürger noch sein, wenn schließlich die letzte Turnhalle belegt und unsere Kinder nur noch bei schönem Wetter Sportunterricht im Freien haben werden? Wie human werden Eltern sein, wenn ein zu hoher Migrantenanteil in überfüllten Schulklassen die Leistung mangels Sprachkenntnissen nach unten zieht? Wie human werden wir sein, wenn unsere Infrastruktur mangels Geld für Investitionen weiter verrottet, wenn Arztpraxen und Kliniken noch mehr überfüllt sind, wenn Behörden unsere Bauanträge auf die lange Bank schieben, weil sich der Großteil des Personals auf Asyl konzentriert? Wenn unsere Wohnungen für Asylbewerber gekündigt werden, weil der Staat für manche Vermieter ein sicher und gut zahlender Mieter ist, oder wenn Gebäude vom Staat beschlagnahmt werden? Was, wenn unsere Steuern steigen müssen, weil niemand mehr die explodierenden Personalkosten für Lehrer, Polizisten und andere Beamte sowie die steigenden Gesundheits- und Sozialausgaben für all die arbeitslosen Flüchtlinge bezahlen kann? Denn machen wir uns nichts vor: Die erste Generation der Flüchtlinge wird, da sie die Sprache nicht spricht, meist keine Ausbildung hat und zum Teil nicht mal lesen und schreiben kann, zu einem Großteil keine Arbeit finden und Sozialleistungen beziehen. Und Menschen ohne Arbeit gleiten nicht nur leichter in die Kriminalität ab, sie leiden unter Langeweile und bauen Aggressionen auf. Wenn mehr als zwei Drittel der Asylbewerber Männer sind, fast alle zwischen 18 und 35 Jahren, auf der anderen Seite aber die Frauen fehlen, was wird das für Folgen haben? Manche bezeichnen das als Angstmacherei, ich bezeichne es als Realismus. Natürlich wird das auf unsere eigene Gesellschaft Auswirkungen haben, viele davon werden zweifellos unangenehm sein, um es vorsichtig auszudrücken.

Was uns bevorsteht

Auswirkungen wird es auch geben durch das steinzeitlich-mittelalterliche Wertesystem, dass viele (natürlich nicht alle) Neuankömmlinge mitbringen, in dem Israel zu vernichten ist, Frauen und Ungläubige zweitklassige Diener oder „Opfer“ sind, und Witze über die Religion todeswürdige Handlungen sind. Ohne pauschal alle über einen Kamm scheren zu wollen, denn natürlich sind in einem Volk nie alle gleich: Aber wir haben doch schon in den letzten 30 Jahren gesehen, dass insbesondere ein großer Teil der Türken, Araber und anderer muslimischer Nationen Integrationsprobleme bei uns hat, obwohl andere Völker wie Vietnamesen, Chinesen, Italiener, Griechen oder Amerikaner es in ihrer Mehrzahl besser machen. Wollen wir also die damals bei den Gastarbeitern gemachten Fehler wiederholen, beispielsweise auch den, nicht zu sagen, dass der Aufenthalt bei uns in den meisten Fällen begrenzt sein muss und dass nicht jeder seine Familie nachholen kann?

Warum beharrt Merkel auf ihrer Position?

Merkel kennt die Belastung der Helfer, Behörden, Polizisten und Kommunen in Deutschland, spätestens seit die bayerischen Landräte ihr die Lage im persönlichen Gespräch mit drastischen Worten vor Augen geführt haben. Warum also bleibt sie bei Ihrem „Wir schaffen das“, obwohl alle Fakten das Gegenteil beweisen und die weiteren Millionen Asylbewerber und Familiennachzügler in den nächsten Jahren das Land selbstverständlich überfordern werden? „Es gibt keine Container mehr, es gibt keine Betten mehr, es gibt keine Zelte mehr“, sagte vor kurzem der bayerische Landkreistagspräsident Christian Bernreiter der Kanzlerin.

Wir schaffen das, weil wir ein starkes Land sind.

Angela Merkel

Sie hat ihre Gründe in verschiedenen Interviews immer wiederholt: Wir schaffen das, weil wir ein starkes Land sind und weil wir international nach Lösungen suchen, die die Flüchtlingszahlen sinken lassen. Nationale Regelungen allein können das Problem nicht lösen, nur europäische Solidarität, die Sicherung der europäischen Außengrenzen sowie die Bekämpfung der Ursachen und Hilfe in den Herkunftsländern könnten das. Das ist nicht falsch, die CSU fordert diese Punkte ebenfalls und hat sie großenteils sogar ins Gespräch gebracht. Aber das reicht nicht aus.

Europa? Ein Totalausfall

Denn, wie beschrieben, ist die Hoffnung auf Solidarität in der EU gescheitert, Schadenfreude über den Lehrmeister Deutschland inklusive. Die Sicherung der europäischen Außengrenzen ist enorm schwierig. Wer gesehen hat, wie immer mehr hintereinander gereihte Zäune die spanischen Enklaven in Nordafrika sichern sollten und dennoch immer wieder Menschen durchkamen, der weiß, dass Zäune nur wenig helfen. Außerdem wären das tausende Kilometer Zaun von Griechenland bis hinauf in Finnlands Norden, ein neuer eiserner Vorhang, den wir überwunden glaubten.

Sie wären darüber hinaus vermutlich nutzlos, weil die tausenden Kilometer Seegrenze von Italien, Spanien und Griechenland nicht zu sichern sind. Das haben die letzten Monate gezeigt. Und wer könnte schon auf Dauer seelenruhig zusehen, wie immer wieder hunderte Menschen in Schrottbooten ertrinken? Daher reicht es auch nicht, die Türkei dazu zu bringen, ihre Grenzen wieder besser zu kontrollieren, denn das macht auch noch die EU durch das autokratische Erdogan-Regime erpressbar. Auch große Auffanglager in Griechenland und Italien zu errichten, wird nicht reichen. Wenn diese überquellen, werden beide Länder wie gehabt einfach alle Schleusen öffnen.

Ursachen bekämpfen braucht Zeit

Die Eindämmung der Ursachen, also der Bürgerkriege und sonstigen Konflikte, ist, wenn überhaupt, nur mit sehr langem Atem möglich. Hilfe vor Ort in den Herkunftsländern aber wirkt allenfalls mittelfristig und wäre außerdem ebenfalls an wenigstens halbwegs vorhandene staatliche Strukturen gebunden. Was kurzfristig bleibt, ist die Hilfe für die Flüchtlingslager in der Türkei, in Jordanien und im Libanon, damit wenigstens diese Millionen Menschen nicht auch noch zu uns kommen.

Viele abgelehnte Asylbewerber tauchen ab.

Die Kanzlerin sagt auch, die Asylverfahren müssten beschleunigt und abgelehnte Asylbewerber schneller abgeschoben werden. Auch das ist richtig, auch das forderte die CSU schon lange. Nur leider scheitert der erste Punkt zur Zeit schlicht noch an fehlendem Personal, das über eine entsprechende Ausbildung verfügt. Und der zweite Punkt funktioniert ebenfalls nicht gut, weil insbesondere rot-grüne Länder nur sehr langsam und teils sogar widerwillig abschieben. Viele abgelehnte Asylbewerber tauchen ab oder lassen sich von wohlmeinenden Ärzten krankschreiben. Hinzu kommen Pfarrer, Anwälte und Bessermenschen, die Abschiebungen verzögern oder beim Untertauchen der rechtsstaatlich Abgelehnten auch noch helfen. Auch das reicht also nicht aus, um schnell Verbesserungen zu erzielen.

Was hilft schnell?

Es muss für alle Bürger ein Plan erkennbar werden, wie man dem Chaos kurzfristig Herr werden will, wie man all die Probleme zu lösen gedenkt, die die Flüchtlingsmassen mit sich bringen. Und vor allem, wie man den Ansturm stoppen oder schnell und deutlich reduzieren will. Merkel sagte auch, sie könne kein Stoppschild oder Zäune aufstellen, sondern nur wieder Ordnung in den Asylprozess bringen. Dass das dauern wird, sagt sie selbst. Und das ist das Problem. „Zeit haben wir vor Ort keine“, sagte Bernreiter der Kanzlerin.

Was dringend notwendig ist, ist das Signal von Angela Merkel: Wir schaffen das nicht mehr!

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer will zuvorderst die Zuwanderung begrenzen und steuern, darum will er jetzt vor allem eines: Endlich ein Signal von Merkel an die Welt, dass wir unsere Aufnahmegrenze erreicht haben und dass wir nicht das Schlaraffenland sind. Es muss so laut und klar sein, wie die falsche Entscheidung, die Flüchtlinge aus Budapest aufzunehmen, wie das Flüchtlings-Selfie und wie die „Wir schaffen das!“-Aussage. Auch wenn diese Aktionen natürlich nicht allein ursächlich für den Flüchtlingsansturm waren, sie haben ihn zumindest verstärkt. Es hat schon seinen Grund, warum die Kanzlerin überall von den Flüchtlingen mit Plakaten als „Angel“ (Engel) Merkel oder „Mama Merkel“ gefeiert wird.

Ein Irrtum, mehr nicht

Es wäre auch kein Zeichen von Schwäche, kein Scheitern und kein Umfallen, wenn Merkel so ein Signal geben würde. Es wäre ein Zeichen der (späten) Einsicht, dass sich die Dinge geändert haben. Merkel hat wohl wirklich geglaubt und glaubt es vielleicht noch, dass wir das schaffen, das war und bleibt ein Irrtum. Irren ist menschlich, aber im Irrtum zu verharren, das wäre, Verzeihung, dämlich. Das Signal kann auch in der Errichtung von Zäunen und verschärften Grenzkontrollen an den EU-Außengrenzen bestehen, auch wenn diese aus den beschriebenen Gründen nicht viel helfen. Sie würden zudem die wirklich Schutzbedürftigen abhalten oder auf den gefährlicheren Seeweg zwingen, aber sie wären zumindest ein deutliches Zeichen. „Ein Staat, der funktioniert, muss seine Grenzen sichern“, sagt Seehofer.

Die Republik steuert sehenden Auges in den Kollaps.

Nochmal: Es geht Seehofer nicht darum, Angela Merkel zu beschädigen. Der Kapitän des Bundeslandes, das das Zentrum des Sturms ist, hat nur erkannt, dass die Republik sehenden Auges in den Kollaps steuert. Es geht also ausschließlich um die Lösung des Zuwanderungsproblems. Neben den zahlreichen bereits eingeführten Maßnahmen in Bayern oder auf bayerische Initiative, darunter die Balkanzentren und die jüngst verabschiedeten Verschärfungen des Asylgesetzes, braucht es dazu auch das deutliche Signal der Kanzlerin. Es muss der Auftakt sein zu einer Kampagne, die in allen Herkunftsstaaten geführt werden muss. Deutschland schafft es nicht mehr, weil es viel zu viele Asylbewerber sind.

Grenzen setzen

Eine Grundgesetzänderung hilft dagegen nicht, weil ohnehin nur rund ein Prozent der Asylbewerber als politisch Verfolgte im Sinne des Artikels 16a Grundgesetz gelten. Der Rest fällt unter die Genfer Flüchtlingskonvention und andere Rechtsquellen. Aber alle weiteren Optionen wie die bestmögliche Sicherung der EU-Außengrenzen, ein deutscher Aufnahmestopp, eine Zurückweisung an der deutschen Grenze (also eigentlich nur die Einhaltung des Dublin-Verfahrens für Asylbewerber aus sicheren EU-Staaten) sowie Transitzonen müssen zumindest geprüft und nach Möglichkeit umgesetzt werden. Denn sie könnten kurzfristig helfen, die Lawine zu stoppen oder deutlich zu reduzieren. Natürlich kann es dann zu einer Art Torschlusspanik in den Fluchtländern kommen und das Problem könnte in die Balkanländer oder auf das Mittelmeer verlagert werden. Das ändert aber nichts daran, dass ein solches Signal notwendig ist, denn sonst geht der Zustrom ungebrochen weiter.

Und dann passiert entweder das, was Horst Seehofer prophezeite: „Wenn wir die Grenzen nicht sehen, wird uns die Bevölkerung die Grenzen aufzeigen.“ Oder es passiert das, was Angela Merkel mit einem anderen Bezug sagte: Dann ist das nicht mehr unser Land.