Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrer Rede zur Generaldebatte im Deutschen Bundestag. (Bild: imago/Christian Thiel)
Generaldebatte

Merkel: Flüchtlingskrise ist „nationale Aufgabe“

Das Thema Asylbewerber-Ansturm bestimmt auch die Generaldebatte im Bundestag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte die Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise eine „nationale Aufgabe“. Deutschland müsse eine führende Verantwortung übernehmen, um eine Lösung in der EU zu erreichen. Der CSU-Haushaltspolitiker Bartholomäus Kalb lobt den Etat 2016 als „echten Investitionshaushalt“.

Deutschland muss nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise führend Verantwortung übernehmen, um eine Lösung in der EU zu erreichen. „Wenn wir mutig sind und manchmal vorangehen, dann wird es wahrscheinlicher, dass wir eine europäische Lösung finden“, sagte Angela Merkel in der Generaldebatte über den Haushalt 2016 im Bundestag. „Wenn Europa in der Flüchtlingsfrage versagt, dann ginge ein entscheidender Gründungsimpuls eines geeinten Europas verloren, nämlich die enge Verbindung mit den universellen Menschenrechte.“

Die Aufnahme von bis zu 800.000 Flüchtlingen sei eine große Herausforderung für Deutschland, die das Land aber bewältigen könne. Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Finanzen seien in einer guten Verfassung, betonte Merkel. Sie warb eindringlich für schnelle und nachhaltige Anstrengungen von Bund und Ländern zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. „Wir werden nicht weitermachen können wie bisher“, sagte sie. Die Krise nannte sie eine „nationale Aufgabe“.

Die Länder und Kommunen rief Merkel in der Flüchtlingsfrage zur Kompromissbereitschaft auf. „Wir brauchen uns nicht gegenseitig die Schuld zuzuschieben, wer dies und jenes noch nicht gemacht hat“, sagte die Kanzlerin. „Sondern wir müssen jetzt einfach anpacken und alle konkreten Hindernisse aus dem Weg räumen.“ Dann sei ein friedliches Zusammenleben mit den Menschen möglich, die nach Deutschland kämen. Die Bundesregierung berät am 24. September mit den Ministerpräsidenten. Einige der Länderchefs fordern mehr Geld als die vom Bund für 2016 angebotenen drei Milliarden Euro zur Flüchtlingsunterbringung.

Null Toleranz gegenüber Parallelgesellschaften

Die Kanzlerin bekräftigte die Pflicht aller EU-Staaten zur Aufnahme von Asylbewerbern und Bürgerkriegsflüchtlingen. Genauso klar sei, dass abgelehnte Bewerber aber abgeschoben werden müssten. Zugleich verwies sie auf die von der Koalition beschlossenen Maßnahmen wie die Verschärfung des Asylrechts und erklärte, wer aus wirtschaftlicher Not nach Deutschland komme, werde nicht bleiben können. „So schwer ihr persönliches Leben auch sein mag, so gehört dies dennoch zur Wahrheit“, so Merkel.

Die Bundeskanzlerin appellierte für eine rasche Einbindung der Flüchtlinge in die Gesellschaft. „Wir sollten aus den Erfahrungen der 60er Jahre, als wir Gastarbeiter zu uns gerufen haben, lernen und von Anfang an der Integration allerhöchste Priorität einräumen“, sagte Merkel. „Wenn wir es gut machen, dann bringt es mehr Chancen als Risiken.“ Hilfe beim Deutschlernen und zur raschen Arbeitsaufnahme seien zentral.

Zugleich mahnte sie: „Wir dürfen nicht wegsehen, wenn sich Milieus verfestigen, die Integration ablehnen, oder wenn sich Parallelgesellschaften bilden.“ Den Migranten müsse deutlich gemacht werden, „welche Regeln bei uns gelten“. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass Parallelgesellschaften entstünden, so Merkel. Hier dürfe es keine Toleranz geben.

Solide Politik ist die Grundbedingung für die Bewältigung plötzlicher Krisen

Sehr deutlich verurteilte Merkel Fremdenhass. „Wir werden nicht zulassen, dass unser Grundwerte, unsere Menschlichkeit von Fremdenfeinden verraten werden“, sagte die CDU-Chefin. Die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte oder Flüchtlinge selbst seien abstoßend und beschämend. „Wir werden mit der ganzen Härte des Rechtsstaats dagegen vorgehen, auch im Internet.“

Merkel zog eine ausführliche Halbzeitbilanz der Tätigkeit der Bundesregierung. Dabei lobte sie die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Koalition, hob den geplanten Breitbandausbau, die Energiewende sowie die Pflegereform hervor. Deutschland sei in einer guten Verfassung, so Merkel. Ungeachtet der Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge unterstrich die Kanzlerin, es bleibe beim ausgeglichenen Bundeshaushalt. „Keine neuen Schulden – und das gilt auch weiter für die mittelfristige Finanzplanung“, sagte sie. „Deutschlands Finanzen stehen auf einem soliden Fundament“, betonte sie und ergänzte: „Solide Finanzen machen es auch möglich, dass wir auf plötzlich auftretende neue Herausforderungen reagieren können.“

Es bleibt bei Kindergelderhöhung und Abbau der kalten Progression

Der Haushaltspolitiker der CSU-Landesgruppe, Bartholomäus Kalb, lobte den Bundeshaushalt insgesamt, wobei die Debatte eindeutig im Schatten der Asyl- und Flüchtlingskrise stehe. Der Bund will für 2016 drei Milliarden Euro für die Flüchtlingsunterbringung sowie die Länder und Kommunen zusätzlich mit weiteren drei Milliarden Euro unterstützen. Trotz der gewaltigen Belastungen halte die Koalition am Bundeshaushalt ohne neue Schulden fest, so Kalb. „Dieses Ziel angesichts der neuen Herausforderungen zu erreichen, ist möglich, weil wir in den zurückliegenden Jahren den Bundeshaushalt konsequent saniert und die hervorragende Wirtschaftsentwicklung durch eine wachstumsfreundliche Finanzpolitik flankiert haben.“

Die Union werde diese erfolgreiche Politik fortsetzen, betont Kalb. „Der Haushaltsentwurf 2016 ist ein echter Investitionshaushalt. 2016 beginnt die Umsetzung des Investitionsprogramms des Bundes mit zusätzlichen 10 Milliarden Euro bis 2018. Der Schwerpunkt liegt bei Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, in den Breitbandausbau, in Energieeffizienz, Klimaschutz und in die Städtebauförderung. Allein im kommenden Jahr werden die Investitionsausgaben um rund 3,9 Milliarden Euro gegenüber 2015 steigen. Wir erhöhen die Ausgaben für Bildung und Forschung um über 1 Milliarde Euro. Außerdem beinhaltet der Entwurf die im Juni beschlossene steuerliche Entlastung der Bürger um über 5 Milliarden Euro durch die Verbesserung der familienpolitischen Leistungen und den Abbau der kalten Progression“, zählt der CSU-Haushaltsexperte auf. „Die CSU-Landesgruppe wird weiter zu ihrem Versprechen stehen, weder neue Schulden aufzunehmen, noch Steuern zu erhöhen. Das ist für uns Kern einer verlässlichen und wachstumsfreundlichen Haushaltspolitik.“

dpa/PM/wog