„Jetzt ist München Gründerstadt Nummer Eins“
Die Gründerkonferenz "Bits & Pretzels" ist ein elementarer Teil der bayerischen und deutschen digitalen Startup-Szene. Mit der Konferenz läuft München auch Berlin den Rang ab, findet Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. In ihrem Gastbeitrag für den BAYERNKURIER erklärt die CSU-Politikerin, wie "Bits & Pretzels" die internationale Sichtbarkeit der Szene erhöht.
Bits & Pretzels

„Jetzt ist München Gründerstadt Nummer Eins“

Gastbeitrag Die Gründerkonferenz "Bits & Pretzels" ist ein elementarer Teil der bayerischen und deutschen digitalen Startup-Szene. Mit der Konferenz läuft München auch Berlin den Rang ab, findet Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. In ihrem Gastbeitrag für den BAYERNKURIER erklärt die CSU-Politikerin, wie "Bits & Pretzels" die internationale Sichtbarkeit der Szene erhöht.

In den nächsten Tagen ist München Gründerstadt Nummer 1 in Deutschland und Europa. Das wird uns ausnahmsweise einmal niemand streitig machen wollen. Sorry und nichts für ungut, Berlin: Mit Bits & Pretzels haben wir eine bayerisch-stämmige internationale Gründerkonferenz, die Ihr nicht vorweisen könnt (wie so vieles anderes auch nicht, aber nehmen wir den Wettbewerb mal als fruchtbar hin).

„Das erhöht unsere internationale Sichtbarkeit“

3500 Gründer, Investoren und Multiplikatoren am Standort München – diese Gründerkonferenz wird unserer Szene ordentlich Auftrieb geben. Sie erhöht die internationale Sichtbarkeit, sie dient dem Austausch von Ideen und Wissen. Junge Startups profitieren von der Erfahrung der erfolgreichen, neue Geschäftsideen werden (weiter)entwickelt, Finanzierungsfragen geklärt. Hoffentlich!

Denn bei der Finanzierung neu gegründeter Unternehmen – das ist ja inzwischen nicht einmal umstritten – haben wir nach wie vor ein Problem.

„Bei der Finanzierung müssen wir nachhelfen“

Vor allem beim Wagniskapitalangebot besteht in Deutschland, verglichen mit führenden Standorten wie den USA, Großbritannien oder den skandinavischen Ländern, noch erheblicher Nachholbedarf. So lagen in den Jahren von 2008 bis 2012 die durchschnittlichen Wagniskapitalinvestitionen je Start-up in Deutschland bei 1,3 Millionen Euro, in den USA bei 8,3 Millionen US-Dollar! Während in Deutschland rund 0,02 % des Bruttoinlandsprodukts in Wagniskapital investiert werden, sind es in den USA, gemessen an der Wirtschaftskraft, mit 0,17 % des Bruttoinlandsprodukts fast zehn Mal soviel.

Dabei können Startups nur mit Wagniskapital richtig durchstarten, im globalen Wettbewerb um Produkte und Ideen bestehen und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen. Das gilt insbesondere für kapitalintensive Branchen wie die Biotechnologie oder pharmazeutische Industrie, wo nicht selten ein Kapitalbedarf von etlichen Millionen Euro entstehen kann.

„Wir wollen den Schwung mitnehmen“

Problem erkannt, Problem gebannt? Leider nein. Aber versuchen wir doch den Schwung von Bits & Pretzels mitzunehmen, um Gründer endlich finanziell in die Lage zu versetzen, ihre Ideen zu verwirklichen, mit innovativen Produkten am Markt zu starten und – zu wachsen. Im Übrigen haben München und (!) Berlin längst Vorschläge vorgelegt, wie wir die steuerlichen Rahmenbedingungen im Sinne unserer Gründer verbessern können.

Lassen Sie mich an einem Beispiel deutlich machen, warum das so wichtig ist:

Die FAZUA GmbH („fa zua“ ist bayerisch für fahr (endlich) los) entwickelt sehr erfolgreich hochwertige Pedelec-Antriebssysteme – als vollständig integriert, nahezu unsichtbar und in Sekundenschnelle abnehmbar eine Revolution auf dem Fahrradmarkt. Das Produkt bietet dem Unternehmen sehr gute Wachstumschancen über die Bundesgrenzen hinaus. Um sich international aufstellen zu können, muss FAZUA allerdings erhebliche Mittel aufwenden. Der Unternehmensgründer ist also auf der Suche nach Wachstumskapital. Die Beteiligungsgesellschaft des Freistaates „Bayern Kapital“ steht FAZUA zur Seite, kann aber aus europarechtlichen und marktwirtschaftlichen Gründen die Finanzierung nicht alleine übernehmen. Zwingend gesucht wird – jenseits der staatlichen Unterstützung – also ein privater Investor. Ab jetzt wird es schwierig: Einen privaten Investor zu gewinnen ist mühsam, weil sich auf dem deutschen VC-Markt schlichtweg zu wenige Investoren bewegen. Durch die Investorensuche geht aber wertvolle Zeit verloren – der Innovationsvorsprung des Unternehmens gegenüber der international agierenden Konkurrenz schwindet.

Die FAZUA GmbH hat nach längerer Suche im Rahmen einer Business-Angel-Veranstaltung 2014 in Augsburg Investoren kennen gelernt, die anschließend zusammen mit Bayern Kapital und weiteren Altinvestoren die Weiterfinanzierung der Gesellschaft ermöglicht haben. In diesem Fall also geht die Geschichte gut aus. Wir kennen aber genug Beispiele für ein weniger glückliches Ende. Was FAZUA auch zeigt: Öffentliche Angebote an Wagniskapital können private Investitionen nur ergänzen, ersetzen können sie sie nicht.

Die Finanzierungssituation für Gründer lässt sich nur über eine nachhaltige Steigerung privater Wagniskapitalinvestitionen verbessern. Dafür müssen wir die Rahmenbedingungen für Wagniskapital und Gründer anpassen – am besten noch in diesem Jahr. Zumal im Falle von Startups Bankfinanzierungen nicht funktionieren: Gründer können die „bankenüblichen“ Sicherheiten nicht vorweisen sowie den Kapitaldienst meist noch nicht erbringen, und die Ausfallrisiken sind relativ hoch.

„Die Maßnahmen des Bundes reichen nicht“

Die ersten Maßnahmen des Bundes für eine Verbesserung des Wagniskapitalangebotes in Deutschland reichen nicht. Was wir zusätzlich brauchen, sind substanzieller Anreize, die das finanzielle Risiko des Investors verringern: die Einführung einer steuerwirksamen Sofortabschreibung auf Anteile an jungen, innovativen Unternehmen, die von einem Wagniskapitalinvestor im Rahmen einer Kapitalerhöhung erworben werden, und eine Ausnahme von der Verlustabzugsbeschränkung bei Körperschaften, die keine Bewertung der stillen Reserven erfordert.

Keine Schmälerung der Attraktivität von Wagniskapital

Was wir uns nicht leisten können, ist die geplante Abschaffung der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitz. Damit schmälern wir die Attraktivität von Wagniskapital weiter. In diesen Tagen spüren wir die Aufbruchstimmung der Gründerszene bei Bits & Pretzels. Nutzen wir sie.